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Unterhaltsames Sachbuch
Das Mysterium der Penislänge

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So mancher Mann sorgt sich um die Länge seines Penis. Um das Thema wissenschaftlich anzugehen, veröffentlichte die europäische Vereinigung der Urologen vor einigen Monaten Daten zu dieser Frage. Sie teilte die Männer in zwei Kategorien ein: die Grower und die Shower. Gehört ein Penis zu den Growern, wird er in erigiertem Zustand bis zu 56 Prozent länger, ein Shower wächst zwar auch, aber nur bis zu 30 Prozent.

Grower, Shower und die Penisgrösse sind auch im neuen Buch des Urologen Volker Wittkamp und des Journalisten Oliver Stöwing ein Thema. Obwohl rund die Hälfte der Bevölkerung einen Penis habe, gebe es viel Halbwissen, Unsicherheiten und Erwartungen, sind die Autoren überzeugt.

Deshalb versuchen sie in «Gut aufgestellt. Alles über den Penis» mit vielen Fakten wichtige Fragen zu klären, und das auf sehr unterhaltsame Weise. Ihr Buch soll «die freudvollen Aspekte des Penis in den Vordergrund stellen, ihn entdämonisieren, aber auch an seiner Überhöhung rütteln», schreiben sie. Und vor allem auch Ängste nehmen.

Ein Penis müsse funktionieren, davon seien viele Männer – und auch Frauen – überzeugt. Falsch, sagen die Autoren, der Penis sei kein Leistungssportler, und Pornos würden ein falsches Bild vermitteln. Dort sei der Mann allzeit bereit, doch bevor die Kamera laufe, kämen allerlei Hilfsmittel zum Einsatz.

Anatomisch spielt einiges zusammen, bis eine Erektion entsteht. Der Reiz dazu kommt meistens aus dem Gehirn. Er reist über die Nerven ins Rückenmark, vorbei an der Prostata bis zu den Schwellkörpern. Es gebe neben den Reizen aus dem Gehirn aber auch noch einen Shortcut, eine Abkürzung.

Berührungen im Intimbereich können direkt eine Erektion auslösen, ohne den Umweg über das Gehirn. Deshalb könne das auch bei einer ungeliebten Untersuchung passieren. Sorgen müsse sich deshalb niemand, schreibt der Urologe, seine Fachkollegen seien das gewohnt und könnten das einordnen.

Das vegetative Nervensystem steuert in unserem Körper automatisch ablaufende Vorgänge. Der Sympathikus und der Parasympathikus sind Teile dieses Nervensystems. Der Sympathikus ist dabei eher für die Aktivität zuständig, sein Gegenspieler für Ruhe und Erholung. Es ist der Parasympathikus, der die Erektion steuert. Das habe mit unseren Vorfahren zu tun.

Evolutionsgeschichtlich ist der Penis «eine frische Idee»

«Wer kann schon eine Erektion brauchen, wenn er sich auf der Flucht oder der Jagd befindet?» Deshalb sei zu viel Stress, zum Beispiel bei der Arbeit, heute ein Grund für Erektionsprobleme. Der Körper nimmt das ähnlich wahr wie früher die Anspannung auf der Jagd und weigert sich, gewisse Funktionen wie eben eine Erektion auszuführen.

Evolutionsgeschichtlich sei der Penis «eine frische Idee». Denn nur bei den Säugetieren haben alle Männchen einen. Im Gegensatz zum Menschen haben einige Säugetiere noch einen Knochen in ihrem Geschlechtsorgan. Erektionsprobleme kennen sie nicht. Beim Menschen sei der Knochen vermutlich wegen der zunehmend monogamen Lebensweise verloren gegangen.

Auch mit einigen gängigen Mythen räumen Wittkamp und Stöwing auf: Die Nasengrösse habe nichts mit der Penislänge zu tun. Auch die Länge der Finger verrate nichts darüber, was sich in der Unterhose verstecke. Und die sogenannte «Big Dick Energy» (BDE) sei nicht naturgegeben, sondern etwas, was jeder Mann lernen könne. Sie habe nämlich mit dem eigenen Verhalten und wenig mit der Penislänge zu tun.

Aktiv ist der Penis im Schlaf. Bis zu sechsmal erigiert er vor allem bei jüngeren Männern.

Als BDE bezeichnet man eine Aura von Gelassenheit und Selbstvertrauen bei Männern mit angeblich langem Penis. «Sei freundlich, grosszügig, aufgeschlossen und erhebe dich nicht, indem du andere niedermachst», raten die Autoren, und schon sei ein wichtiger Teil der BDE im eigenen Leben angekommen.

Aktiv ist der Penis im Schlaf. Bis zu sechsmal erigiert er vor allem bei jüngeren Männern. Mit Erregung oder einer vollen Blase habe das nichts zu tun. Die Schwellkörper trainieren während der REM-Schlafphasen, wenn man nicht allzu tief schläft und träumt, «für den Ernstfall». Wird man in diesen Phasen geweckt, «ist es ein Erwachen mit Morgenlatte». Aufstehen sei dann nur noch «das Zweithärteste am Morgen».

Die Morgenlatte gilt in der Urologie auch als wichtiges Kriterium, wenn der Arzt nach Ursachen für Erektionsprobleme sucht. Die können körperliche oder psychische Ursachen haben. Wache ein Mann ab und zu mit steifem Penis auf, spreche das eher gegen körperliche Ursachen.

Auch medizinische Informationen zur Beschneidung, zum Wirkmechanismus von Viagra, zur Kondomgrösse oder zu Geschlechtsumwandlungen findet man im Buch, genauso solche zum «täglichen ruhmlosen Geschäft», dem Wasserlassen. Erklärt wird auch, warum sich Männer manchmal über einen kleinen Rest Urin aufregen müssen, wenn bereits wieder alles in der Unterhose versorgt ist.

Deutsche fluchen analzentriert, Engländer phallisch

Diese letzten Tropfen würden sich nicht unter der Vorhaut verstecken, sondern in der Harnröhre zurückbleiben. Los werde man sie, indem «du kurz vor dem Einpacken entweder den Beckenboden oder den Schliessmuskel anspannst oder kurz mit dem Finger auf den Damm drückst».

Aber nicht nur Medizinisches haben die Autoren zusammengetragen, sondern beispielsweise auch Überlegungen zur Sprache. Das Deutsche sei beim Fluchen analzentriert, das Englische hingegen phallisch. Ein Engländer sagt «Where is the fucking remote control?», der Deutsche jedoch «Wo ist die Scheissfernbedienung?». Die Antwort laut dann «I don’t give a fuck!» oder «Es interessiert mich einen Scheiss».

Die männliche Masturbation habe noch immer ein «miserables Image», obwohl man inzwischen weiss, dass sie körperlich keine Schäden anrichtet. Im Gegenteil, sie sei ein «Akt der Selbstfürsorge: Man bewältigt Stress, schläft besser und lernt seinen Körper kennen, was sich wiederum positiv auf das Sexleben auswirkt.»

Thema ist in diesem Zusammenhang auch der häufige und sehr frühe Konsum von Pornografie. Mehr Jugendschutz wäre in diesem Bereich dringend nötig, finden die Autoren, bei Erwachsenen hingegen mache die Dosis das Gift. Wer oft Pornos schaue, der sei stark auf das Visuelle konzentriert. So manch anderer Sinn kann dann zu kurz kommen.

Rund 14 Zentimeter ist derzeit die durchschnittliche Länge.

Der Penis spendet Leben, aber er ist ein «Verschwender». Rund 20’000-mal ejakuliere ein Mann in seinem Leben, aber wenn es nur einige Male Nachkommen gebe, sei seine evolutionäre Funktion erfüllt.

Doch zurück zum Thema Länge, den Growern und Showern, oder, wie die Autoren es nennen, dem «Mysterium Penislänge». Der durchschnittliche Penis ist in den letzten Jahrzehnten nämlich länger geworden. Warum das so ist, weiss man nicht genau. Vor allem, weil gleichzeitig die Spermienkonzentration abnimmt. Rund 14 Zentimeter ist derzeit die durchschnittliche Länge.

Doch beim genauen Messen würden die Probleme schon anfangen, das sei nämlich nicht so einfach. Und der Umfang sei in Liebesfragen mindestens so entscheidend wie die Länge. Zudem halten Männer den eigenen Penis meist für kleiner, weil sie ihn in der Regel von oben sehen.

Weniger als die Hälfte des Penis ist überhaupt sichtbar. Der andere Teil befindet sich im Körper. Befestigt ist der Penis mit einem Band am Schambein. Ausserdem ist er mit der Beckenbodenmuskulatur verbunden. Beckenbodentraining sei deshalb keineswegs nur für Frauen nach der Schwangerschaft geeignet, sondern «ist imstande, Erektion und Ejakulation zu verbessern». Auch Anleitungen für entsprechende Übungen findet man im Buch.

Und noch ein Tipp, der vielleicht auf nicht allzu grosse Begeisterung stösst. Er lautet: abnehmen. Durch Reduktion des Bauchfetts könne der Penis um bis zu drei Zentimeter wachsen. Gleichzeitig steige der Testosteronspiegel.

Auch einen Ausflugstipp gibt es für all jene, die sich noch weiter mit dem Thema beschäftigen möchten: Das weltweite einzige Penismuseum steht in Reykjavík. Dort gibt es aber vor allem Exemplare aus der Tierwelt zu sehen. Den längsten Penis hat der Blauwal. Er kann bis zu fünf Meter lang werden.

Volker Wittkamp, Oliver Stöwing: Gut aufgestellt. Alles über den Penis, Piper-Verlag, 304 S., ca. 28 Fr.