Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Sozialpartner einigen sich
Mit diesen 14 Massnahmen will der Bundesrat Lohndumping verhindern

Bundesrat Guy Parmelin spricht bei einer Medienkonferenz in Bern über Lohnschutz, 19. Februar 2025.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk
In Kürze:
  • Die Sozialpartner haben sich auf ein Paket von 13 Massnahmen zum Lohnschutz geeinigt.
  • Es geht unter anderem darum, welche Spesen ausländische Firmen ihren Mitarbeitern bezahlen müssen.
  • Der Bundesrat schlägt zusätzlich eine 14. Massnahme vor, die den Schutz vor missbräuchlichen Kündigungen verbessern soll.

Die Dachverbände der Sozialpartner und die Kantone haben sich auf 13 Massnahmen geeinigt, um sicherzustellen, dass die Schweizer Löhne künftig gleich gut geschützt sind wie heute. Nötig wurde dies wegen des neuen Vertragspakets mit der EU. Zwar heisst es darin, dass das Prinzip «Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort» abgesichert sein soll. Trotzdem kam der Bundesrat zum Schluss, dass zusätzliche inländische Lohnschutz-Massnahmen nötig seien.

Während Monaten führten die Sozialpartner Gespräche. Nach über sechzig Gesprächsrunden hatte Bundesrat Guy Parmelin im Februar ein erstes Resultat bekannt gegeben. Danach gingen die Gespräche weiter. In fast allen Punkten konnten sich Gewerkschaften und Arbeitgeber inzwischen einigen. Einer Forderung wollen die Arbeitgeber aber nicht nachgeben. Dabei geht es um Kündigungsschutz. Diese Massnahme bringt nun der Bundesrat von sich aus ein.

Alle insgesamt 14 Massnahmen kommen in die Vernehmlassung. Anschliessend entscheidet das Parlament. Am Freitag hat Parmelin die Massnahmen vor den Medien konkretisiert. Er sagte: «Alle Parteien haben hart verhandelt». Nun liege ein Resultat auf dem Tisch, das für den Bundesrat zufriedenstellend sei.

Es gebe noch «anderthalb» Punkte, bei denen sich die Sozialpartner nicht ganz einig seien. Aber nun schicke man das gesamte Paket in die Vernehmlassung. Weitere Gespräche dazu sind vorgesehen im Lauf der Konsultationsfrist.

Im Fokus stehen EU-Betriebe, die ihre Angestellten in die Schweiz schicken. Soweit die Massnahmen auch Schweizer Unternehmen betreffen, bauen sie laut dem SVP-Bundesrat auf bestehenden Regeln auf. Es würden keine neuen Belastungen für Schweizer Firmen geschaffen.

Die Massnahmen können grob in folgende fünf Kategorien unterteilt werden:

Massnahmen, die Zugeständnisse an die EU direkt kompensieren sollen

Das Problem: Zum einen wird die Voranmeldefrist für Dienstleistungserbringer aus dem EU-Raum von acht auf vier Tage verkürzt. Zum anderen darf nur noch dann eine Kaution verlangt werden, wenn beim letzten Einsatz in der Schweiz ein Verstoss festgestellt wurde.

Das Ziel: Meldungen von Dienstleistungserbringern aus der EU sollen schneller an die Kontrollorgane weitergeleitet werden.

Die Massnahmen:

  • Das Meldeverfahren für Betriebe aus EU-Ländern, die in der Schweiz Aufträge ausführen, wird weiterentwickelt, automatisiert und zentralisiert.

  • EU-Unternehmen, die Dienstleistungen in der Schweiz erbringen wollen, werden verpflichtet, einen Ansprechpartner in der Schweiz zu benennen.

  • Für ausländische Entsendebetriebe gilt eine Dokumentationspflicht vor Ort.

  • Das zentrale Meldeverfahren wird an neue Anforderungen bei der Erhebung der Kaution angepasst.

  • Verletzt ein Unternehmen wiederholt die Kautionspflicht, werden Verwaltungssanktionen bis hin zu einer Dienstleistungssperre erlassen.

  • Bei öffentlichen Aufträgen gelten höhere Anforderungen: Unternehmen müssen mit Generalarbeitsvertrags-Bescheinigungen nachweisen, dass sie die Lohn- und Arbeitsbedingungen einhalten.

  • Auf öffentlichen Baustellen muss eine «Baucard» getragen werden – mit Informationen zur Einhaltung der Lohn- und Arbeitsbedingungen.

  • Für Sanktionen und Kontrollkosten der paritätischen Kommissionen haften die Erstunternehmen.

Massnahmen, die der Befürchtung entgegenwirken, dass die Dienstleistungssperre unter Druck geraten könnte

Das Problem: Die Dienstleistungssperre als Sanktion bei Verstössen ist ein wichtiges Instrument gegen Lohndumping. Es gibt jedoch Befürchtungen, sie könnte seitens der EU unter Druck geraten, weil sie nur für EU-Firmen zur Anwendung kommt.

Das Ziel: Die Dienstleistungssperre soll gesichert und der Vollzug des Entsendegesetzes erleichtert werden.

Die Massnahmen:

  • Die bisherige Regelung zur Dienstleistungssperre im Entsendegesetz wird beibehalten.

  • Die Schweiz nimmt am Binnenmarktinformationssystem der EU teil.

Massnahmen, die kompensieren sollen, dass innerhalb des EU-Vertragspaket bei der Spesenregelung keine Ausnahme erzielt werden konnte

Das Problem: EU-Unternehmen müssen ihren Angestellten bei Aufträgen in der Schweiz lediglich die Spesenansätze des Herkunftslandes bezahlen. Zumindest, wenn es nach dem neuen Vertragspaket zwischen der Schweiz und der EU geht. Oft wird hier das Beispiel von Baufirmen aus Polen genannt, die ihren Angestellten zwar Schweizer Löhne bezahlen müssten, nicht aber die hierzulande üblichen Spesen für Kost und Logis. Die Schweiz hat bei der Spesenregelung in den Verhandlungen mit der EU keine Ausnahme erhalten. Laut Staatssekretätin Helene Budliger Artieda sei aber klar geworden, dass mehrere EU-Mitgliedstaaten bereits ähnliche innenpolitische Regeln hätten, wie die Schweiz sie nun einführt.

Das Ziel: Ausländische Firmen sollen über die Spesen kein Lohndumping betreiben können.

Die Massnahme: 

  • Firmen aus EU-Ländern, die ihren Angestellten Spesen nach den Ansätzen im Herkunftsland statt nach Schweizer Ansätzen bezahlen, sollen nach Schweizer Recht verpflichtet werden, die Differenz auszuzahlen. Schweizer Spesen sollen also im Schweizer Recht abgesichert werden. Dazu wird das Entsendegesetz angepasst.

Massnahmen zu Gesamtarbeitsverträgen

Das Problem: Allgemein verbindlich erklärte Gesamtarbeitsverträge (GAV) sind ein zentrales Instrument des Lohnschutzes. Wegen der heutigen Regeln können GAV, die in der Vergangenheit für allgemeinverbindlich erklärt wurden, die Kriterien plötzlich nicht mehr erfüllen.

Das Ziel: Die sozialpartnerschaftlichen Strukturen beim Lohnschutz sollen gesichert werden.

Die Massnahmen:

  • GAV, die bereits allgemein verbindlich erklärt wurden, werden abgesichert. Das sogenannte Quorum definiert unter anderem, wie viele Personen in einer Branche Gewerkschaftsmitglied sein müssen, damit dort ein Gesamtarbeitsvertrag für allgemein verbindlich erklärt werden kann. Von diesem Quorum soll leichter abgewichen werden können als heute. Es müssen aber weiterhin «besondere Verhältnisse» vorliegen. Bei der Verlängerung von GAV, die schon in der Vergangenheit für allgemein verbindlich erklärt wurden, sollen neue besondere Mehrheiten gelten.

  • Der Rechtsschutz wird verbessert für inländische Betriebe, die einem allgemein verbindlichen GAV unterstellt werden sollen.

5. Massnahme zum Kündigungsschutz

Das Problem: Die Schweiz hat eine Konvention der Internationalen Arbeitsorganisation IAO unterschrieben – aber sie hält deren Bestimmungen nicht ein. Die Schweiz müsste den Kündigungsschutz für Arbeitnehmervertreter gezielt verbessern. In diesem Punkt sind sich die Sozialpartner aber nicht einig geworden. Aus Sicht des Bundesrats ist der erhöhte Kündigungsschutz aber wichtig, damit das Paket ausgeglichen ist. Ausserdem müsse sich die Schweiz auch an die internationale Konvention der IAO halten, die sie unterzeichnet habe, so Parmelin. Deshalb schickt der Bundesrat diese Massnahme mit in die Vernehmlassung, obwohl die Arbeitgeber und Wirtschaftsverbände nicht begeistert davon sind.

Das Ziel: Gewählte Arbeitnehmervertreter sollen künftig besser vor einer Kündigung geschützt werden.

Die Massnahme:

Gewählte Arbeitnehmervertreter, Mitglieder eines Organs einer Personalvorsorgeeinrichtung und Mitglieder nationaler Branchenvorstände sollen besser vor einer missbräuchlichen Kündigung geschützt sein.