Kampagne «Erfolgreiche Schweiz»Basler Grossunternehmer mischt sich als Aktivist in die EU-Debatte ein
Zwei Initiativen am Start, Milliardäre im Rücken: Die Gegner der neuen EU-Verträge sind in einer guten Ausgangslage. Andreas Zivy will ihnen etwas entgegensetzen. Den Brexit sieht er als Mahnung.
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- Andreas Zivy engagiert sich öffentlich für die Weiterentwicklung des bilateralen Wegs.
- Unter dem Titel «Erfolgreiche Schweiz» lanciert er eine Kampagne, die auf die sozialen Medien setzen will.
- Zivy ist Präsident des Handelshauses Ameropa, das mit Getreide und Dünger Milliardenumsätze erzielt.
Aus der FDP Binningen ist er Ende letztes Jahr ausgetreten, weil er fand, der Freisinn stehe zu wenig eindeutig hinter dem bilateralen Weg. Andreas Zivy glaubt, dass die Gegner die Debatte rund um den Deal zwischen der Schweiz und der EU dominieren. Das umfangreiche Vertragswerk ist seit Dezember fertig ausgehandelt, es wird zurzeit finalisiert, bevor der Bundesrat es voraussichtlich im Sommer öffentlich zur Debatte stellt.
In Zivys Augen ist das Resultat «überraschend gut». Aber das finde in der Öffentlichkeit zu wenig Widerhall: «Es gibt in der Schweiz eine befürwortende Mehrheit, die zum Thema schweigt.»
Zivy will das ändern, und darum engagiert er sich nun öffentlich. Zusammen mit Paul Hofer, dem früheren Präsidenten der FDP Baselland, lanciert der Unternehmer aus Binningen BL einen offenen Brief, der die Fortsetzung des bilateralen Wegs propagiert. Unter dem Kampagnentitel «Erfolgreiche Schweiz» greift das Duo die Haltung der EU-Gegner als «gefährlich» und «kurzsichtig» an. Und konstatiert stattdessen, Abschottung sei keine Lösung: «Der Brexit mit seinen negativen Folgen für die gesamte britische Bevölkerung sollte uns eine Mahnung sein». Hofer und Zivy bekennen sich darum zum «zukunftsweisenden Verhandlungspaket».
Agentur Rod beauftragt
Eine Reihe von bekannten politischen EU-Befürworterinnen und -Befürwortern haben Hofers und Zivys Aufruf mitunterzeichnet, von SP-Nationalrat Eric Nussbaumer über die Grünen-Ständerätin Maya Graf und FDP-Unternehmer Simon Michel bis zum Zürcher Grünliberalen Nicola Forster. Die Kampagne soll vorerst bis im Sommer laufen.
Die Botschaft soll vor allem in den sozialen Medien Verbreitung finden. Dafür haben Hofer und Zivy die Zürcher Agentur Rod beauftragt, die zu Farner gehört. Eine interessante Wahl: Farner hat in der Vergangenheit mehrere Jahre lang für die EU-Gegner von Kompass Europa gearbeitet, bevor es zur Trennung kam. Kürzlich hat sich die Agentur unter lauten Nebengeräuschen von der prominenten EU-Befürworterin und Operation-Libero-Präsidentin Sanija Ameti getrennt, die wegen eines kontroversen Instagram-Posts in die Kritik geraten war.
6,5 Milliarden Franken Umsatz
Das Budget der «Erfolgreiche Schweiz»-Kampagne will Zivy nicht offenlegen, es gehe um einen «bescheidenen Betrag». Wobei dies immer eine Frage der Perspektive ist. Andreas Zivy ist in der Öffentlichkeit kaum bekannt, er stammt aber aus einer vermögenden Familie. Der 69-Jährige amtet als Verwaltungsratspräsident der Handelsfirma Ameropa mit Sitz in Binningen; früher war er deren CEO.
Zivys Grossvater Arthur hatte das Unternehmen 1948 gegründet, heute kauft und verkauft das Haus mit Standorten in 30 Ländern jährlich Dutzende Millionen Tonnen Dünger und Getreide. Der Umsatz des Jahres 2024 beträgt laut Zivy rund 6,5 Milliarden Franken, 2600 Angestellte arbeiten für den Konzern. Ameropa gehört drei Zweigen der Gründerfamilie, die «Bilanz» schätzte deren Gesamtvermögen für 2024 auf 950 Millionen Franken. Zivy wird im Sommer 2026 wegen einer Altersbeschränkung als Verwaltungsratspräsident abtreten.
Ein «lockeres Netzwerk»
Andreas Zivy sagt, sein Mitstreiter Hofer und er hätten sich bewusst nicht der Europäischen Bewegung, der Operation Libero oder der Organisation Progresuisse angeschlossen – Letztere wurde kürzlich vom Solothurner EU-Befürworter Simon Michel neu lanciert. «Wir sind eher ein lockeres Netzwerk als eine Organisation, die eine Abstimmungskampagne durchpeitscht.» Die «erfolgreiche Schweiz» soll aus Sicht der EU-Befürworter vielmehr den Boden für die Abstimmungskampagnen bereiten, die noch folgen werden.
Zivy sagt zwar, er engagiere sich als Privatperson. Aber der bilaterale Weg liegt auch im Interesse von Ameropa. Das Unternehmen profitiere vor allem aus zwei Gründen davon, sagt er: Erstens, weil es für den laufenden Betrieb auf Grenzgänger und EU-Bürger angewiesen sei. Zweitens stellten die Verträge den EU-Marktzugang sicher. «Wir können von der Schweiz dort handeln, als ob wir selbst dort wären.»
Der Schritt an die Öffentlichkeit hat aber auch persönliche Gründe: Zivy ist schon lange von Politik fasziniert. Er hat in den 1970er-Jahren in Paris Politologie studiert – und das Thema blieb in seinem Leben präsent. Zum Beispiel engagiert er sich in mehreren Stiftungen, die sich der Förderung der Demokratie verschrieben haben. «Ich wäre gern Politiker geworden», sagte er der NZZ 2017. Nun, zum Ende seiner Karriere als Unternehmer, mischt er sich anders ein: als Aktivist. Er werde im EU-Abstimmungskampf auch auf der Strasse anzutreffen sein, sagt Andreas Zivy.
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