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Parlamentswahlen in Polen
Opposition sieht sich als Siegerin der Wahlen in Polen

WARSAW, POLAND - OCTOBER 15: The leader of Civic Coalition (KO), Donald Tusk celebrates the exit poll results during Poland's Parliamentary elections on October 15, 2023 in Warsaw, Poland. Poles are voting today to decide whether the ruling national conservative Law and Justice party (PiS), led by Jaroslaw Kaczynski, will govern for a third consecutive term, or whether a coalition of center-left, pro-European parties will be given the opportunity to form a government. Also on the ballot is a referendum introduced by the current government over EU migration reform. (Photo by Omar Marques/Getty Images)
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Die regierende konservative PIS hat die Parlamentswahl in Polen zwar laut ersten Prognosen mit einem Ergebnis von 36,8 Prozent gewonnen. Als Siegerin darf sich aber möglicherweise die Opposition fühlen. Die Bürgerkoalition von Ex-Regierungschef Donald Tusk belegt mit 31,6 Prozent zwar nur den zweiten Platz, würde aber in einer Koalition mit zwei kleineren Oppositionsparteien vor dem rechten Lager um die regierende PiS liegen. Nach dieser Rechnung entfallen insgesamt 248 Sitze auf die Bürgerkoalition, den Dritten Weg und die Linken, während die rechtsnationalistische PiS und die rechtsextreme Konförderationspartei zusammen auf 212 Sitze kommen.

Rund 30 Millionen Wahlberechtigte waren am Sonntag aufgerufen, ein neues Parlament zu bestimmen. Es handelt sich um eine Richtungswahl, der Wahlkampf war geprägt vom Thema Migration und Attacken auf die Rolle der EU und Deutschlands.

«Ich war in meinem Leben noch nie so glücklich wie heute über diesen zweiten Platz.»

Ex-Premier Donald Tusk

Oppositionsführer Donald Tusk zeigte sich nach der Wahl zuversichtlich, die nächste Regierung bilden zu können. «Polen hat gewonnen. Die Demokratie hat gewonnen. Wir haben sie (die PiS) von der Macht entfernt», sagte er. «Ich war in meinem Leben noch nie so glücklich wie heute über diesen zweiten Platz.» Auch Premierminister Mateusz Morawiecki (PIS) erklärte seine Partei zum Sieger der Parlamentswahl. «Wir haben gewonnen. Recht und Gerechtigkeit ist der Gewinner der Parlamentswahl 2023», schrieb er auf X .

Donald Tusk war zweimal Ministerpräsident, danach EU-Ratspräsident und ist seit Solidarnosc-Zeiten in der polnischen Politik aktiv. 2001 gründete er seine Partei Platforma Obywatelska (Bürgerplattform), deren Vorsitzender er ist. Doch offensichtlich gehen die ständigen Angriffe und Hassreden auch an einem Profi wie ihm nicht spurlos vorbei. Der PIS-Parteivorsitzende Jaroslaw Kaczynski nannte Tusk schlicht «das personifizierte Böse», die PIS-Kampagne bezeichnete ihn als grösstes Sicherheitsrisiko für Polen, da er praktisch zugleich russischer Agent und Freund der Deutschen sei, deren Einfluss er Polen auszuliefern gedenke.

Bombendrohungen in Warschau

Kurz vor Ende der Parlamentswahl am Sonntagabend hatte es laut übereinstimmenden Berichten noch in mehreren Wahllokalen Bombendrohungen gegeben. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete, dass nach Polizeiangaben in der Hauptstadt Warschau drei Wahllokale geräumt wurden.

Bei der Wahl hatte sich bis zum Abend eine starke Beteiligung abgezeichnet. Bis 17 Uhr gaben rund 57,5 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab, wie die Wahlkommission in Warschau mitteilte. Fernsehbilder aus mehreren Städten zeigten, wie Bürger vor den Wahllokalen Schlange standen. Bei der vorherigen Wahl im Oktober 2019 hatten im gleichen Zeitraum rund 46 Prozent der Wähler abgestimmt.

Die PIS-Partei regiert nicht einfach nur seit acht Jahren – sie hat tatsächlich die Macht an sich gerissen, die Justiz zu ihren Gunsten umgeformt, sich Medien gefügig gemacht, Posten in staatlichen Institutionen und Betrieben mit Parteigängern besetzt. Grosse Teile ihres Wahlkampfes konnte die PIS aus Steuergeld bestreiten. Zunächst gab es im Sommer eine Kampagne, um neue Sozialleistungen für Familien zu erklären – tatsächlich wurden die «Familienpicknicks» zu Wahlkampfauftritten verschiedener PiS-Politiker.

Geschenke für die Nachbarn

In den Tagen vor der Parlamentswahl gab es sogar Geschenke für die Nachbarn. Zumindest für jene deutschen und tschechischen Autofahrer, die nah an der polnischen Grenze wohnen und zu einer Orlen-Tankstelle fahren können. Der teilstaatliche Mineralölkonzern, dessen Vorstandsvorsitzender Mitglied der regierenden PIS-Partei ist, hatte zuletzt die Kraftstoffpreise auf etwa sechs Zloty (etwa 1,30 Franken) pro Liter gesenkt.

Aus Sicht der Opposition ein bewusster Schachzug der Regierung, um für gute Stimmung unter den polnischen Wählern zu sorgen. Bald aber machten Witze die Runde, dass sich vor allem die tschechischen Nachbarn dafür bedanken. Schliesslich mussten selbst Regierungsmitglieder dazu aufrufen, keine Vorräte in Kanistern anzulegen. Denn der Sprit wurde schnell knapp. So ganz ging die Rechnung mit dem Wahlgeschenk nicht auf – drei Tage vor der Wahl verdoppeln sich die Preise wieder.