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Nun ist es definitiv. Und definitiv unselig. Frankreichs oberstes Gericht hat eine Auslieferung an Italien von zehn ehemaligen italienischen Linksterroristen aus den «bleiernen Jahren» abgelehnt. Es schliesst damit ein schmerzvolles Kapitel zwischen den Ländern, allerdings nur juristisch. Die linke Zeitung «La Repubblica» schreibt von einer «unheilbaren Wunde», «La Stampa» von «französischer Arroganz».
Zur Erinnerung: 1985 hatte Frankreichs damaliger Präsident François Mitterrand eine Doktrin begründet, die nach ihm benannt werden sollte. Aktivisten der extremen italienischen Linken sollten demnach in Frankreich leben dürfen, wenn sie dem bewaffneten Kampf entsagten und selbst «kein Blut an ihren Händen» hatten. Diese zweite Bedingung verblasste bald. Es setzten Rotbrigadisten rüber ins Nachbarland und lebten seither unbehelligt da, als wären sie schützenswerte politische Verfolgte aus einem Unrechtsstaat.
Und was sollen die Opferangehörigen sagen, die Nachfahren von Luigi Calabresi und von Aldo Moro etwa?
Das war immer schon eine verstörende, verschrobene Darstellung. Geboren war sie wohl aus einer vermeintlichen moralischen Überlegenheit Frankreichs. Die Pariser Intellektuellenszene feierte manche dieser Herrschaften selbst dann noch, als diese in der Heimat rechtmässig wegen Mordes verurteilt waren – in Abwesenheit natürlich, weil sie ja in Frankreich «im Exil» lebten.
Das Kassationsgericht begründet seinen Beschluss erstens damit, dass die acht Italiener und zwei Italienerinnen in ihrer Heimat keinen neuen und fairen Prozess erwarten könnten, weil sie schon in Abwesenheit verurteilt worden seien. Und, zweitens, damit, dass sie nun schon so lange in Frankreich lebten, nämlich zwischen 25 und 40 Jahre, dass eine Auslieferung ihr Privatleben und ihre stabilen Familienverhältnisse «übermässig beschädigen» würde.
Das ist doppelter Hohn. Was sollen da die Opferangehörigen sagen, etwa die Kinder des ermordeten Polizeikommissars Luigi Calabresi? Oder die Nachfahren von Aldo Moro und von dessen Bodyguards? Die Doktrin war immer falsch. Nun ist sie in Stein gemeisselt.