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Meinung

Papablog
Nachahmung (un)erwünscht

a cute feet happy family
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Eine Sache, vor der ich mit vier Kindern und 19 Jahren Elternschaft immer noch nicht gefeit bin, ist meine eigenen Wahrnehmungen und Erfahrungen als allgemeingültig auf andere zu projizieren. Mittlerweile habe ich mir zwar grossflächig abgewöhnt, zu urteilen, aber ratlos oder ignorant bin ich oftmals immer noch. Das liegt nicht zuletzt auch daran, dass jede Elternschaft immer auch im Windschatten nicht existenter Probleme stattfindet, die so weit weg von der eigenen Familie sind, dass man sie sich nicht wirklich vorstellen kann. Bei mir betrifft das zum Beispiel das Thema Schlafen.

Schlafgewohnheiten und Selbstbestimmung

Meine Lebenskomplizin und ich hatten unsere vier Kinder alle relativ unkompliziert aus dem elterlichen Schlafzimmer raus. Nächtliche Wanderungen zu uns fanden kaum statt oder wurden unterbunden. Wenn ich also auf Eltern treffe, die mir völlig fertig davon erzählen, dass ihr Grundschulkind wieder die halbe Nacht bei ihnen war, denke ich (nach einigen Jahren der Selbstdisziplinierung) nicht mehr «Was ist mit euch?!», sondern eher «Krass, euch gibts ja auch noch.» Auch weil ich durch Gespräche inzwischen eine Ahnung davon habe, wie viele Gründe es dafür geben kann. Die Tatsache, dass meine Kinder keine Albträume haben, ist keine Leistung. Wenn eines meiner Kinder ständig vor Angst schreiend aufwachen würde, wäre unser Schlafkonzept vermutlich auch ein anderes.

Bei anderen Dingen habe ich allerdings gar keine Ahnung, weil buchstäblich niemand, den ich kenne, darüber spricht. Und dann plötzlich eben doch. In der «Zeit» schreibt die Journalistin Ileana Grabitz unter anderem darüber, wie sehr es sie verletzt hat, dass ihre Töchter nicht so werden wollten wie sie. «Als hätte man mir eine Faust in den Bauch gerammt» beschreibt sie das Gefühl, und ich bin komplett ratlos, weil ich mir nicht mal ansatzweise vorstellen kann, was sie meint. Ist das ein Ding? Ist Nachahmung wirklich die grösstmögliche Respektbekundung an die vorgelebte Elternschaft? Und ist es beleidigend oder gar verletzend, wenn Kinder nicht so sind wie wir und nicht anstreben, was wir vorleben?

Werte und Vorstellungen

Als grundsätzliche Wertefrage kann ich das verstehen. Wenn meine Kinder alle Werte ablehnten, für die ich stehe und die ich ihnen vorlebe, dann wäre ich auch verletzt und würde mich definitiv fragen, was ich falsch gemacht habe. Aber die Frage, ob meine erwachsenen Kinder selbst Kinder bekommen, berührt mich nur insofern, dass ich vermutlich gern irgendwann Enkel hätte – und nicht darin, ob ich womöglich in meiner eigenen Elternschaft versagt habe. Die Frage, welchen Job sie machen, interessiert mich nur mit Blick auf ihre Zufriedenheit und den Rahmen ihrer Möglichkeit. Warum sollte ich wollen, dass sie das Gleiche oder auch nur etwas Ähnliches tun wie ich? Wir versuchen doch alle mehr oder weniger, unsere Kinder zu eigenständigen Menschen zu erziehen und nicht zu einer fleischgewordenen Hommage an unsere eigene Existenz (Verdammt, ich befürchte, jetzt habe ich doch wieder geurteilt). Oder habe ich da mangels Erfahrung und Vorstellungskraft einen blinden Fleck? Gibt es eine erhebliche Anzahl von Eltern, die ihre Kinder als Verlängerung des eigenen Lebenskonzepts begreifen und von Entscheidungen verletzt werden, die dem zuwiderlaufen? Falls ja, warum? Ist die Nachahmung dann ein Seitenpfeiler zur Stützung von Entscheidungen, mit denen man sich gar nicht mal so sicher fühlt? Übersehe ich hier vielleicht etwas? Fragen über Fragen.

Vielleicht haben Sie ja ein paar Antworten für mich.