Papablog: Hausaufgaben? Eine Frechheit!Warum Ufzgi abgeschafft gehören
Ein Bildungssystem, das auf Hausaufgaben angewiesen ist, hat versagt, findet Nils Pickert.
Letzten Herbst veröffentlichte mein Kollege Luk von Bergen einen Blogtext darüber, wie anstrengend und zäh das Erledigen der Hausaufgaben mit seinem Junior ist.
Vollstes Mitgefühl! Ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie meine Lebenskomplizin und ich vor Jahren daran verzweifelt sind, mit unseren beiden mittlerweile grossen Kindern Hausaufgaben zu machen. Es wurde gekämpft, geschrien und geflucht – für was eigentlich? Inzwischen sind wir froh, dass unsere Grossen ihren Kram alleine machen. Wenn sie Hilfe brauchen, kriegen sie die. Ansonsten halten wir uns sehr gerne raus. Genau wie bei unseren beiden Kleinen, die ihre «Hausaufgaben» in der Nachmittagsbetreuung der Schule machen. Ich will damit nur etwas zu tun haben, wenn es unbedingt nötig ist. Ich bin kein Aushilfslehrer und ich lasse auch nicht länger an mich appellieren, dass ich gefälligst als solcher zu fungieren habe.
Eigentlich ist es eine Frechheit, das zu verlangen. Und es funktioniert auch nur mit dem Verweis darauf, dass es bei uns ja genauso war. Oder noch viel krasser: Damals mussten wir in 2 Stunden 6 Stunden Hausaufgaben machen, unsere 18 Geschwister betreuen, Rüben verziehen, die Kühe melken und am nächsten Morgen wieder 20 Meilen barfuss zur Schule laufen. Aber mal im Ernst: Mittlerweile ist das alles so eingeschliffen und selbstverständlich, dass wir gar nicht mehr dazu kommen uns zu fragen, was das alles soll.
Morgen ist auch noch Zeit
Also frag ich einfach mal: Müssen Sie Ihre Arbeit eigentlich auch nach der Arbeit zu Hause fortsetzen und am nächsten Tag im Büro überprüfen lassen? Und erwartet man von Ihnen auch, dass Sie Ihre Arbeit zumindest teilweise von zu Hause aus erledigen, wenn Sie krank sind? Genau das verlangt man nämlich von unseren Kindern.
Also noch mal ganz langsam: Hausaufgaben wurden irgendwann eingeführt, damit das Gelernte noch einmal geübt und Wissen verfestigt werden kann. Nein! Einfach nein! Dafür ist am nächsten Tag auch noch Zeit. Das Entrümpelungspotenzial bei Lehrplänen ist mindestens gross genug, dass ausreichend Zeit dafür vorhanden ist, zu üben und zu wiederholen. Es wird Zeit, dass wir das wieder Schulaufgaben nennen und in der Schule lassen.
Hausaufgaben sind eine denkfaule Scheinlösung
Hausaufgaben sollen ausserdem eine Verbindung zwischen Schule und Elternhaus herstellen.Ganz ehrlich: Will ich nicht, brauch ich nicht. Es gibt Elternabende, Sprechtage, Klassenwhatsappgruppen und eine schuleigene digitale Plattform, mit der die Lehrkräfte erreichbar sind. Die Klassenlehrerin meiner Kinder muss Lehrinhalte und Lernfortschritte nicht mithilfe von Hausaufgaben kommunizieren. Hausaufgaben sind einfach nur eine schlechte, unglaublich denkfaule Scheinlösung, um in verrottenden Bildungssystemen dringend notwendige Reformen aufzuschieben.
Und ich gehe sogar noch einen Schritt weiter. Ein Bildungssystem, das auf Hausaufgaben angewiesen ist, hat versagt. Es hat auch versagt, wenn es von Schülerinnen und Schülern verlangt, in Krankheitsphasen zu lernen, Stoff zu wiederholen und Hausaufgaben zu machen. Was ist denn an «Das Kind ist für die nächste Woche krankgeschrieben» nicht zu verstehen? Ja, ich weiss, dass es Lehrpläne gibt und die Lehrkräfte aufgefordert sind, alles fristgemäss abzuhandeln. Aber noch einmal: Krankgeschriebene Kinder und Jugendliche aufzufordern, irgendetwas für die Schule zu tun, ist vollkommen widersinnig und inakzeptabel. Wir haben uns nur daran gewöhnt, weil uns weisgemacht wurde, wie alternativlos dieses Vorgehen sei.
Wenn Kinder zu Hause für die Schule arbeiten wollen: super! Wenn sie nicht schlimm krank sind, sich langweilen und lieber ihre Nase in ein Mathebuch stecken als noch länger Hörbuch zu hören: toll! Aber ein Bildungssystem, das darauf angewiesen ist, dass Kinder das tun, ist eine Schande. In diesem Sinne: Weg mit den Hausaufgaben!
Was halten Sie von Hausaufgaben, liebe Leser und Leserinnen?
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