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Papablog: Bye-bye Ufzgi
Hausaufgaben, was ist das?

Schulschluss ohne Wenn und Aber: Das Leben ohne Hausaufgaben ist nicht nur für Kinder um einiges unbeschwerter.
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Es ist 5 Uhr morgens – nicht, wenn Sie das lesen, aber als ich es schrieb. Ich habe mich gerade aus dem Pyjama geschält, um diesen Blogbeitrag fertigzustellen. Natürlich hätte ich das auch früher erledigen können, aber tagsüber muss ich meine Kinder am Leben halten. Sie kennen das.

Die frühmorgendlichen Arbeitsstunden wecken Kindheitserinnerungen. Ich hatte nach der Schule keine Lust, meine Hausaufgaben zu erledigen. ADHS tat seinen Teil dazu bei und so waren die Franzwörtli am Abend immer ungelernt, die Sätzlirechnungen ungelöst und das Diktat ungeübt.

Es blieb der Morgen vor der Schule. Natürlich hätte ich beim Zmorge alles hinschludern können wie meine Pultnachbarin Anja, bei der manchmal noch eine Portion Cornflakes auf den Lösungsblättern klebte. Aber ich war trotz allem ein gewissenhaftes Kind und so stand ich ungelogen jeden Tag um 3 Uhr auf und erledigte die Hausaufgaben. Und meine Haarroutine, es waren immerhin die 90er.

Stressige Zeiten. Herr Häfeli (Math), Frau Pellegrino (Franz) und Herr Aeschlimann (Deutsch) hatten eine Wette am Laufen, wer mehr Hausaufgaben geben kann. Soweit ich das beurteilen kann, haben sie alle gewonnen.

Abschaffen, das Teufelszeug!

Vor drei Wochen fragte Luk von Bergen hier im Papablog: «Wie machen Sie das mit den Ufzgi?» Dabei beschrieb er anschaulich das Spannungsfeld zwischen mässig motiviertem Kind und pflichtbewusstem Elternteil. Ich grinse wie eine bekiffte Hyäne, wenn ich Luks Frage beantworte: «Hausaufgaben, was ist das?»

Der Kanton Bern hat mit dem Lehrplan 21 bestimmt: «Schulisches Lernen findet im Unterricht statt.» Die Wochenstunden wurden erhöht, dafür die Hausaufgaben beschränkt. Auf 30 Minuten pro Woche im ersten und zweiten Zyklus, also bis zur sechsten Klasse. Falls die Schule das überhaupt für nötig hält. Unsere tut es nicht. Hausaufgaben sind formell abgeschafft.

Und ich sage Ihnen: Es ist wunderschön. Eltern und Kind haben eine grosse Sorge weniger. Wenn die Schulglocke bimmelt, dann erklingt ein Chor aus Engeln, der Himmel teilt sich und glitzernde Sonnenstrahlen leuchten auf die Kinderchen herab, die fröhlich hüpfend das Schulareal verlassen. Der Brecht weiss, dass er den Tag jetzt für sich hat. Viel Zeit, um Süssigkeiten zu essen, sein Geschwister zu ärgern und sein Musikinstrument nicht zu üben. Schön.

«Hilfe, was macht mein Kind in der Schule?»

Die Vorteile liegen so sehr auf der Hand, dass ich sie nicht erklären muss. Sie reichen von Chancengleichheit über mehr Freude an der Schule bis hin zur psychischen Gesundheit durch weniger Stress. Und doch gab es kritische Stimmen. Einige Eltern bemängelten, sie hätten keinen Einblick in den Schulstoff mehr. Vor allem die Eltern wortkarger Kinder. Man kennt sie:

«Wie wars in der Schule?»
«Gut.»
«Was habt ihr gemacht?»
«Nichts.»
«War heute Deutsch oder Französisch?»
«Weiss nicht mehr.»

Doch die Schule hat vorbildlich mit einer Art Schulstoff-Glasnost reagiert. Periodisch schleiken die Kinder nun alle Unterlagen eines Fachs nach Hause: Bücher, Übungshefte, Lernkontrollen. Dazu erklären die Lehrpersonen auf der Kommunikationsapp die aktuellen Themen und wie sie die Lehrmittel einsetzen.

So packt der Brecht immer mal wieder eine Reihe Hefte und Bücher aus seinem Rucksack aus, versammelt enthusiastisch die Familie um den Esstisch und präsentiert uns den Stoff des letzten halben Schuljahres bis zum hinterletzten Accent aigu. Es ist fast, wie Hausaufgaben machen – einfach in motiviert.