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Persönliche Attacke
Orbans nächste Kampagne

Der österreichische Migrationsforscher Gerald Knaus wird von Ungarn diffamiert, eine Schmutzkampagne gegen Premierminister Orban zu führen.
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Die E-Mail der ungarischen Regierungspressestelle, die am vergangenen Samstag versandt wurde, kam schnell zum Punkt: Ein Jahrzehnt habe man nun schon damit verbracht, jene Personen zu «entlarven, welche die internationale Schmutzkampagne gegen Ungarn und Premierminister Orban» betrieben. Aber immer noch seien Menschen da draussen, die verdeckt für George Soros und seine Open Society Foundations arbeiteten – und damit gegen die ungarische Haltung zu Themen wie Immigration und Wahrung der christlichen Identität.

Sein Institut forscht auch zu Korruption und Rechtsstaatlichkeit

Die Regierung setzte damit nur auf höchster Ebene eine Kampagne fort, die Tage zuvor in regierungsnahen Zeitungen und TV-Sendern begonnen hatte; im Fokus steht der Österreicher Gerald Knaus, renommierter Migrationsexperte, Leiter des Thinktanks European Stability Initiative (ESI). Knaus ist einer breiteren Öffentlichkeit als einer der Ideengeber des sogenannten Türkei-Deals zwischen Brüssel und Ankara bekannt; sein Institut forscht und publiziert nicht nur zu Migrationsfragen, sondern auch zu Korruption und Rechtsstaatlichkeit.

In beiden Themenbereichen spielt Ungarn eine grosse Rolle; die EU-Antikorruptionsbehörde Olaf hatte erst vergangene Woche in ihrem jüngsten Bericht festgestellt, dass mit Blick auf Ungarn besonders häufig Unregelmässigkeiten in der Nutzung von Struktur- und Landwirtschaftsfonds geahndet wurden. Zudem ist die Verknüpfung von EU-Mitteln an Rechtsstaatlichkeit in den Brüsseler Debatten nicht vom Tisch, wovon sich wiederum besonders Budapest bedroht sieht.

Der Vorwurf ist, er habe sich mit dem ungarischstämmigen US-Bürger George Soros verbündet.

Regierungsnahe Medien und Regierungssprecher werfen Knaus nun vor, er habe sich mit Mitgliedern der ungarischen Opposition «verbündet» und gemeinsam mit anderen «Lobbygruppen, die sich als Nichtregierungsorganisationen» tarnten, die Agenda des ungarischstämmigen US-Amerikaners George Soros verfolgt. Soros ist der Lieblingsfeind der Orban-Regierung; diese wirft ihm seit Jahren in absurden Kampagnen vor, er wolle Migration nach Europa fördern, um die christliche Kultur zu untergraben.

Eine neue Qualität in der EU-kritischen Propaganda Ungarns.

Neben zahlreichen ungarischen Regierungskritikern war auch Ex-EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker auf ähnliche Weise attackiert worden; gleichwohl sind breite Angriffe auf Einzelpersonen ausserhalb Ungarns und Forscher wie Knaus eine neue Qualität in der EU-kritischen Propaganda des EU-Mitglieds Ungarn. Orbans Kabinettschef Gergely Gulyas nannte Knaus eine «Gefahr für die nationale Sicherheit». Der Migrationsexperte glaubt, dass die aktuelle Kampagne schon begann, als sein Institut einen Report über mangelnde innereuropäische Solidarität und Orbans Deal mit der Kommission zur Unterstützung der «Investitionsinitiative zur Bewältigung der Coronavirus-Krise» publizierte.

«Wachsende Nervosität» der ungarischen Regierung

Im Gespräch mit dieser Zeitung führt er die Attacken auf die «wachsende Nervosität» der ungarischen Regierung zurück. Sein Fall sei eine «fantastische Fallstudie», wie Politik in Ungarn funktioniere. «Dass in den Augen der Regierung jede noch so kleine Institution Teil des dämonischen Soros-Netzwerks sein soll, zeigt, wie die denken.»

Schwieriger als für ihn seien solche Angriffe sicher für Mitglieder der ungarischen Zivilgesellschaft, aber natürlich rausche das auch an ihm nicht vorbei. Nicht mehr Argumente, sondern Personen würden so leider zur Zielscheibe der politischen Auseinandersetzung.