Trinkwasserskandal in den USAOpfer in Flint erhalten 626 Millionen Dollar Schadenersatz
Wegen Sparmassnahmen hatten die Menschen der 100’000-Einwohner-Stadt Flint im US-Bundesstaat Michigan über ein Jahr lang verunreinigtes Wasser getrunken. Zwölf Menschen waren deswegen gestorben.
Die Opfer des Skandals um mit Blei verseuchtes Trinkwasser in der US-Industriestadt Flint erhalten Schadenersatz in Höhe von insgesamt 626 Millionen Dollar (540 Millionen Euro). Die US-Bezirksrichterin Judith Levy legte am Mittwoch die endgültige Summe fest, die der Bundesstaat Michigan zu zahlen hat. Von den Zahlungen profitieren in erster Linie Menschen aus Flint, die zur Zeit des Skandals Kinder waren und durch das Blei im Trinkwasser dem grössten Gesundheitsrisiko ausgesetzt waren.
Auch Erwachsene, die nachweisen können, dass ihre Erkrankungen auf das Blei verseuchte Trinkwasser zurückzuführen sind, erhalten Schadenersatz. Mindestens zwölf Menschen waren wegen des verseuchten Trinkwassers gestorben.
Der millionenschwere Vergleich war im August 2020 nach 18-monatigen harten Verhandlungen erzielt worden. Den Grossteil der Zahlungen muss der Bundesstaat Michigan leisten, kleinere Summen müssen von der Stadt Flint und einem Unternehmen übernommen werden. Es handelt sich um eine der höchsten Entschädigungssummen in der Geschichte des Bundesstaates Michigan.
Der Skandal um die Bleiverseuchung des Trinkwassers in Flint hatte in den USA und darüber hinaus für Schlagzeilen gesorgt. Schuld am Debakel sei der damalige – und später wegen vorsätzlicher Pflichtverletzung angeklagte – republikanische Gouverneur Rick Snyder gewesen, Dieser wollte als erster seinen Bundesstaat – à la Trump – wie ein Unternehmer führen, und mit Krisenmanagement die demokratischen Strukturen auszuhebeln versuchte, so die Kritik von Regisseur Michael Moore, der in Flint geboren wurde.
Tatsächlich ging die Kontamination auf Sparmassnahmen zurück: Die Stadtverwaltung von Flint hatte im April 2014 begonnen, Wasser aus dem mit Chemikalien verseuchten Flint-Fluss zur Trinkwasseraufbereitung zu nutzen. Das aggressive Wasser griff die alten Bleirohre an, wodurch das giftige Schwermetall ins Trinkwasser gelangte. Zuvor war teureres Trinkwasser aus dem Huronsee bei Detroit bezogen worden.
Der Skandal in der früheren Industriestadt Flint wurde zum Symbol für soziale Ungerechtigkeiten in den USA. In der mehrheitlich von Schwarzen bewohnten Stadt lehnten die Behörden zunächst Beschwerden der Einwohner ab. Das änderte sich erst, als der Fall landesweit für Aufsehen sorgte und Umweltschutzbehörden Druck ausübten.
Der damalige US-Präsident Barack Obama hatte den Notstand für Flint ausgerufen und damit Bundeshilfe für die Region freigegeben. Bei einem Besuch warnte Obama vor den langfristigen Folgen des Trinkwasserskandals: Gefiltertes Wasser sei zwar sicher, sagte er. Zur Bekräftigung trank er selbst mehrfach von dem gefilterten Wasser aus Flint.
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Zur Zeit des Skandals lebten 18’000 bis 20’000 Kinder in Flint. Die gesundheitlichen Folgen der Bleivergiftung werden sie mutmasslich jahrzehntelang begleiten. Viele Menschen in der Stadt trinken auch heute noch nur Wasser aus Flaschen, obwohl die Bleileitungen überwiegend ausgetauscht wurden und das Trinkwasser wieder aus dem Huronsee bezogen wird.
AFP
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