Ausstellung zu FrauenrechtenNur wer Wehrdienst leistete, durfte politisch mitreden
Gleiche Rechte für Mann und Frau. Diese Forderung steht im Zentrum einer Ausstellung im Landesmuseum Zürich, die weit über den Kampf um das Frauenstimmrecht hinaus geht.
«Die Frau bleibt dem Mann an Rechten gleich», schrieb schon Olympe de Gouges in ihrer Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin von 1791. Die berühmte französische Frauenrechtlerin fand unter ihren Zeitgenossen nicht nur kein Gehör, sondern verlor 1793 durch die Guillotine ihr Leben.
Wie lange Frauen bereits auf ihre Rechte pochen, zeigt die Ausstellung «Frauen.Rechte», die ab Freitag im Landesmuseum Zürich zu sehen ist. Im Kampf um Gleichberechtigung gingen die Frauen immer wieder auf die Strasse und machten ihre Forderungen mit Transparenten deutlich. Solche Spruchbänder werden zum zentralen gestalterischen Mittel und dienen als Wegweiser durch die Ausstellung (Szenografie von arge gillmann schnegg). Am Ende stehen wir wieder am Anfang: Bei der Forderung nach gleichen Rechten für Mann und Frau. Nur dass dieses letzte Spruchband aktuell ist.
Denise Tonella ist als Mitglied des dreiköpfigen Kuratorinnen-Teams für die Ausstellung mitverantwortlich und tritt im April die Stelle als Direktorin des Schweizerischen Nationalmuseums an. Sie sagt: «Uns hat beim Erarbeiten des Themas überrascht, wie alt manche Forderungen bereits sind. Und wie aktuell einige geblieben sind.»
Das 50-Jahr-Jubiläum der Einführung des Frauenstimmrechts in der Schweiz ist der Anlass für diese multimediale Schau, die allerdings weit über den Kampf um das Stimmrecht hinausweist und Aspekte bietet, die noch wenig bekannt sind. Etwa dass es den Frauen lange Zeit gar nicht primär um die politischen Rechte ging. Im Vordergrund standen vorerst das Ehe- und Erbrecht, das Recht auf Bildung oder die Bedingungen am Arbeitsplatz.
Interessant zu beobachten ist, wie die Forderungen nach Gleichberechtigung seit der Französischen Revolution immer dann laut wurden, wenn sich im Staatswesen etwas änderte: bei Revolutionen, vor Verfassungsreformen. Und wie diese Forderungen lange sang- und klanglos in Schubladen verschwanden.
Als die Schweiz 1848 ihre erste Bundesverfassung erhielt, wurde die Rechtsgleichheit für alle «christlichen Schweizer» festgehalten – kein generisches Maskulinum. Frauen waren wirklich nicht mit gemeint. Auch wenn sie «christlich» waren.
Die Begründung: Nur wer Wehrdienst leistet, besitzt auch ein politisches Mitbestimmungsrecht. Dass um 1874 nicht einmal die Hälfte der diensttauglichen Männer eingezogen wurde, tat dieser Argumentation keinen Abbruch. Daher galt es als Fortschritt für die Gleichberechtigung, als Frauen zum «Hilfsdienst» zugelassen wurden.
Die Mädchen sitzen am Rande
Vier Möbelstücke symbolisieren in der Ausstellung die veränderten Lebensumstände der Frauen. Sie dienen gleichzeitig als Hörstationen, an denen man Frauen, aber auch Männern aus der jeweiligen Epoche zuhören kann, wie sie über Frauenrechte diskutieren.
Den Anfang macht der Salontisch. Die Frau, die zu Hause die Familie umsorgt und Gäste empfängt. Es folgen Pulte aus einem Vorlesungssaal: Erste Frauen – aus privilegierten Familien – haben Zugang zu höherer Bildung. Daneben aber hängt ein bekanntes Gemälde von Albert Anker, das eine Schulklasse zeigt: Die Buben sitzen an den Pulten, die Mädchen stehen oder teilen sich die Bänke am Rand.
Dann kommt ein Stammtisch, und es wird unübersichtlich. Wir nähern uns jener Zeit, in der die Frauen ungeduldig werden und sich in verschiedenen Gruppierungen organisieren. Manche werden laut, sogar frech. Andere bleiben manierlich und sind damit vorerst erfolgreicher, werden gar Bundesrätin.
Auf einer schiefen Wand werden sodann Errungenschaften der Frauenbewegung gezeigt. Frauen werden mobiler, fahren Velo, studieren und reisen. Über dieser Wand schweben zerbrechliche Gebilde der Schweizer Künstlerin Erica Pedretti. Flügel, die hoch hinaus wollen und von der Schwerkraft befreit scheinen. Und doch befürchtet man, dass sie demnächst wie Ikarus abstürzen.
Die Kehrseite der schrägen Wand zeigt denn auch solche Abstürze. Das Thema: der Preis der Selbstbestimmung. Noch um 1900 bezeichnen renommierte Ärzte und Wissenschaftler die Frauen als geistig und psychisch minderwertig und triebgesteuert. Frauen, die sich nicht an die gesellschaftlichen Regeln hielten, wurden bis in die zweite Hälfte des letzten Jahrhunderts oft stigmatisiert, manchmal gar weggesperrt.
Am Schluss steht die überdimensionierte Chaiselongue von Pipilotti Rist, die sie zu Ehren von Emilie Kempin-Spyri gestaltete, der ersten Frau im deutschsprachigen Raum mit Professorentitel. Das Möbelstück darf erstiegen werden. «Es symbolisiert das Fundament für künftige Generationen, die sich mit der Frauenfrage beschäftigen», sagt Denise Tonella. Gemütlich hingefläzt kann man hier jungen Frauen und manchen Männern zuhören, was für sie Gleichberechtigung bedeutet. Es lohnt sich.
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