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Michel Barnier fordert Macron heraus
Nun muss Monsieur Brexit die Franzosen überzeugen

«Ich habe den Anspruch, der Präsident eines versöhnten Frankreichs zu sein»: Michel Barnier. 
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Dieser Mann fühlt sich zum höchsten Amt berufen, das war abzusehen. Schon im letzten Dezember hatte Michel Barnier gesagt, dass es ihn zurück in die französische Politik ziehe. Seither reiste der 70-Jährige durchs Land, sprach mit Grössen der liberal-konservativen Partei Les Républicains (LR), bewarb ein dickes Buch über seine Leistungen beim Brexit, lud Journalisten zu sich nach Hause ein, trat öfter im Fernsehen auf. Und eben dort, bei TF1, verkündete er nun offiziell, dass er bei der Präsidentschaftswahl im kommenden April Kandidat der Republikaner werden möchte. «Vor uns liegen herausfordernde und ernste Zeiten», sagte Barnier. «Ich habe den Anspruch, der Präsident eines versöhnten Frankreichs zu sein.»

Das Feld ist eng

Barnier, der für die EU mit Grossbritannien über den Brexit verhandelte, ist zwar europaweit bekannt. Im eigenen Land muss er sich – obwohl er viermal Minister war – erst noch einen Namen machen. Und er hat grosse Konkurrenz, die nun ebenfalls in die Schlagzeilen drängt: Valérie Pécresse etwa, Präsidentin der Region Ile-de-France, die ihre Kandidatur schon angekündigt hat, ebenso wie Xavier Bertrand, der bei der Regionalwahl im April die Region Hauts-de-France im Norden des Landes überraschend verteidigte.

Noch ist unklar, ob durch eine parteiinterne Vorwahl entschieden wird, wer für den LR, der bei den Regionalwahlen überraschend stark abschnitt, antreten wird. Die meisten Kandidaten sind dafür, Bertrand indes sperrt sich dagegen und will sich wohl eher von Meinungsumfragen küren lassen, die ihm gute Chancen geben. Wer auch immer sich durchsetzt, trifft auf Amtsinhaber Emmanuel Macron, dessen schärfste Konkurrentinnen Marine Le Pen vom rechten Rassemblement National und wohl auch die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo sind, der Ambitionen für die Kandidatur der Sozialisten nachgesagt werden.

Wer immer sich bei der liberal-konservativen Partei Les Républicains durchsetzt, trifft auf Amtsinhaber Emmanuel Macron. 

Barnier kann auf Erfolge seiner langen politischen Karriere verweisen. So schaffte es der gebürtige Savoyer zusammen mit Skistar Jean-Claude Killy, die Olympischen Winterspiele 1992 ins heimatliche Albertville zu holen. In seinen zwei Amtszeiten als Mitglied der EU-Kommission in Brüssel brachte er die europäische Banken-Union voran. Und als Brexit-Verhandler gelang dem überzeugten Europäer das diplomatische Meisterstück, die Interessen der EU maximal zu wahren und trotzdem immer fair zu bleiben zu den Briten.

Wie zäh er sein kann, hat er in den Gesprächen mit London bewiesen. Manche Franzosen halten den passionierten Bergsteiger, der im vergangenen Jahr eine Covid-19-Erkrankung überstand, aber auch für stur und verschlossen. Und nicht alle glauben, sein europäischer Ruf gereiche ihm zum Vorteil – so schlecht, wie viele Franzosen auf die EU zu sprechen sind.

Im Mai schlug er vor, die Migration nach Europa drei Jahre lang komplett zu stoppen, bis auf ein paar «echte Flüchtlinge».

Deshalb weiss Barnier auch die nationale Karte zu spielen. Europa, das sei doch vor allem eine «französische Ambition», sagte er dem «Figaro». «Doch unser Einfluss geht seit Jahrzehnten zurück, anders als jener Deutschlands.» Er müsse systematisch wiederaufgebaut werden.

Notfalls kann Barnier auch hart sein. Im Mai schlug er vor, die Migration nach Europa drei Jahre lang komplett zu stoppen, bis auf ein paar «echte Flüchtlinge». Die Grenzen der EU seien für Kriminelle und Terroristen «durchlässig wie ein Sieb», schimpfte er. Auch jetzt, angesichts der Migration, die aus Afghanistan zu erwarten ist, warnt er, dass Frankreich «nicht die ganze Welt aufnehmen» könne. Und es sei auch nicht Aufgabe Europas, sondern der Nachbarstaaten, den Flüchtlingen Asyl zu gewähren.