Sieg für Frankreichs Konservative Plötzlich sind Le Pen und Macron nicht mehr die einzigen Favoriten
Nach der Regionalwahl in Frankreich spielen die Konservativen auf nationaler Ebene wieder mit. Und damit auch bei der nächsten Präsidentenwahl.
Die Hochrechnungen waren gerade erst ein paar Minuten alt, da trat Xavier Bertrand vor die Kameras und hielt eine Rede, die unmissverständlich nicht nur an die Wähler in seiner Region Hauts-de-France gerichtet war, sondern an die Menschen im ganzen Land. Bertrand sprach von einem «Weg der Hoffnung, der jetzt und heute seinen Anfang nimmt» und auf dem «das stolze, würdige, mutige Frankreich sein Schicksal wieder in die Hand nehmen wird».
Am Montag legte Bertrand dann nach, mit weniger Pathos, dafür mit einer klaren Ansage: Die Präsidentschaftswahl sei nun ein Dreikampf, sagte er der Zeitung «Les Échos». Also nicht mehr eine Wiederholung des Duells des amtierenden Präsidenten Emmanuel Macron gegen die rechtsextreme Marine Le Pen, sondern ein Kampf um die Stichwahl, in dem auch mit den Konservativen gerechnet werden muss.
Wahlkampf, als ginge es ums ganze Land
Sein Selbstbewusstsein zieht Bertrand aus dem soliden Sieg mit 52 Prozent der Stimmen nach dem zweiten Wahlgang, aber auch daraus, dass seine Region Hauts-de-France in den vergangenen Wochen wie ein nationales Politiklabor gewirkt hatte. Bertrand und seine politischen Gegner hatten in den Hauts-de-France, ganz im Norden Frankreichs, von Anfang an so Wahlkampf geführt, als ginge es ums ganze Land.
Präsident Emmanuel Macron hatte seinen Justizminister Éric Dupond-Moretti ins Rennen geschickt, das Rassemblement National (RN) ist in der Region ohnehin traditionell stark, und die Sozialisten, France Insoumise und Grüne hatten es geschafft, sich auf einer gemeinsamen Liste zu sammeln. Bertrand siegte also nicht allein auf weiter Flur, sondern gegen entschlossene Konkurrenz.
Bereits im März hatte Bertrand seine Präsidentschaftsambitionen klargemacht, sein Erfolg bei der Regionalwahl lässt den Konservativen, der 2005 bis 2007 Gesundheitsminister und von 2007 bis 2012 Arbeitsminister war, nun gestärkt ins Rennen gehen. Wobei sich am Montag abzeichnete, dass dem von Bertrand erhofften Präsidentschaftsdreikampf ein anderer Dreikampf vorausgehen wird.
Nicht nur Bertrand gehört nach der Regionalwahl zu den siegreichen Konservativen, sondern auch die wiedergewählte Präsidentin der Region Île-de-France, Valérie Pécresse, und der ebenfalls wiedergewählte Präsident der Region Auvergne-Rhône-Alpes, Laurent Wauquiez. Sowohl Bertrand als auch Pécresse sind nicht mehr Mitglieder der Republikaner, doch eine erfolgreiche Kandidatur stünde allen drei Kandidaten nur dann offen, wenn sie sich der Unterstützung der Partei sicher sein können.
Der Ausgang der Präsidentschaftswahl 2022 ist zurzeit so offen wie seit Monaten nicht.
Sollte es den Republikanern gelingen, sich zügig auf einen Kandidaten oder eine Kandidatin zu einigen, ohne sich dabei in Grabenkämpfen zu zerreiben, dann wirkt der Ausgang der Präsidentschaftswahl 2022 zurzeit so offen wie seit Monaten nicht.
In einer Ipsos-Umfrage vom Sonntag werden zwar immer noch Le Pen und Macron als Favoriten genannt (beide mit jeweils 24 Prozent Zustimmung), Bertrand kommt jedoch mit 18 Prozent Zustimmungswert auf Platz drei. Und so hat eine Wahl, an der nur eine Minderheit der Bürger sich beteiligte, Bewegung in die politische Landschaft Frankreichs gebracht.
Auch die Sozialisten haben wieder Hoffnung
Sogar die Sozialisten sehen ein «Wiedererwachen der Hoffnung», wie es ihr Vorsitzender Olivier Faure nennt. Der Partei ist es gelungen, ihre fünf Regionen zu halten. In der Region Occitanie erzielten die Sozialisten sogar den klarsten Sieg überhaupt: Sie wurden mit 58 Prozent der Stimmen wiedergewählt.
Für Macrons Regierungspartei La République en Marche (LREM) und für Le Pens Rassemblement National (RN) war die Wahl hingegen ein Debakel. LREM kam im zweiten Wahlgang landesweit auf nur 7 Prozent der Stimmen. Der RN erzielte zwar zusammengerechnet 20 Prozent, konnte jedoch entgegen den Prognosen keine Region gewinnen.
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