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Siege für die Volksparteien
Ohrfeige für Le Pen und Macron bei Regionalwahlen in Frankreich

Das Rassemblement National von Marine Le Pen war zwar in der Mehrheit der Regionen die zweitstärkste Partei, lag jedoch in jeder Region klar abgeschlagen hinter den Siegern.
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Die Appelle der Politiker hatten sich die vergangene Woche über fast schon wie ein Flehen angehört, doch sie wurden nicht gehört. Auch bei der zweiten ­Runde der Regionalwahlen gab die grosse Mehrheit der Franzosen keine Stimme ab. Die Zahl der Nichtwähler erreichte dabei die Rekordhöhe von 66 Prozent, ­genauso viele also wie bei der ersten Runde am 20. Juni.

Als Gründe für die niedrige Wahlbeteiligung wurde von den Meinungsforschungsinstituten zum einen der Zeitpunkt der Wahlen ausgemacht, die wegen der Pandemie verschoben worden waren. Zudem konnte der Wahlkampf nur in reduzierter Form geführt werden. Und schliesslich gelten die Regionalwahlen ohnehin als Stiefkind der französischen Demokratie. Die Bürger lassen sich für die Präsidentschaftswahlen mobilisieren, auch für die Kommunal- und für die Parlamentswahlen – doch wer die Regionen regiert, interessiert deutlich weniger.

So ausgeprägt wie dieses Mal war das Desinteresse allerdings noch nie. Der Vergleich mit den vorigen Regionalwahlen 2015 zeigt einen Rückgang der Wahlbeteiligung um gut 16 Prozentpunkte. 2015 gaben im ersten Wahlgang knapp 50 Prozent der Franzosen ihre Stimme ab. 2021 waren es nun 33 Prozent.

«Grosse Lektion in Demut»

Vor allem jene Parteien, die als Verlierer aus dem Wahlabend gingen, betonten, dass es nicht in erster Linie die eigenen Kandidaten gewesen seien, die eine Niederlage erlitten hätten, sondern die demokratischen Institutionen als Ganzes. So sprach Marlène Schiappa von der Regierungspartei La République en Marche, beigeordnete Ministerin und erfolglose Kandidatin in der Region Île-de-France, von einer «grossen Lektion in Demut». Jordan Bardella, Vize-Vorsitzender von Marine Le Pens rechtsextremen Rassemblement National (RN) und ebenfalls erfolgloser Kandidat, sagte, die geringe Wahlbeteiligung sei ein «Scheitern für die Gesamtheit der politischen Klasse». Sowohl ­Bardella als auch Le Pen warfen der Regierung vor, die Wahlen schlecht vorbereitet zu haben.

Weder der Regierungspartei La République en Marche (LREM) noch dem RN gelang es, eine ­Region zu gewinnen. Die von Präsident Emmanuel Macron ­gegründete Partei schnitt noch schlechter ab als erwartet: LREM kam, wenn man die Ergebnisse aller Listen landesweit zusammenzählt, auf 7 Prozent der Stimmen. Le Pens Partei war zwar in der Mehrheit der Regionen die zweitstärkste Partei, lag jedoch in jeder Region klar abgeschlagen hinter den Siegern.

In der Region Provence-­Alpes-Côte d’Azur (PACA) wurde mit ­einem knappen Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem rechts­extremen Kandidaten Thierry Mariani und dem Republikaner Renaud Muselier gerechnet. Stattdessen gewann der Konservative Muselier; er holte 56,8 Prozent der Stimmen.

Xavier Bertrand hat bereits seine Präsidentschaftskandidatur bekannt gegeben.

Die Konservativen konnten alle sieben Regionen halten, die sie bereits 2015 gewonnen hatten, ihre Listen kamen landesweit auf 38 Prozent der Stimmen. Xavier Bertrand, der in Hauts-de-­France mit 53 Prozent der Stimmen klar siegte, präsentierte sich am Sonntagabend mit unverhohlenen nationalen Ambitionen: «Hier und jetzt» zeige sich eine neue «Hoffnung». Bertrand hat bereits seine Präsidentschaftskandidatur bekannt gegeben.

Auch die Sozialisten, neben den Republikanern die zweite grosse Volkspartei, deren Schwäche Macrons Wahlsieg 2017 erst möglich machte, sehen sich nun gestärkt. Sie konnten ihre fünf Regionen halten. Gemeinsam mit den französischen Grünen kommen sie landesweit auf mehr als 30 Prozent der Stimmen. Das vergleichsweise starke Abschneiden der Republikaner und der links-grünen Bündnisse beim gleichzeitigen relativ schwachen Abschneiden der Macron- und Le-Pen-Listen führt dazu, dass die Präsidentschaftswahl 2022 in neuem Licht erscheint. Ein Duell Macron gegen Le Pen erscheint weniger unausweichlich als noch vor ein paar Wochen.