Rahmenabkommen mit der EUNun ergreifen die Befürworter die Flucht nach vorn
Die Aussenpolitiker des Parlaments fordern vom Bundesrat Auskunft zum weiteren Fahrplan mit der EU. Trotz breiter Kritik seien die Chancen eines Rahmenabkommens intakt, finden die Kantone.
Trotz lauter Kritik am Rahmenabkommen muss der Bundesrat den Abschluss vorantreiben. Das verlangt Tiana Angelina Moser, Präsidentin der aussenpolitischen Kommission des Nationalrats. «Ich erwarte, dass der Bundesrat uns an der nächsten Sitzung über das weitere Vorgehen informiert», sagt Moser. «Die Kommission will wissen, wann die demokratische Debatte über das Rahmenabkommen verbreitert wird und das Parlament zum Zug kommt.»
Die Antworten muss Aussenminister Ignazio Cassis am 18. Oktober liefern; wenige Tage zuvor wird der Bundesrat beschliessen, wie er beim Rahmenabkommen weiter verfahren will. Es sei realistisch, bis Ende Jahr die drei offenen Punkte mit der EU zu bereinigen und den Vertrag danach dem Parlament zu unterbreiten, findet Moser. Diesen zügigen Fahrplan wollen die Grünliberalen dem Bundesrat per Vorstoss im Parlament verordnen. Selbst wenn der Bundesrat mit den Antworten aus Brüssel auf seine Vorschläge nicht zufrieden sein sollte, dürfe er das Abkommen nicht ohne Einbezug des Parlaments blockieren, sagt Moser.
GLP: «Wer herumnörgelt, trägt die Verantwortung»
Harte Kritik am Abkommen, wie sie der Präsident der CVP neuerdings wieder äussert (lesen Sie hier, warum Gerhard Pfister dem Rahmenabkommen kaum Chancen gibt), wischt Moser weg. Die Schweiz sei zunehmend eingebettet in Europa, und sie profitiere stark davon. «Wer bewusst an Details herumnörgelt und eine Lösung torpediert, trägt die Verantwortung für die Konsequenzen für den Wirtschafts- und Forschungsplatz Schweiz», sagt die Grünliberale, die auch ablehnende Stimmen von links scharf kontert: «Die Gewerkschaften fordern Schutz für die Löhne von Arbeitsplätzen, die es ohne Marktzugang teilweise gar nicht mehr geben wird.»
Doch ist der Bundesrat gespalten, während die SVP das Rahmenabkommen fundamental ablehnt und FDP, CVP, SP, Grüne und Sozialpartner substanzielle Zugeständnisse von der EU fordern. Das bedeute den klinischen Tod für das Vertragswerk, lautete der Tenor im Umfeld der Abstimmung über die Begrenzungsinitiative vom Sonntag. Trotz der schwierigen Ausgangslage gibt Moser den Vertrag mit der EU noch nicht verloren.
«Ich habe keine Angst davor, mit dem Rahmenabkommen in eine Volksabstimmung zu gehen.»
«Es ist immer ein weiter Weg vom Beginn einer Debatte bis zu einer Volksabstimmung», relativiert die Grünliberale. «Ich habe keine Angst davor, mit dem Rahmenabkommen in eine Volksabstimmung zu gehen. Es lässt sich gut erklären, warum die Schweiz das braucht und wie es funktioniert.» Die Mechanik des Schiedsgerichts, in welchem Pfister einen inakzeptablen Souveränitätsverlust ortet, bezeichnet Moser als clevere und faire Lösung: «Statt der heutigen Rundumschläge könnte die EU in Zukunft nur noch streng begrenzte Ausgleichsmassnahmen ergreifen.»
Zurückhaltender äussert sich FDP-Chefin Petra Gössi, die aber den CVP-Präsidenten ebenfalls kritisiert: «Das Rahmenabkommen jetzt schon totzusagen, ist eine unnötige Schwächung des Bundesrats. Der Ball liegt bei ihm, er soll jetzt seine Strategie gegenüber der EU festlegen.» Das deutliche Nein zur Begrenzungsinitiative hingegen stärke den Bundesrat. «Er muss gegenüber der EU eine schwierige Position vertreten, aber er muss es probieren», sagt Gössi. «Gelingt keine Einigung, wird er einen anderen Weg suchen müssen, um den bilateralen Weg auf einer guten Schiene weiterzuführen.»
Kantone wollen mitreden
Obwohl die EU zur Eile drängt, wollen die Kantone aber noch einmal mitreden können. «Der Bundesrat hat mehr Chancen auf Erfolg in Brüssel, wenn er mit einer Mehrheit im Rücken vorspricht», sagt Christian Rathgeb, Präsident der Konferenz der Kantonsregierungen. «Wir erwarten, dass der Bundesrat das weitere Vorgehen skizziert und dann noch einmal auf die Kantone und die Sozialpartner zukommt.» Der Bündner FDP-Regierungsrat schreibt das Rahmenabkommen ebenfalls nicht ab. «Es bleibt eine Herausforderung, für den Vertrag eine Mehrheit in einer Volksabstimmung zu finden», sagt Rathgeb. «Aber mit Klärungen bei den drei offenen Punkten wären die Chancen aus Sicht der Kantone intakt.»
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