Zwei alte Rivalen spannen zusammenMurrays erstaunliche Kehrtwende: Er stellt Djokovic über seine Familie
Nicht einmal vier Monate nach seinem Rücktritt wird Andy Murray neuer Coach von Novak Djokovic. Dabei hatte er gerade noch betont, wie sehr er seinen Ruhestand geniesst.
- Murray wird überraschend Coach von Djokovic nach seiner Pensionierung im Tennis.
- Die Partnerschaft soll Djokovic neue Motivation bringen.
- Die Zusammenarbeit sorgt für positive britische Medienresonanz für Djokovic.
Die Nachricht kam aus dem Nichts. An einem 1. April wäre sie von den meisten als Scherz abgetan worden. Aber es war Samstag, der 23. November. Nicht einmal vier Monate nachdem Andy Murray seine Karriere an den Olympischen Spielen in Paris beendet hat, wird er der neue Coach von Novak Djokovic. Der Schotte soll nochmals das Feuer entfachen in Djokovic, der mit 37 alles gewonnen hat, was es zu gewinnen gibt, und zuletzt keine Lust auf Tennis mehr zu haben schien. Sogar die ATP-Finals in Turin, für die er qualifiziert gewesen wäre, liess er aus.
Die neue Partnerschaft kündigte Djokovic auf den sozialen Medien mit einem Video an, das er mit pathetischen Worten unterlegte: «Wir spielten gegeneinander, seit wir Jungs waren. 25 Jahre lang waren wir Rivalen. Wir trieben uns gegenseitig über unsere Grenzen hinaus. Wir hatten einige der epischsten Kämpfe in unserem Sport. Man sagte, wir hätten das Spiel verändert, grosse Risiken auf uns genommen, Geschichte geschrieben. Ich dachte, unsere Story sei zu Ende. Nun hat sich herausgestellt, dass sie ein letztes Kapitel hat. Es ist an der Zeit, dass einer meiner härtesten Gegner in meine Ecke tritt: Willkommen an Bord, Coach Andy Murray.»
Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.
An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
So unterschiedlich die beiden in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden, Djokovic und Murray haben viele Gemeinsamkeiten und verstanden sich stets gut. 1987 nur sieben Tage auseinander geboren, schafften es beide als Aussenseiter auf die Profitour. Djokovic aus dem kriegsgeplagten Jugoslawien, Murray aus der Tennisprovinz im schottischen Dunblane. Beide mussten früh ausziehen, um ihre Träume von Tennisprofi zu realisieren. Djokovic flüchtete mit 12 nach Deutschland in die Akademie von Niki Pilic, Murray zog mit 15 nach Barcelona in die Akademie von Emilio Sanchez und Sergio Casal.
Als sie mit elf erstmals gegeneinander spielten, war Murray überlegen. Als Profi wurde er dann von Djokovic überflügelt. Der Serbe gewann 25 ihrer 36 Duelle, doch Murray feierte gegen Djokovic zwei seiner süssesten Siege: am US Open 2012 und in Wimbledon 2013 schlug er ihn im Final und gewann so seine ersten zwei Grand-Slam-Titel.
Der Schotte verdankte seine Erfolge auch seinem taktischen Genie. Er liess nichts unversucht, sein Spiel zu verbessern, schaute stundenlang Videos und wertete Daten aus. Dass er früher oder später einmal Coach werden würde, war klar. Dass es so schnell passieren würde, überrascht nun aber doch.
Im September hatte Murray noch anders geklungen
In einem BBC-Interview hatte er im September noch betont, wie sehr er seine Freizeit geniesse, und tun zu können, was er wolle: «Ich kann mich meinen Kindern widmen und habe Zeit, um Golf zu spielen oder ins Fitnessstudio zu gehen. Das ist wirklich schön. Ich hatte erwartet, dass mir der Ruhestand schwerfallen würde, dass ich das Tennis sehr vermissen würde und ich unbedingt auf den Court zurückkehren wollte. Bis jetzt war es das komplette Gegenteil von dem, was ich dachte.»
Murray sagte auch, dass er jeweils ein schlechtes Gewissen gehabt habe, wenn er für drei, vier Wochen in die Ferne gereist und seine vier Kinder und seine Frau Kim zu Hause gelassen habe. Genau das tut er nun: Anfang Januar wird er wieder seine Koffer packen und ans andere Ende der Welt fliegen, wo er Djokovic am Australian Open (12. bis 26. Januar) zu seinem 25. Grand-Slam-Titel verhelfen soll. Bereits die Vorbereitung wird der Serbe unter dem wachsamen Blick des Schotten bestreiten.
Djokovic trennte sich im März von Erfolgscoach Goran Ivanisevic, der kürzlich mit der Kasachin Jelena Rybakina eine neue Herausforderung fand. Mit dem Olympiasieg in Paris Anfang August fügte der Serbe das letzte fehlende Stück seinem Erfolgspuzzle hinzu. Auf der ATP-Tour hingegen tat er sich zusehends schwerer, brausten die jungen Jannik Sinner und Carlos Alcaraz an ihm vorbei. 2024 gewann er auf der Tour keinen einzigen Titel und rutschte auf Rang 7 zurück.
Sie wollen es den Jungen nochmals zeigen
Von der Partnerschaft mit Murray dürfte er sich nebst taktischen Tipps auch neue Motivation versprechen. Zudem ist es ein genialer PR-Move. Damit bringt Djokovic die britische Presse, die ihm nie günstig gesinnt war, auf einen Schlag auf seine Seite. Zwei ehemalige Rivalen, die im Karriereherbst des einen zusammenspannen, um es den Jungen nochmals zu zeigen. Die Tennissaison 2025 hat schon eine erste spannende Storyline.
Fehler gefunden?Jetzt melden.