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Nachhaltigkeit auf dem Bau
Leiser Riese: Noch ist der Elektrobagger eine Seltenheit

Eine Baustelle fast ohne Lärm: Der Elektrobagger hält mit kurzem Zwischenladen über Mittag einen vollen Arbeitstag durch. 

Auf der Baustelle oberhalb des Thunersees ist es auffällig ruhig. Zwar hört man, wie der Bagger Erde und Steine ausbuddelt. Doch das charakteristische Motorengeräusch fehlt – in der Luft liegt lediglich ein leises Surren. Erst bei näherem Hinsehen erkennt man: Dieses Modell fährt offensichtlich nicht mit Diesel, sondern mit Strom aus einer Batterie. Noch ist das in der Schweiz eine Seltenheit, denn anders als auf der Strasse hält der Elektroboom auf dem Bau nur langsam Einzug.

Entsprechend schwierig war es für den Bauherrn aus Spiez BE, Syril Eberhart, für seine Baustelle einen Elektrobagger zu finden. Der Elektroingenieur, der beruflich Solaranlagen plant, wollte den Anbau an sein Elternhaus möglichst umwelt- und lärmschonend gestalten. «Ich habe einige Tiefbauer angerufen und gefragt. Aber die haben alle abgewinkt und gesagt, sie haben davon noch nie gehört, sie kennen das nicht und wüssten auch nicht, wo sie einen herbekommen», erzählt Eberhart. Erst nach längerer Suche fand er eine Baufirma, die mit einem eigens angemieteten Elektrobagger mit dem Arbeiten beginnen konnte.

Insgesamt sind in der Schweiz bislang nur einige wenige Elektrobagger im Einsatz, sagt Stefan Schneider. Er ist Geschäftsführer des ETH-Spin-offs Suncar, das konventionelle Bagger von Herstellern wie Hitachi oder Takeuchi in Kleinserien auf Elektrobetrieb umrüstet. Haupteinsatzgebiete sind bislang autofreie Bergorte wie Saas-Fee oder Zermatt, die auf Baustellen auf Elektromobilität setzen, um Abgase zu vermeiden. Zudem kommen kleine Modelle bei Abbrucharbeiten in Innenräumen zum Einsatz. Dort machen sie sich bezahlt, weil die Bauunternehmen dann auf aufwendige Lüftungsanlagen für die Abgase verzichten können.

Ein Elektrobagger soll 90 Prozent weniger Kohlendioxid ausstossen als einer mit Dieselmotor.

Grund für den zögerlichen Einsatz der neuen Technologie sind vor allem die hohen Anschaffungskosten. Ein Elektrobagger kostet zunächst etwa doppelt so viel wie ein Dieselbagger. «Aber wenn man über die Lebensdauer Energiekosten und Wartungskosten mit einrechnet, ist der Elektrobagger am Ende gleich teuer wie ein anderer», sagt Schneider. Noch sind es daher vor allem umweltbewusste Baufirmen, die auf die Stromer setzen. Doch wenn die Anschaffungskosten sinken und die Ölpreise anziehen, so Schneider, könne man mit dem Elektrobagger Geld sparen.

Schweiz ist zögerlich, Norwegen gibt Gas

Andere Länder versuchen, den Stromern auf dem Bau mit Regulierung zum Durchbruch zu verhelfen: In Norwegen etwa dürfen öffentliche Baustellen nicht mehr mit fossilen Brennstoffen betrieben werden. Entsprechend boomt der Einsatz von Elektromaschinen. In Holland hatte ein Gericht kurzerhand einen Baustopp für Baustellen verfügt, die Emissionsrichtlinien verletzen. Auch das hat die Nachfrage nach Elektrogeräten angetrieben. Denn ein Elektrobagger stösst nach Angaben von Suncar 90 Prozent weniger klimaschädliches Kohlendioxid aus als ein dieselbetriebener Bagger. In der Schweiz gibt es jedoch keine vergleichbaren bundesweiten Vorgaben für Baustellen.

Die grösste Schweizer Baufirma Implenia setzt bislang vor allem auf konventionelle Antriebe: «Wir verfolgen die Entwicklungen in der Baumaschinenbranche hinsichtlich E-Mobility mit grossem Interesse, stellen jedoch fest, dass bisher nur kleinere Maschinen, wie Radlader, elektrifiziert wurden. Diese Maschinengrössen sind für unsere Bauverfahren nur in begrenztem Umfang geeignet», sagt eine Sprecherin. Doch das dürfte sich in den kommenden Jahren ändern. Denn Baumaschinenhersteller gehen dazu über, auch elektrische Bagger in Serie zu fertigen und das zunehmend nicht nur für kleine, sondern auch für grössere Modelle.

Rein technisch sind dem Elektroantrieb dabei fast keine Grenzen gesetzt, wie ein Blick auf ganz grosse Baumaschinen für den Tunnelbau und Minen zeigt. Sie werden oftmals hybrid in einer Mischform zwischen Diesel und Strom oder vollelektrisch betrieben. Das hat seinen Grund: Denn die Maschinen sind durchgehend im Einsatz und jeder Ausfall kostet Geld. Daher sind Elektromotoren hier wegen der geringeren Wartungsarbeiten und der niedrigeren Energiekosten günstiger. Auch Implenia setzt im Tunnelbau teilweise auf E-Geräte.

«Ab etwa 2025 wird man auf den Baustellen auch elektrische Maschinen sehen.»

Stefan Schneider, Geschäftsführer Suncar

Bis der Elektroboom so richtig von den Schweizer Strassen auf die Baustellen überschwappt, dürfte es nach Einschätzung von Suncar-Geschäftsführer Schneider noch einige Jahre dauern. «Ab etwa 2025 wird man auf den Baustellen auch elektrische Maschinen sehen, so wie jetzt die Elektroautos, die durch Zürich fahren.» Denn dann seien auch genügend Geräte grosser Baumaschinenhersteller mit elektrischem Antrieb verfügbar.

Auf der Baustelle am Thunersee ist der Elektroboom bereits angekommen. Für Bauherr Eberhart war das Projekt ein Erfolg: Nachbarn und Freunde waren begeistert von der lärmarmen Bauweise, und auch der Baggerfahrer überwand seine anfängliche Skepsis, was Leistung und Batterielaufzeit betraf. «Jetzt ist er sehr begeistert», sagt Eberhart. Der Bagger hielt mit kurzem Nachladen über Mittag ohne Probleme einen vollen Arbeitstag durch.