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FPÖ-Posse ums Impfen
Nicht geimpft und stolz darauf

Keine Impfung gegen Covid-19: FPÖ-Chef Herbert Kickl präsentiert das Ergebnis seines Antikörpertests.
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Wer heute im Livestream des FPÖ-Fernsehens auf den Parteichef wartete, der eine «persönliche Erklärung» angekündigt hatte, wurde minutenlang mit Musik im Stil eines Cowboy-Films unterhalten. Die Spannung erhöhte sich dadurch allerdings nicht nennenswert. Denn schon vor dem Auftritt von FPÖ-Chef Herbert Kickl war eigentlich klar gewesen, dass diese Inszenierung nur eines bedeuten konnte: Der Politiker würde mittels eines Antikörpertests beweisen, dass er nicht geimpft ist.

Und so kam es auch. Kickl beschimpfte erst ausgiebig einen «pfauenhaften PR-Berater» aus dem Umfeld der ÖVP, der angedeutet hatte, Kickl habe sich heimlich impfen lassen – und der damit seine, Kickls, Glaubwürdigkeit untergraben habe. Dann liess er ein Video einspielen, das ihn bei der Blutabnahme zeigt, wonach ein Arzt bestätigte, der Bluttest zeige eindeutig, dass keine Impfung gegen Covid-19 vorgenommen worden sei. Später legte Kickl noch ein entsprechendes Dokument vor. (Lesen Sie zu Kickl den Artikel «Politiker ohne Beisshemmung».)

Der Auftritt war der vorläufige Höhepunkt in einer Posse, die sich nur vordergründig um die Frage dreht, ob mehrere FPÖ-Politiker sich heimlich eine Spritze gegen das Coronavirus haben setzen lassen. Boulevardmedien hatten in den vergangenen Tagen berichtet, es gebe eine «Impfrebellion» in der Partei, die sich öffentlich an die Spitze der Impfskeptiker gestellt hat und eine «Stigmatisierung Ungeimpfter» ablehnt. Zahlreiche hochrangige Mitglieder seien geimpft, würden das aber nicht zugeben.

Tatsächlich räumte etwa der FPÖ-Europaparlamentarier Harald Vilimsky ein, er sei geimpft, weil seine vielen Auslandsreisen ihn zu einem «Opfer des indirekten Impfzwangs» gemacht hätten. Der Wiener Parteichef Dominik Nepp hingegen verweigerte eine Antwort, er mache den «Impfstriptease» nicht mit.

Kickl hat mittlerweile den ÖVP-nahen PR-Berater Wolfgang Rosam, von dem er sich fälschlicherweise geoutet sah, auf Widerruf verklagt. Kickls Antikörpertest soll nun offenbar weitere Munition im Kampf um die Deutungshoheit in der Corona-Pandemie bringen.

Kickl empfiehlt, viel an die frische Luft zu gehen und sich mit Vitaminen und Bitterstoffen gegen das Virus zu schützen.

In Österreich sind bisher nur rund 60 Prozent der Bevölkerung vollständig gegen das Coronavirus geimpft. Die Regierungspartei ÖVP macht Corona-Leugner, die von der FPÖ unterstützt werden, für das Stocken der Impfkampagne verantwortlich.

Die FPÖ ist die einzige der österreichischen Parlamentsparteien, die einen gemeinsamen Appell an die Bevölkerung, sich dringend impfen zu lassen, nicht mittragen wollte. Kickl insbesondere tritt regelmässig als Corona-Skeptiker hervor. Er bestreitet die hohe Wirksamkeit und die Sicherheit der Impfstoffe und rät als selbst ernannter Medizinexperte, sich stattdessen viel an der frischen Luft aufzuhalten und mit Vitaminen und Bitterstoffen gegen das Virus zu kämpfen.

Heftiger Schlagabtausch im Parlament

Bei der ersten Nationalratssitzung nach der Sommerpause am Mittwoch kam es auch deswegen zu einem heftigen Schlagabtausch mit Innenminister Karl Nehammer (ÖVP): Dieser entzog Kickl öffentlich «das Du-Wort, das wir beide gegenseitig gern gepflegt haben». «Letztklassig» sei es, wie Kickl sich über die Corona-Politik äussere. Der Rechtspopulist hatte zuvor von «3-G-Theater», Druck, Repressalien und einer «Betrugsübung» gegen die Bevölkerung gesprochen.

Allerdings ist die FPÖ mit Kritik am tatsächlich chaotischen Corona-Management der Regierung nicht allein. Die «Kleine Zeitung» schrieb unlängst vom «Irrgarten der Pandemie» und fing sich gleich mal – per Textnachricht an den Chefredakteur – eine Watsch’n vom Kommunikationschef des Kanzlers ein. Sebastian Kurz mag Kritik nicht sonderlich. Zudem sind an diesem Sonntag in Oberösterreich Landtagswahlen, und die ÖVP will Corona-Skeptiker nicht mit allzu konsequenten Massnahmen verprellen.

Auch der oberösterreichische FPÖ-Chef und Spitzenkandidat Manfred Haimbuchner, der im Frühjahr mit einer Corona-Infektion auf der Intensivstation gelegen hatte, mag die Impfung nicht als «Gamechanger» anerkennen. Er fürchtet Konkurrenz von rechts aussen: Eine Corona-skeptische Liste mit dem Namen «Menschen Freiheit Grundrechte Oberösterreich» könnte nun in den Linzer Landtag einziehen.