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Neuer Chef der FPÖ
Politiker ohne Beisshemmung

Fundamentalopposition gegen Kanzler Sebastian Kurz: FPÖ-Fraktionschef Herbert Kickl im österreichischen Nationalrat.
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Unlängst, als Norbert Hofer wegen seiner Rückenbeschwerden auf Kur war, stellte Herbert Kickl, Fraktionschef der rechtspopulistischen FPÖ im Parlament, mal wieder fest, er könne sich gut vorstellen, Hofer zu werden: also Parteichef.

Es war eine von vielen Attacken gegen einen Vorsitzenden, den er als zu kompromisslerisch, zu erfolglos, zu wenig aggressiv in Flüchtlings- und Pandemiefragen empfindet. Hofer, der das als Foul ansah, reagierte beleidigt mit einem Sprichwort: «Wenn die Katze aus dem Haus ist, haben die Mäuse Kirtag.» Kickl konterte cool mit dem Verweis auf einen Comic: Ihn erinnere der Satz an «Tom und Jerry». Da gewinne praktisch immer die Maus. Hofer trat am Mittwoch prompt entnervt zurück.

Mit seiner aggressiven Anti-Covid-Politik konnte Kickl zuletzt selbst Massen mobilisieren.

Damit ist schon vieles gesagt über Herbert Kickl: Er betrachtete sich lange als einen, der kleiner, aber auch schlauer und wendiger ist als andere, aber keine hohen Sympathiewerte geniesst. Die meisten Menschen mögen schliesslich Katzen lieber als Mäuse.

Kickl galt als Mastermind in der zweiten Reihe: Der langjährige Generalsekretär stand hinter Kampagnen wie «Daham statt Islam» oder «Wien darf nicht Istanbul werden». Und er verkaufte jene gut, die für die Rechtspopulisten Wählerstimmen holen sollten, erst Jörg Haider, später Heinz-Christian Strache.

Aber Haider ist lange tot, Strache nach dem Ibiza-Video in Schimpf und Schande davongejagt, und Ex-Chef Norbert Hofer, der umgänglich wirkende Burgenländer, gilt in weiten Teilen der FPÖ als zu regierungsnah, als einer mit Beisshemmung.

FPÖ legt in Umfragen zu

Wenn Kickl etwas nicht hat, dann ist es eine Beisshemmung. (Lesen Sie dazu das Porträt «Ein rechter Scharfmacher».) Die ÖVP unter Kanzler Sebastian Kurz ist wegen zahlreicher Skandale und staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen angeschlagen, die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie dürften sich in den kommenden Monaten zeigen. Und mit seiner aggressiven Anti-Covid-Politik konnte Kickl zuletzt selbst Massen mobilisieren.

Auf Demonstrationen, auf denen er keinerlei Scheu vor der Nähe zu Neonazis oder Identitären zeigt, steht jetzt der neue «Volkstribun», wie ihn das Magazin «Profil» nennt, auf der Bühne. Er brüllt gegen «Corona-Stahlhelme» und «Plandemie», befeuert Impfgegner und Kurz-Hasser und wettert gegen die «Angstmacherregierung». Die Umfragen geben ihm recht; die FPÖ legt zu.

Am kommenden Montag entscheidet das Parteipräsidium, wie es weitergeht. Allgemein wird davon ausgegangen, dass der 52-Jährige demnächst, um im Bild zu bleiben, Katze und Maus, Rampensau und Strippenzieher in einem sein dürfte.

«Ich kann nichts, aber ich kann alles lernen.»

Herbert Kickl

Dabei gab es einige Einbrüche in der Karriere, nicht zuletzt während der kurzen, türkis-blauen Regierungskoalition zwischen 2017 und 2019. Kickl, eigentlich ausgewiesener Sozialpolitiker, wurde unter Kurz und Vizekanzler Strache Innenminister. Eine von ihm initiierte Razzia im Bundesamt für Verfassungsschutz, durchgeführt von einer Polizeieinheit für Strassenkriminalität, beschädigte nicht nur den Ruf des österreichischen Geheimdienstes, sondern auch den von Kickl.

Mit radikalen Vorschlägen zur Asyl- und Migrationspolitik machte Kickl immer wieder Schlagzeilen, so forderte er eine nächtliche Ausgangssperre und eine Sicherungshaft für Asylbewerber und benannte Erstaufnahmezentren in «Ausreisezentren» um. Nach der Veröffentlichung des Ibiza-Videos im Mai 2019 zerbrach die Regierungskoalition, und Kickl wurde wieder Nationalratsabgeordneter, dann Fraktionschef.

Der Vater eines Sohnes hat einst in Wien Publizistik, Politik und später Philosophie studiert, das Studium aber abgebrochen. In der FPÖ wird er gleichwohl bisweilen als «Philosoph» bezeichnet. Das Onlinemagazin «Vice» hat einmal einen Test gemacht: Welcher Spruch ist von Kickl, welcher von Platon? «Ich kann nichts, aber ich kann alles lernen» stammt demnach nicht vom Griechen, sondern vom FPÖ-Mann. Da hat sich einer noch viel vorgenommen.