Neues Zürcher JagdgesetzGut für den Feldhasen, schlecht für den Kormoran
Herbstzeit ist Jagdzeit. In Zürich steht diese erstmals im Zeichen des neuen Jagdgesetzes. Was hat sich konkret geändert?
Anfang Monat startete die Saison der Bewegungsjagden im Kanton Zürich. Sie findet erstmals nach den Regeln des neuen Jagdgesetzes statt. Das alte Gesetz stammte noch aus dem Jahr 1929.
Wie hat sich der Alltag eines Jägers oder einer Jägerin deswegen verändert?
Auch am Sonntag auf die Pirsch
Bisher durften Jäger und Jägerinnen am Sonntag nicht auf die Pirsch gehen. Neu dürfen sie dies. Allerdings besteht keine Gefahr, dass man beim Sonntagsspaziergang dadurch gestört wird, denn erlaubt ist das Jagen nur zu Randstunden, am frühen Morgen oder abends. Auch ist nur die Einzeljagd erlaubt. Bewegungsjagden mit mehreren Jägern und Treibern sind am Sonntag weiterhin nicht zugelassen.
Laut dem Zürcher Jagdadjunkt Jürg Zinggeler kommt diese Lockerung den Bedürfnissen vieler Jäger und Jägerinnen entgegen, insbesondere jenen, die noch berufstätig sind. Denn Jagen darf zwar nur, wer eine entsprechende Ausbildung hat. Doch wird sie im Milizsystem, also in der Freizeit, betrieben. Zinggeler hofft, dass sich diese Neuerung positiv auf den Nachwuchs auswirkt, halten sich doch die Neuzugänge mit jenen, die mit der Jagd aus Altersgründen aufhören, nicht die Waage.
Jagd auf Feldhase verboten
Neu ist die Jagd auf gefährdete und potenziell gefährdete Tiere nicht mehr gestattet. In Zürich betrifft das eigentlich nur den Feldhasen, der ohnehin kaum mehr gejagt wurde. 2021 wurde laut eidgenössischer Jagdstatistik im Kanton Zürich nur gerade ein Wildhase erlegt. Feldhasen kommen den Jägern ohnehin kaum mehr vor die Flinte. Ihr Bestand wird in Zürich noch auf etwas über 600 geschätzt. Mit rund 300 Tieren hoppeln im Weinland noch am meisten umher.
Kormorane dürfen bejagt werden
Regulär jagdbar sind seit kurzem die Kormorane. Allerdings darf nicht jeder Fischer auf den schwarzen Wasservogel schiessen, weil er ihm die Fische wegfrisst. Das ist nur dem jeweiligen Revierjäger erlaubt. In diesem Jahr wurden im Kanton Zürich laut Zinggeler 31 Kormorane geschossen. Fünf weitere wurden als Fallwild notiert, sie sind also durch einen Unfall oder durch Krankheit gestorben und dem Jäger gemeldet worden.
Wie viele Kormorane dieses Jahr geschossen werden sollen, schreibt der Kanton nicht vor. Solche quantitativen Abschusszahlen gibt es nur für die Rehe. Bei den anderen Wildtieren liegt es in der Verantwortung des zuständigen Jägers, den Bestand gemäss qualitativer Vorgaben des Kantons zu regulieren.
Keine Baujagd mehr
Die Baujagd ist nun im Kanton Zürich verboten. Es ist also nicht mehr erlaubt, dass ein Jäger seinen Hund in den Fuchs- oder Dachsbau schickt, um das Wildtier aus seiner Höhle zu treiben. Grund ist der Tierschutz. Und zwar sowohl für den Hund als auch für das bejagte Tier, da diese sich gegenseitig zuweilen schwere Verletzungen zufügen. «Ein gewissenhafter Jäger setzt seinen Hund und das Wildtier nicht dieser Gefahr aus», sagt Zinggeler.
Ein generelles Verbot der Baujagd wird derzeit auf eidgenössischer Ebene diskutiert. Sie sei ohnehin nicht mehr häufig praktiziert worden, ergänzt der Jagdadjunkt. In Zürich wurden vergangenes Jahr nur rund dreissig Füchse auf diese Art erlegt.
Mehr Spielraum bei Bewegungsjagden
Bisher war die Zahl der Bewegungsjagden mit Schrot in der Zeit vom 1. Oktober bis Ende Dezember auf zwei beschränkt. Auch war festgelegt, wie viele Jägerinnen und Jäger sowie Treiberinnen und Treiber daran teilnehmen dürfen. Solche detaillierten Vorschriften fallen jetzt weg.
Selbsthilfe der Bauern eingeschränkt
Bisher durfte der Bauer einen Dachs, der sein Maisfeld plündert, oder eine Wildsau, die seinen Acker umpflügt, im Umkreis von 100 Metern um das Wohngebäude beziehungsweise den Stall oder die Scheune erlegen. Dies ist neu nicht mehr erlaubt. Für solche Selbsthilfeaktionen braucht es einen Treffsicherheitsnachweis, der jedes Jahr erneuert werden muss. Auch dürfen solche Abschüsse nur mit jagdlichen bewilligten Waffen ausgeführt werden.
Weg mit Stacheldrahtzäunen
Immer wieder verfangen sich Wildtiere in Stacheldrahtzäunen. Viele verenden dort qualvoll. Laut dem neuen Gesetz sind Stacheldrahtzäune im Wald und auf offener Flur nicht mehr zugelassen. Nach einer Übergangsfrist müssen alle verschwunden sein. Neue dauerhafte Zäune sind zudem bewilligungspflichtig. Auch wird bei den fünfzig Wildtierkorridoren, die es im Kanton Zürich gibt, stärker darauf geachtet, dass diese für die Tiere wirklich durchlässig sind – und auch bleiben.
Wildruhezonen ausscheiden
Neu hat das kantonale Amt für Landschaft und Natur die Möglichkeit, Wildruhezonen auszuscheiden. Noch seien lediglich gewisse Ideen vorhanden, aber noch keine konkreten Projekte in der Pipeline, sagt Jürg Zinggeler. Das sei ein partizipativer Prozess, bei dem Gemeinden und Jagdgesellschaft stark einbezogen werden müssten.
«Das ist eine sehr wichtige Neuerung zugunsten der Wildtiere», fügt Zinggeler an. Das würden Erfahrungen aus Bern und dem Bündnerland zeigen, wo solche Zonen schon erprobt sind.
Leinenzwang für Hunde
Zum besseren Schutz der Wildtiere kam es auch zu einer Anpassung des Hundegesetzes: In den Monaten, in denen die Wildtiere ihre Jungen aufziehen, konkret vom 1. April bis zum 31. Juli, müssen Hunde im Wald und in der Nähe des Waldrandes an die Leine. Sonst droht eine Busse von sechzig Franken.
Füttern verboten und unnötig
Auch dürfen Wildtiere – dazu gehören auch Greifvögel und Tauben – nicht mehr gefüttert werden. Damit soll verhindert werden, dass diese sich zu stark vermehren und zur Plage werden. Insbesondere Vögel können Parasiten und Krankheiten übertragen. Ausgenommen sind Futterhäuschen für Singvögel.
Laut Jagdadjunkt Jürg Zinggeler ist zudem wissenschaftlich erwiesen, dass Wildtiere nicht gefüttert werden müssen. Vielfach werde auch falsches Futter ausgebracht, das mehr zu Problemen als zur Verbesserung der Lebensumstände führe.
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