Die älteste Segelregatta der WeltAlinghi ist zurück und will den nächsten America's Cup – diesmal nur mit Schweizern
Nach einem Jahr Training bestreitet das Schweizer Boot eine erste Regatta. Mit dabei: Maxime Bachelin. Er hat einen Traum für einen anderen aufgegeben – und profitiert von einer Neuerung.
Maxime Bachelin macht derzeit vieles richtig. «Schönes Leben, immer warm, tolle Grossstadt, alles wunderbar.» So sagt er das und lässt ein Lächeln folgen. Er hat den einen Traum aufgegeben, um dem anderen zu folgen.
Bachelin (25) ist Segler für das Alinghi Red Bull Racing Team und hat im vergangenen Jahr seinen Wohnort Lausanne mit Barcelona getauscht. Dort wird er als Steuermann gebraucht für das Schweizer Syndikat, das im kommenden Sommer nach 14 Jahren Abwesenheit wieder am America’s Cup starten will. Mitte 2022 hat es deshalb seine Basis nach Katalonien verlegt.
Im Rahmen dieser Kampagne findet in der südlich gelegenen Hafenstadt Vilanova i la Geltrú ab Donnerstag die erste Vorregatta statt. Nach über einem Jahr Training sind es die ersten Rennen Schiff gegen Schiff. Bachelin ist einer von zwei Steuermännern an Bord, der Youngster neben dem zehn Jahre älteren Routinier Arnaud Psarofaghis. Die Trimmer Bryan Mettraux und Yves Detrey komplettieren die für die erste Vorregatta nominierte Vierercrew. Gefahren wird mit dem kleineren der beiden Alinghi-Boote, der zwölf Meter langen AC40.
Bachelin findet mit acht Jahren zum Segeln, 2006. Damals bereitet sich Alinghi gerade auf seinen zweiten America’s Cup vor – als Titelverteidiger nach dem sensationellen Gewinn der Trophäe im Jahr 2003. (Lesen Sie hier, wie das grosse Neuseeland gegen Alinghi unterging.) Bachelins fünf Jahre älterer Bruder Jérémy hat sich davon inspirieren lassen und mit dem Segelsport angefangen. Maxime folgt diesem Weg, als er alt genug ist. Sein Talent sticht bald heraus, 2020 wird er Junioren-Europameister in der olympischen 49er-Klasse. Sein nächstes ganz grosses Ziel: die Sommerspiele 2024 in Paris.
Doch im Sommer 2021 wird er auf das Alinghi-Projekt aufmerksam, für das Seglerinnen und Segler gesucht werden. Bachelin meldet sich, das Auswahlverfahren geht über drei Probetrainings auf dem Genfersee und im Mittelmeer. Im darauffolgenden Januar erhält Bachelin Bescheid: Er hat es ins Team geschafft und darf ab Sommer Segelprofi sein. Nach dem Abschluss seiner Ausbildung zum Krankenpfleger liegt ihm ein Vertrag des Universitätsspitals Lausanne vor. Er schlägt ihn aus und zügelt nach Barcelona. «Alinghi war in meiner Kindheit das Segelteam schlechthin. Jetzt für dieses zu fahren, ist eine riesige Ehre», sagt der Vaudois.
Einst holten sie zahlreiche Neuseeländer
120 Mitarbeitende beschäftigt Alinghi Red Bull Racing allein in Barcelona, sie kommen aus über 20 Ländern. Bei den restlichen Teams ist das nicht viel anders, der America’s Cup ist schon seit Langem eine multinationale Angelegenheit. Für die beiden Siege 2003 und 2007 hatte Alinghi-Boss Ernesto Bertarelli vor allem neuseeländisches Know-how an Bord geholt: Neben Starskipper Russell Coutts und Taktiker Brad Butterworth wechselten vier weitere Segler vom Team New Zealand zum Schweizer Team.
Das ist nun nicht mehr möglich: Für den America’s Cup 2024 wurde neben weiteren Neuheiten wie einem offiziellen Spionagesystem eine Nationalitätenregel eingeführt. Sie besagt, dass auf den Booten selbst nur noch Seglerinnen und Segler fahren dürfen, die aus dem Land des Teams stammen.
Einen Schweizer Rennstall stellt das vor Herausforderungen. Denn der Fundus an tauglichen Seglerinnen und Seglern ist im Vergleich zu einem Riesenland wie den USA oder einer Segelnation wie Neuseeland deutlich geringer. «Durch die Siege von Alinghi ist aber extrem viel gegangen im Schweizer Segelsport. Viele Kinder begannen damals mit dem Segeln, davon profitieren wir heute. Die Olympiaathleten sind besser geworden, und es ist einfacher, Sponsoren zu finden», sagt Nils Frei. Der 50-jährige Bieler fuhr zwischen 1999 und 2010 an vier America’s Cups selbst mit. Jetzt ist er in einer anderen Rolle dabei: als Headcoach.
Frei sagt: «Es gab bei Alinghi diese neuseeländische Starthilfe. Das darf man nicht vergessen oder negieren. Aber jetzt haben wir das Gefühl, dass wir mit einer rein schweizerischen Crew den Cup gewinnen können. Wir haben das Talent und genug gute Segler dazu.» Und schliesslich ist auch die neuseeländisch-schweizerische Connection nie ganz abgerissen. Dean Barker, einst der grosse Rivale beim Team New Zealand, ist diesmal als Berater an Bord.
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