Für mehr Reisefreiheit Neue Corona-Schnelltests sollen Quarantäne überflüssig machen
Roche und der US-Riese Abbott bieten Corona-Tests an, bei denen binnen 15 Minuten das Ergebnis vorliegt. Die Wirtschaft hofft, dass mithilfe der Tests die Quarantäneregeln gelockert werden können. Der Bund ist vorsichtig.
Sie wird immer länger: die Liste jener Länder und Regionen, aus denen Reiserückkehrer in Quarantäne müssen. Das ist nicht nur für Touristen misslich, sondern auch für Geschäftsreisende. Denn Kundenbesuche lassen sich nicht immer durch Videokonferenzen ersetzen.
Nun hofft die Wirtschaft auf neue Schnelltests, wie sie Roche und der US-Konzern Abbott seit September anbieten. «Ich kann mir vorstellen, dass diese Tests ein Gamechanger sein können», sagt Rudolf Minsch, Chefökonom beim Unternehmensdachverband Economiesuisse.
Lufthansa setzt auf Schnelltests
Die Idee: Wer dank eines Schnelltests beweisen kann, dass er nicht mit Corona infiziert ist, muss nicht in die Quarantäne. Daher will die Lufthansa sie einsetzen, um den Flugverkehr wieder hochfahren zu können.
«Wir wissen derzeit aber noch zu wenig über die Qualität dieser Schnelltests», gibt Minsch zu bedenken. Laut dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) werden die Schnelltests derzeit vom Schweizer Referenzzentrum und anderen Labors validiert.
Die Tests funktionieren ähnlich wie ein Schwangerschaftstest. Nötig ist jedoch ein Rachenabstrich. Die Tests reagieren auf Bestandteile des Virus, genauer gesagt auf Proteine. Liegen diese vor, verfärbt sich das Teststäbchen. Das Ergebnis liegt bereits nach 15 Minuten vor, ein Labor ist dafür nicht nötig. Daher sind die Tests sehr günstig.
Anders die herkömmlichen Corona-Tests, die sogenannten PCR-Tests: Hier wird auch ein Rachen- oder ein Nasenabstrich vorgenommen, doch die Auswertung läuft in Laboren, die das virale Erbgut des Virus nachweisen. Das dauert 48 Stunden. Dafür sind PCR-Tests sehr genau und vom BAG empfohlen.
Industrie verspricht hohe Treffsicherheit
Roche und Abbott versprechen für ihre Schnelltests hohe Präzisionswerte. Laut Roche hat ihr Schnelltest eine Sensitivität von 96,52 Prozent. Je höher die Sensitivität ist, desto mehr Infizierte werden erkannt. Bei der Spezifizität gibt Roche einen Wert von 99,68 Prozent an. Je höher die Spezifität ist, desto weniger Fehlalarme gibt es. Abbott nennt eine Trefferquote von 93,3 Prozent und eine Genauigkeit von 99,4 Prozent.
Auch Deutschland lässt die neuen Tests gerade überprüfen. Das hindert den deutschen Gesundheitsminister Jens Spahn nicht daran, sich bereits für sie starkzumachen: Die Schnelltests seien zwar weniger gut als die aufwendigeren PCR-Tests, aber «gut genug», befand er.
Bayern prescht vor
Mitte Oktober will Spahn mit den Bundesländern die neue Teststrategie vorlegen, die vermutlich auch Schnelltests umfassen wird. Das BAG ist dagegen zurückhaltend. «Generell lässt sich sagen, dass aufgrund der unterschiedlichen Methodik die Schnelltests bezüglich Empfindlichkeit der PCR-Methode nahezu immer unterlegen sind», sagt ein Sprecher.
Bayern prescht vor und will 10 Millionen Schnelltests bestellen. Laut Roche übersteigt die Nachfrage weltweit bereits das Angebot. Die Produktionskapazität für die Tests, die vom Partner SD Biosensor in Südkorea gefertigt werden, soll bis Ende Jahr von derzeit 40 auf 80 Millionen pro Monat verdoppelt werden. Bei der Verteilung will Roche fair vorgehen: Es gelte nicht, wer zuerst bestellt, hat gewonnen, sagt ein Sprecher.
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