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Nesquik für Lukaschenko
Nestlé will weniger in Weissrussland werben

«Füttere nicht den Diktator, Nestlé!» Diese Aufforderung richtete die NGO Libereco an den Schweizer Konzern. 
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Monatelang hatte Nestlé zu seinem Engagement in Weissrussland nichts zu sagen. Auf Fragen zu seiner Werbung auf den von Diktator Alexander Lukaschenko kontrollierten TV-Kanälen reagierte der Schweizer Konzern stets nur mit: «Kein Kommentar.» Nun scheint dieser Kurs des beinharten Schweigens aber nicht mehr zu halten sein. «Aufgrund regelmässiger Überprüfungen haben wir unser Werbebudget für Belarus bereits deutlich reduziert», heisst es in einer schriftlichen Stellungnahme von Nestlé. Über sie berichteten zuerst das «Redaktionsnetzwerk Deutschland» und SRF.

Weiter schreibt Nestlé, dass man die Entwicklung in Weissrussland aufmerksam verfolge: «Grundsätzlich positionieren wir uns in den Ländern, in denen wir tätig sind, nicht nach politischen Vorgaben und halten uns an alle geltenden Gesetze und Sanktionen.»

Folter im Fernsehen

Die weissrussische Opposition sowie internationale NGOs kritisieren, dass Nestlé mit seiner Werbung in staatlichen Sendern die Propagandamaschine Lukaschenkos finanziell unterstütze. Eine Statistik vom Juni zeigt, dass Nestlé in Sendern wie Belarus 1 oder ONT deutlich mehr wirbt als andere ausländische Firmen. Besonders laut wurde die Kritik nach dem erzwungenen Interview des gefangenen Regimekritikers Roman Protassewitsch auf Lukaschenkos Sender ONT.

Im eineinhalbstündigen Interview, das wie ein Schauprozess wirkte, entschuldigte sich Protassewitsch für seine Kritik am Regime und versprach Besserung. Das Gesicht des jungen Mannes zeigte Spuren von Folter. Vor und nach der Sendung wurde Werbung für Nescafé oder Nesquik ausgestrahlt. Der weissrussische Oppositionsführer Pawel Latuschka kritisierte das Unternehmen daraufhin in dieser Zeitung massiv: «Wir sehen in der Werbung von Nestlé nicht weniger als die Unterstützung terroristischer Propaganda.»

«Mehr als nur die erste Nahrung»: Nestlé-Werbung im weissrussischen Staatsfernsehen

Aber auch im Westen ist die Kritik an Nestlé immer lauter geworden. Die deutsch-schweizerische Menschenrechtsorganisation Libereco hat in einem offenen Brief den Konzern aus Vevey aufgefordert, die Finanzierung staatlicher Medien in Weissrussland sofort zu beenden. Es sei unerträglich, heisst in dem Brief, «dass Nestlé im Umfeld dieser erschreckenden Zurschaustellung verängstigter und misshandelter Regimegegner Werbung ausstrahlt».

«Wir erwarten, dass Nestlé die Werbung in staatlichen weissrussischen Medien komplett einstellt.»

Lars Bünger, Libereco Schweiz

Nestlé reagierte zuerst auf diese Aufforderung nicht, hat jetzt aber doch dem Präsidenten von Libereco Schweiz, Lars Bünger, ein Gespräch angeboten. Es soll diesen Freitag in Zürich stattfinden. Bünger will vor allem wissen, um wie viel das Werbebudget reduziert wird und in welchen Medien Nestlé weiterhin werben will. Diese Auskunft hat der Konzern bis jetzt nicht gegeben.

Weissrussische Oppositionelle berichten, dass in den ersten Julitagen in den staatlichen Sendern Werbungen für Nestlé-Produkte im selben Umfang wie schon zuvor ausgestrahlt wurden. «Eine Reduktion des Budgets wird nicht genug sein», sagt Lars Bünger, «wir erwarten, dass Nestlé die Werbung in staatlichen weissrussischen Medien komplett einstellt».

Neue Sanktionen gegen das Regime

Nestlé steht auch unter Druck, weil die westlichen Sanktionen gegen Weissrusslands Regime deutlich härter werden. Am Mittwoch teilte das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) mit, dass auch die Schweiz der von der EU beschlossenen Ausweitung der Sanktionen gegen weissrussische Personen und Firmen folgen werde. Neu stehen auf der Sanktionsliste 78 Personen, darunter Familienangehörige von Alexander Lukaschenko. Nestlé ist von diesen Sanktionen allerdings nicht direkt betroffen.

Ausserdem bestätigt das Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) dieser Zeitung, dass für Schweizer Fluggesellschaften ein Überflugsverbot über Weissrussland gelte. Dieses Verbot wurde von der Europäischen Agentur für Luftsicherheit Easa erlassen. Und sicherheitsrelevante Vorgaben der Easa seien für die Schweiz bindend, sagt ein Sprecher des Bazl.