Neuer CEO ernanntNestlé überrascht mit sofortigem Wechsel an der Konzernspitze
Knall bei Nestlé: Laurent Freixe wird Chef des weltgrössten Nahrungsmittelkonzerns. Mark Schneider verlässt das Unternehmen.
Der Schweizer Nahrungsmittelkonzern Nestlé erhält überraschend einen neuen Chef. Laurent Freixe übernimmt das Amt von Mark Schneider, wie es in einer Mitteilung vom Donnerstagabend heisst. Schneider habe sich entschieden, seine Rollen als CEO und Mitglied des Verwaltungsrats zur Verfügung zu stellen und das Unternehmen zu verlassen. Im Communiqué war von einem Wechsel auf den 1. September hin die Rede. Laut Verwaltungsratspräsident Paul Bulcke nimmt Freixe aber bereits ab dem morgigen Freitag Platz im Chefsessel.
Der Franzose ist seit 1986 für Nestlé tätig. Aktuell ist er Generaldirektor und CEO der seit 2022 vereinigten Region Lateinamerika. Davor war er unter anderem Europa- und Amerikachef. Er ist seit 16 Jahren auch Mitglied der Geschäftsleitung. Als CEO soll er nun auch in den Verwaltungsrat einziehen. «Das Motto lautet: Wir wollen Leistung erbringen, während wir uns transformieren», sagte Freixe in einem Telefonat mit Medienschaffenden. Unter seiner Führung soll Nestlé die Marktanteile ausbauen. «Und dazu müssen wir uns auf die Bedürfnisse von Konsumenten und Kunden konzentrieren.»
Schneider kam von extern
Mark Schneider war 2017 als Externer zu Nestlé gestossen. Davor war er lange Jahr Chef des deutschen Gesundheitsunternehmens Fresenius gewesen. Seine Ernennung war damals eine Überraschung. Denn Nestlé hatte davor in seiner langen Geschichte erst einmal einen externen Kandidaten zum Konzernchef gemacht. Bei Schneiders Ernennung hatte der nun ernannte Freixe schon als möglicher Kandidat für den CEO-Posten gegolten.
Schneider galt beim Amtsantritt als Hoffnungsträger und überzeugte mit seinen strategischen Schritten. In den letzten Quartalen enttäuschte der Nahrungsmittelmulti aber zum Teil mit den Zahlen. Zuletzt musste der weltweit führende Lebensmittelkonzern seine Wachstums- und Gewinnprognose senken. Auch der Aktienkurs entwickelte sich in den letzten Monaten schlecht. Dass dies der Grund für den überraschenden Chefwechsel ist, wollte Bulcke vor den Medien aber nicht bestätigen.
Freixe will sich nun auf die Basis konzentrieren, auf «unsere Kernkategorien, Kernmarken, Kernprodukte und Kernwachstumsplattformen». Dazu werde er die Produktivität fördern und die Kosten managen, sagte der neue Firmenchef. So könne man die Ressourcen schaffen, um wieder ins Geschäft zu investieren und Innovationen vorantreiben. Akquisitionen schloss er zwar nicht aus, der Fokus liege aber klar beim Kern des Unternehmens und dass man es schaffe, dort die Versprechen einzuhalten.
Lateinamerika für Nestlé wichtige Region
Der Franzose Freixe, Absolvent der privaten EDHEC Business School, ist nicht nur seit 16 Jahren Mitglied der Konzernleitung von Nestlé. Das Lateinamerika-Geschäft, das er zuletzt leitete, ist für den Konzern auch besonders wichtig. Die Region umfasst rund 700 Millionen Menschen und damit in etwa so viele wie Europa.
Der Beitrag zum Umsatz von Nestlé ist im Verhältnis zur Grösse der Bevölkerung ausserdem überdurchschnittlich. Es war also ein idealer Posten für Freixe, um sich für den Spitzenplatz beim Konzern vorzubereiten. Brasilien und Mexiko zählen mit Rang drei und fünf zu den bedeutendsten Einzelmärkten Nestlés überhaupt.
«Einige Länder wie Chile gehören zu den produktivsten», hatte Freixe zudem letztes Jahr in einem Interview mit der «Finanz und Wirtschaft» gesagt. Nestlé betreibt in der Region über sechzig Produktionsstandorte in sechzehn Ländern, sogar in politisch komplizierten Märkten wie Nicaragua, Kuba oder Venezuela.
Nestlé-VRP Bulcke sagte über Freixe: «Er kennt unseren Konzern in- und auswendig und hat bereits drei geografische Zonen geleitet.» Auf die Frage, ob denn auch nach auswärtigen Kandidaten für die Nachfolge von Mark Schneider gesucht worden seien, sagte er: «Ein auswärtiger Kandidat hätte nicht die gleiche Kompatibilität für den Posten wie Laurent, der schon da war und ausgezeichnet geeignet ist für dieses Amt. Es gab keine Notwendigkeit, einen auswärtigen Kandidaten zu holen.»
Verwaltungsratspräsident: Hätten nicht vieles anders gemacht
Bulcke dankte dem abtretenden CEO Schneider an einem Telefonat mit Medien ausgiebig. Ulf Mark Schneider, von allen Mark genannt, habe in seiner achtjährigen Amtszeit einen «herausragenden» Job gemacht, hob Bulcke hervor, gerade in schwierigen Zeiten wie der Coronapandemie.
Nicht vieles hätte er in dieser Zeit anders gemacht, sagte Bulcke. Manche Dinge hätten in den letzten Jahren aber auch nicht funktioniert. «Einige Übernahmen zum Beispiel haben nicht geklappt», räumte er ein. Aber es gehöre beim Führen eines so grossen Konzerns auch dazu, dass manchmal Dinge nicht so herauskämen wie gewünscht und es bestünden immer Risiken.
Damit dürfte Bulcke zum Beispiel auf das Erdnussallergiemittel Palforzia angespielt haben. Im Rahmen der Strategie, Nestlé mehr im Bereich Gesundheit und Wellness zu stärken, übernahm Nestlé die Entwicklerfirma des Mittels 2020 für 2,3 Milliarden Franken. Weil Palforzia bei der Kundschaft aber nicht ankam, musste Nestlé die Firma wieder verkaufen – dies sicherlich mit Verlust, wie Analysten damals schrieben.
SDA/nlu
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