Mega-Bauprojekte in der WüsteSaudiarabien muss Neom-Pläne zurückschrauben
Die Finanzierung der utopischen Zukunftsvision von Mohammed bin Salman wird durch den unsicheren Ölpreis bedroht. Mehrere Projekte müssen «neu kalibriert» werden.
Es ist das vielleicht ambitionierteste Bauprojekt unserer Zeit: Saudiarabien will als Teil seiner «Vision 2030» mitten in der Wüste eine gigantische Sonderwirtschaftszone namens Neom errichten. Auf einer Fläche so gross wie Belgien sollen für über 500 Milliarden Dollar neue Städte, Luxus-Inselresorts und sogar ein Skigebiet entstehen.
Doch Kronprinz Mohammed bin Salman müsse seine ambitionierten Pläne zurückschrauben, berichtet jetzt die BBC. Hintergrund sollen die tiefen Ölpreise sein. Die Projekte würden gegenwärtig erneut geprüft, zitiert das Medienhaus einen Berater der Regierung. «Die Entscheidung wird sich auf verschiedene Faktoren stützen», sagt er. «Aber es besteht kein Zweifel, dass es eine Neukalibrierung geben wird. Einige Projekte werden wie geplant fortgesetzt, andere werden sich verzögern oder müssen reduziert werden.»
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Ölpreis als Problem
Bezahlt wird Neom vom saudischen Staatsfonds. Doch selbst bei dieser schier unerschöpflichen Geldquelle reissen die budgetierten 500 Milliarden Dollar ein empfindliches Loch in die Kasse. Analysten gehen ausserdem davon aus, dass die Kosten noch weitersteigen könnten.
Probleme bereitet den Saudis insbesondere der schwankende Ölpreis. Im Juli letzten Jahres drosselte die Opec+-Gruppe, die von Saudiarabien angeführt wird, ihre Produktion, um die Preise zu stützen. Auch Riad kürzte darauf seine Lieferungen freiwillig um eine Million Barrel pro Tag. Jetzt hat die Opec+ diese Entscheidung jedoch wieder rückgängig gemacht und wird die Produktion ab Oktober wieder schrittweise erhöhen.
Nach Angaben des Internationalen Währungsfonds muss der Preis für ein Barrel Öl bei 96,20 Dollar liegen, damit Saudiarabien seinen Haushalt ausgleichen kann. Brent, einer der wichtigsten Referenzwerte für Rohöl, bewegt sich zurzeit bei ungefähr 80 Dollar pro Barrel.
The Line auf nur 2,5 statt 170 Kilometern?
Bereits im April gab es Berichte, wonach besonders das Kronjuwel des Projekts, The Line, von den Abstrichen betroffen sein soll. Beginnend am Roten Meer, soll die Stadt einst 170 Kilometer ins Landesinnere führen – quer durch die Wüste und schnurgerade. Das Band ist nur 200 Meter breit, aber 500 Meter hoch, 9 Millionen Menschen sollen darin leben. Die Aussenflächen sind verspiegelt, motorisierter Individualverkehr ist nicht vorgesehen, dafür ein modernes Zugsystem.
Der Zeitplan musste aber bereits kurz nach dem Baubeginn 2023 deutlich angepasst werden: So sollen bis 2030 nur 2,5 Kilometer für rund 300’000 Personen fertiggestellt werden, hiess es in einem Bloomberg-Bericht. An den Plänen für das Gesamtwerk wird aber festgehalten, «eines Tages» soll The Line fertig werden. Allerdings wird sich dies nun über einen längeren Zeitraum hinziehen.
Verzögerungen gibt es auch beim Seehafen und Industriestandort Oxagon und dem Ski- und Abenteuerresort Trojena. Dieses soll bald 36 Kilometer Skipisten bieten und nach den Asien-Winterspielen 2029 Hunderttausende Touristen anlocken. Planmässig fertig soll dieses Jahr immerhin die Luxusinsel Sindalah werden.
Der Kronprinz bleibt trotz dieser düsteren Vorzeichen entschlossen: Sein Zukunftsprojekt ist mit 26’500 Quadratkilometern grösser als so manches Land. Doch die Wüste und die 450 Kilometer lange Küste mit Sandstränden und Korallengärten, die 41 Inseln und der 2580 Meter hohe Berg Jabal Al Lawz, auf dem manchmal sogar Schnee fällt, sollen zu seinem Vermächtnis werden.
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