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Schwedens Beitritt zum Bündnis
Recep Tayyip Erdogan lässt Nato-Partner zappeln

Turkey's President Recep Tayyip Erdogan, left, shakes hands with NATO Secretary General Jens Stoltenberg, center, as Sweden's Prime Minister Ulf Kristersson, right, looks on prior to a meeting ahead of a NATO summit in Vilnius, Lithuania, Monday, July 10, 2023. (Yves Herman, Pool Photo via AP)
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In Brüssel ist am Dienstag das zweitägige Nato-Aussenministertreffen gestartet. Die Pläne sind ehrgeizig, doch in mehreren Dossiers stockt es. Die Übersicht.

Schweden muss warten

Es war alles schon vorbereitet. Bei einer kleinen Zeremonie vor dem Nato-Hauptquartier in Brüssel sollte die schwedische Flagge hochgezogen werden. Das skandinavische Land sollte endlich Finnland folgen und 32. Mitglied werden. Doch daraus wurde wieder nichts, und am Rande des Treffens der Aussenminister war der Ärger unüberhörbar: Schweden habe geliefert, die Nato habe geliefert, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Jetzt sei es Zeit für die Türkei und für Ungarn, ihre Ratifizierung von Schwedens Beitritt abzuschliessen.

US Secretary of State Antony Blinken (L) speaks with Turkish Foreign Minister Hakan Fidan prior to their meeting on the sidelines of the Nato Foreign ministers meeting in Brussels on November 28, 2023. (Photo by SAUL LOEB / POOL / AFP)

Doch in Ankara hat es Präsident Recep Tayyip Erdogan nicht eilig und lässt die Allianz zappeln. Die Aussenminister der beiden Länder mussten sich harte Kritik anhören. Die Türkei und Ungarn strapazierten die Geduld der Verbündeten. Insbesondere Richtung Ankara hat Schweden Zugeständnisse gemacht und ging dabei hart an die Grenze dessen, was rechtlich und politisch möglich war.

Erdogan begründete die Blockadehaltung lange mit dem Argument, Schweden unterstütze die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) oder die Gülenbewegung, in der Türkei als Terrororganisationen eingestuft. Schweden hat unter Druck mittlerweile ein neues Antiterrorgesetz in Kraft gesetzt. Die Regierung in Stockholm musste auch ein Waffenausfuhrverbot für die Türkei aufheben.

Eigentlich hatte Erdogan darauf hin am Nato-Gipfel vom Juli in Vilnius zugesagt, das nötige Beitrittsprotokoll so bald wie möglich dem türkischen Parlament zur Zustimmung vorzulegen. Doch jetzt hängt die Ratifizierung in einem Ausschuss, und ein Ende der Hängepartie ist nicht abzusehen. Erdogan gehe da auf dünnem Eis, Vertrauen und Verlässlichkeit stünden auf dem Spiel, heisst es im Bündnis. Unklar ist, ob der türkische Präsident um weitere Gegengeschäfte pokert, etwa die Lieferung von F-16-Kampfflugzeugen der USA.

Tatsächlich hat die Nato keinen Hebel, um die Türkei zum Einlenken zu zwingen. Auch gegenüber Viktor Orban nicht, der im Hintergrund ohne klare Forderungen sein undurchsichtiges Spiel treibt und in der Allianz inzwischen als trojanisches Pferd von Wladimir Putin gilt. Ungarns Ministerpräsident kokettiert seit Monaten mit dem Satz, sein Land werde Schwedens Beitrittsprotokoll nicht als letztes ratifizieren, was im Bündnis als unsinnig und als Affront angesehen wird.

Nato kämpft gegen Ukraine-Müdigkeit

Ukrainian Foreign Affairs Minister Dmytro Kuleba shakes hands with European Union High Representative for Foreign Affairs and Security Policy Josep Borrell during a joint press conference after their meeting, in Brussels on November 28, 2023. (Photo by JOHN THYS / AFP)

Als hätte die Nato mit Blick auf Krieg und Krisen in der Nachbarschaft nicht genug zu tun. Am Mittwoch wird aus Kiew Aussenminister Dmitro Kuleba zum Nato-Ukrainerat hinzukommen. Die Verbündeten versuchten schon im Vorfeld, den Eindruck zurückzudrängen, dass die Bereitschaft zur Unterstützung der Ukraine nachlässt. Der zweite Kriegswinter werde schwierig werden, doch es sei schon ein Sieg, dass sich die Ukraine in eineinhalb Jahren Krieg habe behaupten und die Hälfte des von Russland besetzten Territoriums habe zurückerobern können.

«Wir haben keine Anzeichen, dass Putin für den Frieden plant.»

Jens Stoltenberg

Beim Bündnis versucht man, die Pattsituation als Erfolg darzustellen. Es werde auch für die Russen schwierig sein, durch den Winter zu kommen. Je stärker die militärische Unterstützung ausfalle, desto besser werde die Position der Ukraine bei allfälligen Verhandlungen über einen Waffenstillstand sein, betonte Stoltenberg und schränkte ein: «Wir haben keine Anzeichen, dass Putin für den Frieden plant.» Auch Diplomaten betonen hinter den Kulissen, dass der russische Präsident für einen längeren Krieg plane und kein Interesse an einem Kompromiss habe.

Unruheherd Balkan

Secretary General of the Northern Atlantic Alliance (NATO), Jens Stoltenberg (L) shakes hands with Serbian President Aleksandar Vucic during a press conference following their meeting in Belgrade, on November 21, 2023. Nearly 30 years after the end of its civil war, Bosnia remains fractured along ethnic lines, with NATO troops and later European peacekeepers stationed in the country to help keep the peace. (Photo by ANDREJ ISAKOVIC / AFP)

Thema beim Treffen ist auch die instabile Lage auf dem Balkan. Dort geht die Angst um, dass Wladimir Putin Spannungen dort anheizen könnte. Obwohl die Nato in der Region schon seit über 20 Jahren präsent ist, gibt es bei der Sicherheitslage eher Rückschritte als Fortschritte. Stoltenberg beklagte gefährliche Rhetorik in Bosnien und meinte damit den Präsidenten der Republika Srpska, Milorad Dodik, der immer wieder mit Abspaltung der serbischen Entität vom Gesamtstaat droht. In Kosovo kamen bei einer Konfrontation zwischen der lokalen Polizei und serbischen Paramilitärs mindestens drei Personen ums Leben.

Noch im letzten Herbst waren bei Angriffen eines von Belgrad aus gesteuerten serbischen Mobs 93 Soldaten der Nato-Schutztruppe Kfor in Kosovo zum Teil schwer verletzt worden. Stoltenberg war letzte Woche auf einer Reise durch die Region auch in Belgrad, wo Präsident Aleksandar Vucic jegliche Verantwortung und Kritik am serbischen Truppenaufmarsch an der Grenze zu Kosovo zurückwies. Serbien lasse sich da nicht dreinreden, und im Übrigen seien die Serben die einzigen Opfer in der Region. Die Nato tut sich selbst in ihrer direkten Nachbarschaft schwer, sich zu behaupten.