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Eskalation im Nahostkonflikt
Sorge vor Krieg in Libanon wächst

People stand on a highway as black smoke rises from an industrial district, attacked by Israeli strikes, in the southern coastal town of Ghazieh, Lebanon, Monday, Feb. 19, 2024. Israel's air force carried out at least two airstrikes near the southern port city of Sidon in one of the largest attacks near a major city, state media reported. (AP Photo/Mohammed Zaatari)
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Der Konflikt zwischen Israel und der Hizbollah-Miliz verlegt sich zunehmend weg von der Grenze des Libanon: Israelische Angriffe trafen Anfang der Woche die Küstenstadt Ghazieh nahe Sidon, 60 Kilometer nördlich von der israelischen Grenze. Anwohner teilten Bilder, in denen zwei riesige schwarze Rauchwolken zu sehen waren, im Hintergrund das Meer.

Getroffen wurde offenbar ein Industriegebiet, in dem nach Angaben des israelischen Militärs zwei Waffendepots der Hizbollah gewesen sein sollen. Lokale Medien widersprechen, sie sagen, es handle sich unter anderem um ein Öllager. Es soll mehrere Verletzte gegeben haben.

Zuvor hatte die israelische Armee Trümmer einer Drohne der Hizbollah im Norden Israels nahe Tiberias am Galiläasee, etwa 20 Kilometer südlich der Grenze, gefunden. Bereits in den Tagen zuvor kam es zu einer neuen Eskalationsstufe. Israelische Luftangriffe trafen die Stadt Nabatieh im Südlibanon. Dabei wurden der hochrangige Hizbollah-Kommandant Ali Muhammad Aldbas getötet sowie sein Stellvertreter Ibrahm Issa. Auch Zivilisten waren unter den Opfern.

Zuvor wurde eine israelische Soldatin bei einem Hizbollah-Angriff getötet. Zehntausende Menschen in beiden Ländern mussten bisher ihre Heimatorte verlassen. (Lesen Sie zum Thema auch den Artikel «Die neue Gefahr im Nahen Osten».)

Angriffe auf Waffenlager der Hizbollah

Angesichts der jüngsten Eskalationen wächst in der libanesischen Gesellschaft die Sorge vor einem Krieg. Das Land leidet aufgrund jahrelanger Korruption und Misswirtschaft an der schwersten Wirtschaftskrise seiner Geschichte. In den vergangenen Monaten häuften sich Fälle, in denen Bürger Banken überfielen, um an Ersparnisse zu kommen. Es gibt keine funktionierende Regierung, die vom Iran unterstützte Hizbollah ist ein Staat im Staate.

Die Küstenstadt Ghazieh liegt nur etwa 50 Kilometer von der Hauptstadt Beirut entfernt. Die libanesische Autorin Karen Boustany schreibt auf der Plattform X mit Blick auf die israelischen Angriffe in Ghazieh, dass solche Waffenlager der Hizbollah sicher auch am Rande Beiruts stünden und oft in Wohngebieten angesiedelt seien. Sie wirft die Frage auf, welche Rolle die Regierung noch spiele, um die Zivilisten im Libanon zu schützen.

Libanesische Oppositionelle wie die Partei der Libanesischen Streitkräfte (LF) mahnen die Hizbollah, die UNO-Resolution 1701 einzuhalten, die nach dem Krieg zwischen der Miliz und Israel im Sommer 2006 beschlossen wurde. Experten befürchten, dass die vom Iran unterstützte Hizbollah-Miliz auf die jüngsten israelischen Luftangriffe in Ghazieh scharf reagieren könnte.

An image grab from Hezbollah's al-Manar TV taken on February 16, 2024, shows the head of the Lebanese Shiite movement Hezbollah Hassan Nasrallah delivering a televised speech. Nasrallah vowed on Friday 16 that Israel will pay "with blood" for civilians killed this week in Lebanon, warning his group has missiles that can reach Israel's far south. (Photo by Al-Manar / AFP) / RESTRICTED TO EDITORIAL USE - MANDATORY CREDIT "AFP PHOTO / HO / AL-MANAR" - NO MARKETING NO ADVERTISING CAMPAIGNS - NO RESALE- DISTRIBUTED AS A SERVICE TO CLIENTS

Diskutiert wird im libanesischen Sender al-Hadath etwa über einen möglichen Hizbollah-Angriff auf Israels Offshore-Gasplattformen im Mittelmeer nordöstlich der Stadt Haifa. Diskutiert wird auch darüber, dass die Hizbollah ein ausgefeiltes Tunnelsystem hat, das nun vermehrt zum Ziel israelischer Angriffe werden könnte.

Hizbollah will eigentlich keinen Krieg mit Israel

Seit dem Hamas-Angriff vom 7. Oktober hat sich Hizbollah-Chef Hassan Nasrallah mehrmals zu Wort gemeldet. In den Reden wurde allerdings deutlich, dass die Hizbollah keinen Krieg mit Israel möchte.

Dafür gebe es mehrere Gründe, schreibt Hanin Ghaddar, Expertin für schiitische Politik in der Levante am Washington Institute. Einerseits will die Hizbollah ihre Ressourcen nicht für eine mögliche Rettung der Hamas verschwenden. Sie hat die Zerstörungskraft der israelischen Armee und deren tatkräftige Unterstützung durch die USA genaustens beobachtet.

Hinzu komme, dass die Hizbollah weder militärisch noch finanziell für einen Krieg bereit sei. Die Finanzen sind durch die Sanktionen gegen den Iran beschränkt, die arabischen Golfstaaten würden dieses Mal nicht daran interessiert sein, Libanon wieder aufzubauen, glaubt Ghaddar.

Ausserdem sei die Hizbollah derzeit damit beschäftigt, die Quellen der israelischen Geheimdienste ausfindig zu machen und die Schwachstellen innerhalb der eigenen Sicherheitsstrukturen zu finden. Grund dafür ist die Zielgenauigkeit, die Israels Armee bei der Tötung von Hamas-Führer Saleh al-Arouri oder Hizbollah-Elitekommandant Wissam al-Tawil im vergangenen Januar unter Beweis gestellt hat.

Israel überschreitet rote Linien

«Die Zaghaftigkeit der Hizbollah hat wiederum dazu beigetragen, dass die israelischen Streitkräfte vorherige rote Linien überschreiten», schreibt Ghaddar in ihrer Lagebeurteilung.

Der Hamas-Angriff vom 7. Oktober hat das Sicherheitsgefühl Israels stark erschüttert. Die Hizbollah soll langfristig von der Nordgrenze ferngehalten werden. Tausende Israelis wurden in den letzten Monaten aus Dutzenden Ortschaften in Sicherheit gebracht. Viele Experten gehen deshalb davon aus, dass noch in diesem Frühjahr ein echter Krieg im Libanon erwachsen könnte.

Im Gazakrieg hat das israelische Militär neue Evakuierungen in Teilen der Stadt Gaza angeordnet. Die Anweisungen galten für die Stadtteile Saitun und Turkoman am südlichen Rand der Stadt. Die Anordnungen waren ein Hinweis darauf, dass militante Palästinenser auch in Gebieten im Norden des Gazastreifens, die nach Angaben des Militärs bereits vor Wochen weitgehend geräumt wurden, immer noch heftigen Widerstand leisten.