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Nahost-Konflikt auf Instagram
Wieso Meta manche Beiträge in Deutschland blockiert – und in der Schweiz nicht

PRODUKTION - 09.02.2023, Baden-Württemberg, Stuttgart: ILLUSTRATION - Eine Hand hält ein iPhone, auf dem Sozial Media Apps dargestellt sind (gestellte Szene). Am 10. Februar gibt der Datenschutzbeauftragte des Landes Baden-Württemberg seinen Tätigkeitsbericht Datenschutz 2022 bekannt. Foto: Bernd Weißbrod/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ (KEYSTONE/DPA/Bernd Weißbrod)
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Nicht alle Instagram-Beiträge, die wir in der Schweiz sehen, sind auch in Deutschland sichtbar. Ein Beispiel ist ein Post der deutschen Journalistin Alena Jabarine vom 25. Oktober 2023. «Ich musste 38 Jahre alt werden, bis ich fühlte, wie ich meine Heimat verliere. Und damit meine ich nicht Palästina, sondern Deutschland», steht da. In den folgenden Slides kritisiert Jabarine die deutsche Regierung:

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Kurz nach der Veröffentlichung sperrte Meta den Beitrag in Deutschland. Im Profil von Jabarine ist er nicht mehr sichtbar. Ruft man den Link auf, heisst es: «Inhalte nicht in Deutschland verfügbar.» Als Grund nennt Meta einen «gesetzlich begründeten Antrag auf Einschränkung dieses Inhalts». Er verstosse gegen die «lokale Gesetzgebung».

Was steckt dahinter?

Schweiz kennt keine spezifische Regulierung

In Deutschland gelten online andere Gesetze als in der Schweiz. Hierzulande gibt es keine spezielle Regelung für Plattformen; keine Sondermassnahmen gegen Hassrede oder für Schutz der Nutzerinnen und Nutzer und Transparenz im Internet. «Bei uns gilt momentan: Was offline verboten ist, ist es auch online – dies aber ohne spezifische Regulierung, was die Rechtssicherheit beeinträchtigt», sagt Mira Burri, Professorin für internationales Wirtschafts- und Internetrecht an der Universität Luzern.

Anders in Deutschland, das bekannt ist für seine umfassende Regulierung von Onlineplattformen. Das einflussreichste Gesetz dazu ist laut Burri das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG). Es trat 2017 in Kraft, soll unter anderem Hasskriminalität im Internet bekämpfen und verpflichtet Plattformen mit mindestens zwei Millionen deutschen Nutzern wie Instagram dazu, «offensichtlich rechtswidrige Inhalte» innerhalb von 24 Stunden zu löschen oder zu sperren, wenn diese von anderen Nutzern gemeldet werden. Unter das NetzDG fallen 21 Tatbestände des deutschen Strafgesetzbuches wie Volksverhetzung, Gewaltdarstellung, Bedrohung und Verleumdung.

In der Vergangenheit löste das NetzDG immer wieder Diskussionen aus, weil seine Umsetzung nicht transparent sei. Kritische Stimmen argumentierten, das Gesetz schränke die Meinungsfreiheit ein und sei deshalb verfassungswidrig.

Burri sagt: «Wenn Inhalte auf Plattformen aufgrund von nationalen Gesetzen wie dem NetzDG entfernt werden, bleiben sie in Ländern, in denen diese Gesetze nicht gelten, weiterhin sichtbar.» Dass der Instagram-Beitrag von Jabarine aufgrund des NetzDG gesperrt wurde, sei deshalb durchaus denkbar. Insbesondere weil der Post auch in anderen EU-Ländern wie den Niederlanden noch zu sehen ist.

Das sind allerdings nur Spekulationen. Denn weshalb einzelne Inhalte gesperrt werden, macht Meta nicht transparent. Für eine Stellungnahme zum konkreten Fall war das Unternehmen nicht erreichbar.

«Kafkaeskes System»

Wie Burri sagt, ist es auch möglich, dass der Beitrag aufgrund eines Verstosses gegen die Gemeinschaftsrichtlinien von Instagram erfolgte, unter welchen nicht nur illegale, sondern auch «anstössige» oder «unerwünschte» Inhalte entfernt werden.

Soll heissen: Wieso ein Post gelöscht wurde, weiss man meist nicht.

Auch Martin Steiger, Anwalt für Recht im digitalen Raum, macht auf diese Problematik aufmerksam. Er spricht von einem «kafkaesken System». Wieso genau Inhalte gegen die Richtlinien von Meta oder andere Gesetze verstossen, sagt Meta nicht. Wird ein Beitrag gelöscht, begründet der Konzern meist nicht, weshalb er das getan hat.

Steckt hinter dieser Intransparenz die mutwillige Einschränkung der Meinungsfreiheit?

«Nein», sagt Steiger. Er vermutet dahinter einen anderen Grund: «Meta will keinen Aufwand betreiben, anstatt Beiträge genau zu prüfen, werden diese deshalb direkt entfernt.» So verhindere Meta illegale Inhalte, lösche jedoch gleichzeitig auch solche, die nicht gegen eine Regel verstiessen. Das sei völlig normal auf Plattformen. «Das System ist willkürlich, fehlerhaft und funktioniert nicht.»

Denn: Inhalte darauf zu prüfen, ob sie wirklich gegen Regeln verstossen, sei extrem aufwendig. Zur Veranschaulichung: Im klassischen Medienrecht sei es nicht unüblich, dass sich mit einem Satz mehrere Gerichte befassten. «Es ist eigentlich nicht möglich, eine sinnvolle Moderation auf Onlineplattformen durchzuführen.»

Auch Steiger kann im Fall des Posts von Alena Jabarine nur spekulieren. Der Jurist vermutet, dass Keywords wie «Genozid» schon dafür gereicht haben könnten, dass der Algorithmus den Beitrag vollautomatisch sperrt. Oder aber, dass Nutzerinnen und Nutzer den Beitrag bei Meta gemeldet haben könnten und dieser deshalb entfernt worden sei. «Es ist eine gängige Praxis auf Social Media, Beiträge, die der eigenen Meinung widersprechen, gezielt zu melden, um sie aus dem Verkehr zu ziehen.» Werden ihre Inhalte gelöscht, könnten Benutzerinnen und Benutzer oft nichts dafür – und auch nichts dagegen tun.