Nachfolge von Hans-Jakob BoeschFilippo Leutenegger will Zürcher FDP-Präsident werden
Der 70-jährige Zürcher Stadtrat will es nochmals wissen: Er kandidiert zusammen mit Kantonsrätin Raffaela Fehr und dem Jungfreisinnigen-Präsidenten Matthias Müller, die das Vizepräsidium übernehmen wollen.
«Typisch Leutenegger!», mögen sich Politbeobachterinnen und -beobachter am späten Donnerstagnachmittag gedacht haben. Filippo Leutenegger verschickte von seiner Stadtratsmailadresse eine Mitteilung, er kandidiere für das Präsidium der kantonalen FDP. In seinem Team stellen sich für das Vizepräsidium Kantonsrätin Raffaela Fehr und der Präsident der Jungfreisinnigen Schweiz, Matthias Müller, zur Wahl.
Damit konkurrenziert Leutenegger das Duo Peter Grünenfelder und den Thalwiler Gemeinderat Thomas Henauer. Anfang September machte die NZZ publik, dass sich die beiden im Co-Präsidium um die Nachfolge von Präsident Hans-Jakob Boesch bewerben, der im Juni, nur vier Monate vor den eidgenössischen Wahlen, überraschend seinen Rücktritt bekannt gegeben hatte. Boesch hatte damals «die Nase voll», wie er an einer Delegiertenversammlung gesagt haben soll.
Partei in der Krise
Die Zürcher Freisinnigen befinden sich in keinem guten Zustand. Bei den Wahlen am vergangenen Wochenende hat die Partei 1,2 Prozentpunkte verloren. Ihre Ständeratskandidatin Regine Sauter schnitt so schlecht ab, dass sie sich zugunsten des SVP-Kandidaten Gregor Rutz zurückziehen musste. Damit verlieren die Freisinnigen den Zürcher Ständeratssitz. Bereits im Frühling scheiterte Peter Grünenfelder klar beim Versuch, den verlorenen FDP-Sitz im Regierungsrat zurückzuerobern.
Nun will also der 70-jährige Filippo Leutenegger das Steuer herumreissen. Er bringt sich als wilder Kandidat ins Spiel, ohne sich bei der Findungskommission beworben zu haben. Auf Anfrage sagte er am Donnerstagnachmittag, er wolle sich vorerst nicht weiter zu seiner Kandidatur äussern.
Der ehemalige Moderator der SRF-Sendung «Arena» sass seit 2003 im Nationalrat, bevor er 2014 in den Zürcher Stadtrat gewählt wurde. Dort übernahm er zuerst das Tiefbau- und Entsorgungsdepartement, seit 2018 hat Leutenegger die Leitung des Schul- und Sportdepartements inne.
Wird Leutenegger zum Parteipräsidenten gewählt, wäre es ungewöhnlich, wenn er noch weiter Stadtrat bleiben würde. Zwar ist sein Stadtratskollege, Vorsteher der Industriellen Betriebe Michael Baumer, auch im Vorstand der kantonalen Partei, aber das Präsidium dürfte Leutenegger einiges mehr einnehmen.
Entscheid fällt am 21. November
Ob das Duo Grünenfelder/Henauer, Leutenegger oder eine andere Kandidatin: Sie oder er muss oder müssen eine Partei einen, die zuletzt einen zerstrittenen Eindruck machte. Die Frage nach der Listenverbindung mit der SVP entzweite die Partei, wobei vor allem Stadtzürcher Vertreterinnen und Vertreter sich dagegenstellten. Mit nur einer Stimme Unterschied stimmten die Delegierten dem Vorhaben zu. Nach dem aus Sicht der Partei eher enttäuschenden Ausgang bei den Nationalrat- und Ständeratswahlen dürften sich die kritischen Stimmen bestärkt sehen.
Bereits zuvor rumorte es in der Partei. Im März vertagte die Partei die Delegiertenversammlung (DV), weil es nicht genügend Kandidierende und Ersatzleute für die Nationalratsliste gab. Das war, nachdem die FDP bei den Kantonsratswahlen schlechter abgeschnitten hatte als erwartet: Statt der prognostizierten Sitzgewinne blieb es beim Status quo.
Am 21. November findet eine ausserordentliche Delegiertenversammlung der FDP statt. Dort soll das neue Präsidium bestimmt werden. Die Einladung dazu soll morgen verschickt werden.
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