Nigel Owens tritt zurückNach seiner Pfeife tanzten die schweren Jungs wie Schulbuben
Er ist der Meister der klaren Kante, und Diskussionen erstickt er im Keim: Rugby-Schiedsrichter Nigel Owens wurde mit seiner autoritären Art zur Legende.
Eigentlich sind Schiedsrichter kein Thema. Oder sollten zumindest keines sein. Falls doch, ist ihnen meist der Match entglitten. Das jedenfalls gilt im Fussball.
Rugby ist ein bisschen anders, Nigel Owens aber auch kein Schiedsrichter wie jeder andere. Der 49-jährige Waliser wurde selbst zum Star, denn seine Autorität auf dem Platz ist unübertroffen. Wenn es sein muss, stellt er selbst die schwersten Jungs in den Senkel und lässt sie da stehen wie Schulbuben. Was auch mit der Haltung im Rugby zu tun hat, dass Schiedsrichter unantastbar sind. Das Gesetz.
Owens verdiente sich mit seiner Art Respekt und erlangte Legendenstatus über den Sport hinaus. 17 Jahre lang leitete er Spiele auf dem höchsten Niveau, pfiff 100 Länderspiele und 2015 den WM-Final. Doch nun hat er genug: Am Freitag erklärte der er seinen Rücktritt als internationaler Referee. Wir würdigen seine besten Momente – und bedanken uns bei den Rugby-Bossen, dass die Schiedsrichter in diesem Sport verkabelt und ihre Gespräche dem Publikum zugänglich gemacht werden.
Furchtlos im Getümmel
Ein durchschnittliches Rugbyteam bringt knapp eine Tonne auf die Waage, und als an jenem Abend im Jahr 2010 eine Massenkeilerei zwischen den Mannschaften Scarlets und Leinster in der paneuropäischen Liga Pro14 ausbrach, war viel Gewicht in Bewegung.
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Nigel Owens, eher schmächtige Postur, wartete deshalb einfach mal zu. Doch als sich die Gemüter zu beruhigen begannen, liess er keine Zweifel offen, wer der Chef ist. Er bestellte alle Spieler zu sich, und er sagte «alle», weil er «alle» meinte: jeden einzelnen der 30 wilden Kerle auf dem Platz.
Und seine Ansage war vernichtend: «Was vorhin passiert ist, habe ich nicht gesehen. Aber das hört jetzt auf, ist das klar?! Ihr seid Erwachsene, und ihr werdet als Erwachsene behandelt, solange ihr euch so verhaltet.»
«Das ist nicht Fussball»
Der Respekt vor den Entscheiden der Schiedsrichter ist eine der grossen Unterschiede zwischen Fussball und Rugby. Immer wieder hat Nigel Owens dies in Konversationen mit den Spielern deutlich gemacht. So auch in einer Pro14-Partie zwischen den Mannschaften aus Munster in Irland und Treviso, Italien.
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«Ich glaube, wir sind uns noch nicht vorgestellt worden», ermahnte er Treviso-Spieler Tobias Botes nach einem Entscheid gegen die Italiener, den Botes kommentierte: «Ich bin der Schiedsrichter auf dem Platz, nicht du. Bleib du bei deinem Job, und ich werde meinen tun. Das ist nicht Fussball, ist das klar? Und jetzt zurück mit dir.»
In einer anderen Partie blaffte er einen Spieler an: «Hey, das Fussballstadion ist 500 Meter in diese Richtung.»
Keine Angst vor Selbstironie
Owens ist offen schwul, er tat sich aber lange schwer, dazu zu stehen. Die Angst vor den Reaktionen in der männlich dominierten Rugby-Welt war gross. Mit 26 unternahm er gar einen Suizid-Versuch. 2007 wagte er das Coming-out und erhielt dafür viel Zuspruch.
Wie entspannt er mit der Zeit damit umgehen konnte, zeigte sich in einem Europacup-Match zwischen Castres und den Harlequins aus London. Als bei einem Seitenaus die Engländer den Ball viel zu schräg einwarfen, sagte Owens: «I’m straighter than that one.» (straight heisst gerade, aber auch heterosexuell).
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Trotzdem beliebt bei den Spielern
«Das Einfachste am Job des Schiedsrichters ist es, die Regeln zu kennen und sie korrekt auszulegen», sagte Owens einmal. «Viel wichtiger aber ist, ein Gespür für den Sport zu haben. Wenn dir das fehlt, kannst du kein Spiel gut leiten.»
Die knappe Ansage ist seine Spezialität. Und er hat die Autorität, Reklamationen der Spieler gar nicht aufkommen zu lassen. Denn sie sind im Rugby verpönt. Nachdem er einem Spieler sein Fehlverhalten darstellt, sind seine letzten Worte gern: «Und das ist das Ende dieser Diskussion.»
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Und auch wenn das harsch klingt: Die Spieler spüren, dass es Owens nicht um sich geht, sondern um den Sport. Als bewegendsten Moment seiner Karriere nennt er den Dank des australischen Nationalspielers David Pocock nach dem WM-Final 2015 zwischen Neuseeland und Australien – obschon die «Wallabies» verloren. Owens erzählt: «Es war vielleicht seine letzte Chance auf einen Titel, und was macht Pocock als Erstes nach dem Schlusspfiff? Er kommt zu mir und bedankt sich. Das zeigt die Schönheit des Rugbys.»
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