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Nach Massenschlägerei in Opfikon
«Die Schweizer Behörden müssen genauer hinsehen»

Eritreische Regimeanhänger vor der UNO in Genf während einer Kundgebung 2016.
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Eritrea, das kleine Land am Horn von Afrika, sorgt für Schlagzeilen. Kürzlich wurde bekannt, dass eritreische Spione beim Staatssekretariat für Migration (SEM) als Übersetzende in den Asylverhandlungen arbeiten. Das SEM hat eine Untersuchung eingeleitet. Am Wochenende lieferten sich nun Anhänger und Gegner der Diktatur eine Massenschlägerei im zürcherischen Opfikon. Drei Personen wurden verhaftet, es gab zwölf Verletzte. 

In der Schweiz leben sowohl regimetreue wie auch regimekritische Eritreer. Aber wer sind die Leute, welche die aktuelle Regierung Afewerki unterstützen? Und unter welchem Titel leben sie hier?

Sie sind schon länger eingewandert

Gespräche mit Diaspora-Angehörigen zeigen: Die meisten sind in den Siebziger- und Achtzigerjahren in die Schweiz gekommen, weil sie während des Unabhängigkeitskriegs vor dem äthiopischen Staat flohen. Für diese Generation ist Präsident Afewerki ein Freiheitskämpfer, der dem Land die Unabhängigkeit brachte. Auch die Kinder der ersten Migrationswelle hegen oft Sympathien für das Regime. «Es gibt viele Secondos unter den Regimetreuen, die hierzulande sehr gut etabliert sind, nach Eritrea in die Ferien reisen und in den sozialen Netzwerken Propaganda verbreiten», sagt Samson Yemane, Co-Präsident des Eritreischen Medienbunds und selbst Eritreer. 

Eine kleine Minderheit arbeite direkt für die Regierung in Asmara, um Spenden und die sogenannte Diaspora-Steuer einzutreiben. Das seien vor allem Leute, die zum Beispiel ein Grundstück in Eritrea hätten oder in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Regime stünden. Manche hätten auch Angst vor dem langen Arm des Regimes – und würden die Diktatur in Asmara nur widerwillig unterstützen oder sich von den Oppositionellen distanzieren. (Lesen Sie mehr: «Das Dümmste, was geschehen konnte – am Ende leidet der Ruf aller Eritreer».)

«Wir beobachten aber immer häufiger, dass sich vormals regimenahe Personen in der Schweiz gegen die Diktatur wenden», so Yemane. Das komme vor allem dann vor, wenn die in der Schweiz lebenden Personen keine Verwandten mehr in Eritrea hätten, die vom Regime dort drangsaliert oder erpresst werden könnten. Dass immer wieder Regimetreue die Seiten wechseln, interpretiert er als Zeichen einer Schwächung der Diktatur. 

2022 haben insgesamt 1168 Eritreerinnen und Eritreer Asyl erhalten, 329 wurden vorläufig aufgenommen.

Wie viele eritreische Regimeanhänger in der Schweiz leben, ist unklar. Die meisten Asylsuchenden aus Eritrea erhalten entweder den Status als anerkannte Flüchtlinge oder eine vorläufige Aufnahme. Bei Letzteren handelt es sich um Personen, die in der Schweiz zwar kein Asyl erhalten haben, bei denen das SEM jedoch eine Wegweisung als unzumutbar beurteilt. Im Jahr 2022 haben insgesamt 1168 Eritreerinnen und Eritreer Asyl erhalten, 329 wurden vorläufig aufgenommen. Gemäss dem SEM gibt es schweizweit 76 Fälle, bei denen der Asylstatus aufgehoben wurde, weil eine Asyl suchende Person zurück nach Eritrea gereist war. Insgesamt leben zurzeit 30’000 Personen mit einem eritreischen Pass in der Schweiz.

Yemane kritisiert, dass die Schweizer Behörden sogenannte «Kulturfestivals» regelmässig bewilligen: «Das sind Propagandaanlässe von Unterstützern des eritreischen Regimes, die dazu dienen, Gelder für die Diktatur zu sammeln.» Viele Exileritreerinnen und -eritreer fühlten sich davon unter Druck gesetzt. «Ihr Zorn ist legitim, auch wenn ich die Gewalt verurteile», so Yemane. Er fordert, dass solche Kulturfestivals in der Schweiz verboten werden, so wie das die Niederlande machen.

Eritreische Aktivisten und Expertinnen hätten immer wieder die Polizei, Politiker und die Behörden darauf aufmerksam gemacht und um Intervention gebeten, damit es erst gar nicht zu solchen Konfrontationen komme. Vergebens. «Mit der Bewilligung von solchen Veranstaltungen stärkt man die Diktatur in Eritrea. Die Schweizer Behörden müssen genauer hinsehen.»

Grüne und SVP stellen Fragen 

Das fordert auch Nicolas Walder, Nationalrat der Grünen aus Genf. Er möchte in der kommenden Session dem Bundesrat folgende Fragen stellen: «Welche Massnahmen ergreift der Bundesrat, um die Spannungen in der eritreischen Diaspora zu reduzieren? Und welche Rolle spielt das eritreische Konsulat bei der Organisation dieser regimenahen Festivals?»

Auch im Zürcher Kantonsrat reichte die SVP am Montag eine Anfrage ein und möchte vom Regierungsrat wissen, was er gegen die zunehmende Gewalt zwischen eritreischen Gruppierungen tun wolle. Zudem erkundigte sich die Partei nach den Möglichkeiten, um Staatsangehörige mit Asyl- oder Flüchtlingsstatus auszuweisen, falls diese für solche Ausschreitungen verantwortlich sind.

Der Zürcher Sicherheitsdirektor Mario Fehr kündigte gegenüber der NZZ an, die Namen der Verantwortlichen umgehend dem SEM weiterzuleiten. «Es gibt keinen Grund, weshalb regimetreue Eritreer in der Schweiz weiterhin Schutzstatus geniessen sollen.» Fehr habe deswegen bereits beim Bund interveniert.