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Nach Festnahme in der Schweiz
Einreiseverbot für Rechtsextremist Martin Sellner nach Deutschland

Wien 13.04.2019, Innere Stadt, Wien, AUT, Demonstration der Identitaeren Bewegung Oesterreich und Gegendemonstrationen der Plattform fuer eine menschliche Asylpolitik und Offensive gegen Rechts . im Bild Identitaeren Oesterreich Chef Martin Sellner // Leader of the far-right Identitarian movement Martin Sellner during demonstration of the far-right Identitarian movement and left-wing counter demonstrations in Vienna, Austria on 2019/04/13. *** Vienna 13 04 2019, Innere Stadt, Vienna, AUT, Demonstration of the Identitaeren Bewegung Oesterreich and Counter Demonstrations of the Platform for a Human Asylum Policy and Offensive against Right in the Image Identitaeren Oesterreich Chef Martin Sellner Leader of the far right Identitarian movement Martin Sellner during demonstration of the far right Identitarian movement and left wing counte PUBLICATIONxNOTxINxAUT EPgru
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Am Samstag bekam Martin Sellner schon mal einen Vorgeschmack auf das, was ihm jetzt blüht. Dabei hatte er sich doch so gefreut: über die malerische Kulisse am Bodensee, auf ein hoffentlich begeisterungsfähiges Publikum später am Abend. Sellner wollte im Schweizer Dorf Tegerfelden nahe der deutschen Grenze einen Vortrag halten, das Thema: «Remigration».

Schon im November in Potsdam hatte der frühere Anführer der «Identitären Bewegung» Österreichs vor rechten bis rechtsextremen Kreisen darüber gesprochen, wie man Millionen Ausländer und unliebsame Deutsche mit Migrationshintergrund aus der Bundesrepublik abschieben könnte. Die Rechercheplattform Correctiv machte das Treffen im Januar öffentlich.

Entscheidend ist eine «Gefährdung der öffentlichen Ordnung»

In der Schweiz endete Sellners Auftritt am Samstag nun nach ein paar Minuten – die Polizei nahm ihn fest, eskortierte ihn aus dem Saal und wies ihn aus dem Kanton Aargau aus. «Zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und der Verhinderung von Konfrontationen mit Personen der Gegenseite», wie die Polizei mitteilte.

Auch in Deutschland wird Sellner wohl so schnell keine Vorträge mehr halten. Die Ausländerbehörde der Stadt Potsdam untersagt ihm offiziell die Einreise in die Bundesrepublik Deutschland. Sellner machte die Entscheidung am Dienstag selbst publik. Eine Sprecherin der Stadt Potsdam bestätigte, dass man ein entsprechendes Einreiseverbot verhängt habe. Nähere Angaben machte sie aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes zunächst nicht. Potsdams Bürgermeister Mike Schubert sagte, die Demonstrationen und Kundgebungen gegen Rechtsextremismus seien ein wichtiges Zeichen gewesen. Aber man müsse auch zeigen, «dass der Staat nicht ohnmächtig ist und seine legitimen Mittel nutzt».

Die Stadt hatte nach den Correctiv-Enthüllungen über das Vernetzungstreffen Anfang Februar eine entsprechende Prüfung eingeleitet. Der rechtsextreme Aktivist ist österreichischer Staatsbürger. Obwohl er damit einen EU-Pass besitzt, ist ein solches Einreiseverbot unter besonderen Bedingungen tatsächlich möglich – etwa, wenn eine «Gefährdung der öffentlichen Ordnung» zu befürchten ist, sobald der betreffende Unionsbürger nach Deutschland einreist. So steht es in Paragraf 6 des Freizügigkeitsgesetzes.

Sellner hat schon vor Wochen angekündigt, sich juristisch zu wehren, sollte es so weit kommen. «Ich werde weiterhin versuchen, mein Recht auf Reisefreiheit in Anspruch zu nehmen», sagte Sellner in einem Video auf seinem Telegram-Kanal. Er hatte die Aufregung um das Potsdamer Treffen nutzen wollen, um für ein neues Buch über «Remigration» zu werben, unter anderem mit Vorträgen und Lesungen in Deutschland.

Sellner liess seine Anhänger abstimmen, ob er Einreiseverbot hat

Um Sellners Tätigkeiten zu verhindern, soll die Bundespolizei noch im Januar einen Eintrag in ihrer Fahndungsdatenbank angelegt haben. Sollten Polizisten ihn an der Grenze kontrollieren, könnten sie ihm die Weiterreise in die Bundesrepublik verweigern, sofern das Bundespolizeipräsidium zustimmt. Das wäre allerdings eine Ermessensentscheidung der Polizei, das Verfahren der Stadt Potsdam lief unabhängig davon an.

Und Sellner testete gleich die Grenzen aus. Kurz nach einem Spiegel-Bericht über das Vorgehen der Bundespolizei kündigte er auf Telegram an, bei Passau nach Deutschland einzureisen. Die Polizei kontrollierte ihn – und liess ihn passieren. Da sagte ein Sprecher der Bundespolizei noch, es hätten keine Gründe vorgelegen, die auf eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung hindeuteten.

Auf seinem Telegram-Kanal kokettierte Sellner in den vergangenen Wochen immer wieder damit, dass die Stadt Potsdam zig Seiten Akten mit – aus seiner Sicht angeblichen – Verfehlungen zusammengestellt habe. Am Montagabend postete er ein Foto von einem braunen Umschlag, adressiert an seinen Anwalt, versendet von der Ausländerbehörde Potsdam. Sellner liess seine Follower abstimmen, ob sie glaubten, dass in dem Umschlag die Mitteilung über das Einreiseverbot stecke. Am Dienstag folgte dann die Auflösung.

Die USA erteilten ihm schon 2019 ein Einreiseverbot

Dass Deutschland EU-Bürgern die Einreise verweigert, ist selten, kommt aber in herausragenden Fällen vor. Im Herbst 2020 etwa nahm die Polizei den dänischen rechtsextremen Politiker Rasmus Paludan in Berlin fest, weil er sich nicht an ein Einreiseverbot gehalten hatte. Paludan hatte angekündigt, in Berlin öffentlichkeitswirksam einen Koran zu verbrennen. 2022 wurde eine spanische Rechtsextremistin an der Einreise gehindert.

Das Einreiseverbot ist der vorläufige Höhepunkt der Auseinandersetzung zwischen Sellner und den deutschen Sicherheitsbehörden. Dem Verfassungsschutz ist er schon seit Jahren als einer der Köpfe der sogenannten Neuen Rechten bekannt. Er ist bestens bekannt und vernetzt mit anderen Vordenkern von Vorfeldorganisationen wie dem Thinktank «Institut für Staatspolitik», dem Magazin Compact, wo er selbst Beiträge veröffentlicht, und der AfD.

Auch mit Einreisesperren hat Sellner Erfahrung: 2018 fing ihn die britische Polizei in London am Flughafen ab und schickte ihn zurück. 2019 erteilten auch die USA Sellner ein Einreiseverbot. Kurz zuvor war bekannt geworden, dass der Identitären-Aktivist Geld vom rechtsextremen Attentäter von Christchurch in Neuseeland bekommen hatte.