Arachnophobie-Albtraum in AustralienNach der Überschwemmung kommt die «Spinnen-Apokalypse»
In Australien haben Wassermassen Millionen Spinnen in die Höhe getrieben. Ihre Netze überspannen Bäume und Landschaften.
Wer eine Spinnenphobie hat, dürfte die Bilder schon aus seinen Albträumen kennen: Spinnennetze überall – und darauf krabbeln Tausende der achtbeinigen Monster umher. In Australien ist diese Schreckensvorstellung Realität geworden. Nach tagelangem Regen mit Überschwemmungen im Bundesstaat Victoria sind Millionen Spinnen in die Höhe geflüchtet und überspannen mit ihren Netzen nun halbe Landschaften rund um Traralgon.
Im Internet werden Bilder davon geteilt, und auch die lokalen Medien berichten von einer «Spinnen-Apokalypse». Die Australierinnen und Australier sind die achtbeinigen Gliederfüssler eigentlich gewohnt, doch die riesigen Netze lösen auch in Down Under einiges an Erklärungsbedarf aus. Woher kommen die Viecher, und was machen die da?
Experten wie Professor Dieter Hochuli von der Universität Sydney haben darauf Antworten. Das Phänomen sei nach Überschwemmungen eigentlich ganz gewöhnlich, sagt Hochuli dem australischen Sender 7 News. «Die Spinnen leben normalerweise am Boden und machen bei solchen Fluten genau das, was wir auch machen: Sie flüchten in die Höhe.»
Die Spinnen heben ab
Dazu nutzen sie das sogenannte Ballooning, den Spinnenflug. Die Tiere produzieren dafür ganz dünne Seidenfäden, die dann im Wind mitsamt der Spinne abheben, wie Entomologe Ken Walker vom Melbourne Museum dem «Guardian» erklärt. Theoretisch könnten sie so bis zu 100 Kilometer weit fliegen, was sie in anderen Situationen auch machen.
Bei der Überschwemmung sei das aber gar nicht nötig, sie müssten einfach etwas in die Höhe, erklärt Walker. Stattdessen nutzten die Spinnen ihre Fäden eher als eine Art Lasso, um sich an die Vegetation über ihnen hinaufzuziehen. Wenn dies aber während einer Überschwemmung Tausende praktisch gleichzeitig machen, verfangen sie sich ineinander und kreieren riesige Netzteppiche über der Landschaft.
Diese Spinnen bauen am Boden normalerweise keine Netze, erklärt Walker. Selbst nach dem Ballooning passiere das nicht, auch wenn die Bilder dies wohl vermuten liessen. Walker sagt sogar, dass jede Spinne nur einen Faden produziert, also stehe jeder Faden in diesen riesigen Netzgebilden für eine Spinne. Insgesamt geht der Experte von Millionen Spinnen aus, die auf den Videos aus Victoria zu sehen sind. Im australischen Bundesstaat, wo es derzeit auch eine Mäuseplage gibt, komme das Phänomen etwa einmal im Jahr vor, weiss Walker.
Masse der Spinnen wird sichtbar
Während Arachnophobiker bei solchen Vorstellungen wohl mit Höchsttempo fliehen würden, zieht das Phänomen in Australien sogar Leute aus der ganzen Region an, wie Einheimische berichten. So sind es nicht die Spinnennetze, die das Leben in Traralgon stören, sondern die Auswärtigen, die das Phänomen mit ihren Handys und Fotoapparaten festhalten wollen.
Lange werde das aber nicht halten, sagt Professor Hochuli, sobald es etwas stärker winde, würden sich die Netzgebilde wieder auflösen. Und die Spinnen verschwinden wieder dahin, wo sie herkamen, wo sie aber nie in dieser schieren Masse gesehen werden: in den Boden, unter die Blätter oder in die Bäume.
Für Hochuli ist das die interessante Erkenntnis des Phänomens, dass sichtbar werde, wie viele der achtbeinigen Gliederfüsser eigentlich ständig irgendwo herumkrabbelten. Für alle Arachnophie-Betroffene dürfte das allerdings nicht eine so tolle Vorstellung wie für den Professor aus Sydney sein.
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