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Meinung

Kommentar zur Credit-Suisse-Rettung
Nach der 50-Milliarden-Hilfe: So kann es nicht weitergehen

Noch gestern Morgen sagte Credit-Suisse-Präsident Axel Lehmann, dass eine Staatshilfe für die Bank kein Thema sei.
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Es ist ein Ärgernis sondergleichen, dass die Credit Suisse von der Nationalbank gerettet werden muss. Aber die 50-Milliarden-Geldspritze ist nötig, um die Abwärtsspirale, aus der sich die Bank aus eigener Kraft nicht mehr befreien kann, zu stoppen.

Es ist bezeichnend, dass die Verantwortlichen mitten in der Nacht zum Schluss kamen, dass eine reine Garantie der Nationalbank, bei Bedarf Liquidität zur Verfügung zu stellen, nicht mehr genügt. Noch am späten Mittwochabend ging man davon aus, dass es dabei bleibt. Doch um 1.49 Uhr gab die Credit Suisse bekannt, dass sie die Option bereits gezückt hat, bis zu 50 Milliarden Franken von der Nationalbank zu leihen.

Dabei hat die Credit Suisse eigentlich gar kein Liquiditätsproblem. Im Gegenteil ist die entscheidende Kennzahl, die sogenannte Liquiditätsdeckungsquote, seit Ende Jahr deutlich gestiegen, jedenfalls zum Stand vom Dienstagabend. Doch die Credit Suisse steckt in einer existenzbedrohenden Vertrauenskrise, die sie selber mit einer unglaubwürdigen Kommunikation weiter anheizt.

Letztes Beispiel ist die wirkungslose und inhaltlich falsche Beruhigungspille von Verwaltungsratspräsident Axel Lehmann. An einer Konferenz in Saudiarabien sagte er am Mittwoch vor Börsenbeginn, Staatshilfe für seine Bank sei «kein Thema». So kann man sich irren – und zerstört das Vertrauen in die oberste Führung weiter.

Ob die Milliardenhilfe wirkt, muss sich erst noch weisen. Die Aktien der Credit Suisse stiegen jedenfalls nach Börsenbeginn um 32 Prozent. Doch die Nagelprobe kommt erst in den nächsten Tagen, wenn sich zeigt, ob die Geldabflüsse gestoppt werden konnten.

Nun sollte dringend eine politische Debatte darüber beginnen, ob die Schweiz genügend gut aufgestellt ist, um existenzbedrohende Bankenkrisen zu verhindern.

Nach der Finanzkrise waren sich Politik und Wirtschaft einig, dass eine Milliardenrettung durch den Staat wie bei der UBS nie mehr geschehen sollte. Dafür sollten unter anderem die «Too big to fail»-Regeln sorgen. Prompt kam am Mittwoch nach der Bekanntgabe der Garantiezusage der Nationalbank ein Missverständnis auf. Und zwar, dass nun doch der Staat der Credit Suisse beispringe.

Dies ist nicht der Fall. Die Credit Suisse ist kein Fall von «Too big to fail», also eines ungeordneten Konkurses einer systemrelevanten Bank. Die Nationalbank hat einzig ihren Auftrag erfüllt, für Finanzstabilität zu sorgen. Dazu kann sie Geschäftsbanken Liquiditätsspritzen geben.

Dennoch wirkt das Ganze wie eine Hauruckübung. Und deshalb sollte nun dringend eine politische Debatte darüber beginnen, ob die Schweiz genügend gut aufgestellt ist, um existenzbedrohende Bankenkrisen wie nun bei der Credit Suisse zu verhindern.

Die Antwort ist Nein. Und die möglichen Massnahmen liegen auf dem Tisch: Erstens sollten sich Bundesrat und Parlament überlegen, ein Trennbankensystem einzuführen – sprich, Vermögensverwaltungs- und Geschäftsbanken von Investmentbanken, die Eigenhandel betreiben, zu trennen. Zweitens sollten sie prüfen, ob die Eigenkapitalquoten genügen. Drittens braucht es strengere Auflagen für Löhne und Boni von Topmanagern. Und zwar nicht aus Neid, sondern um ihnen den Anreiz zu nehmen, Misswirtschaft zu betreiben.

Im Fall der Credit Suisse ist das Versagen der eidgenössischen Finanz­marktaufsicht offensichtlich. Das ist nicht allein ihre Schuld.

Die Schweiz braucht überdies eine strengere Bankenaufsicht. Im Fall der Credit Suisse ist das Versagen der eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) offensichtlich. Immer wieder hat sie die Bank in den vergangenen Jahren wegen mangelnder Kontrollen angeprangert. Geschehen ist aber zu wenig – unter anderem, weil die Finanzaufseher der Credit Suisse zu viel Vertrauen schenkten.

Das ist nicht allein die Schuld der Finma, sondern auch der Politik. Denn die Finma hat zu wenig scharfe Mittel, um wirklich durchzugreifen. Beispielsweise kann sie keine Bussen verhängen, selbst wenn sie grobe Missstände aufdeckt.

Handeln sollte nun auch die Führung der Credit Suisse. Die Aktionäre haben ihr ein Instrument in die Hand gegeben, um auf die Verantwortlichen des Schlamassels loszugehen. Und zwar beschlossen sie an der Generalversammlung 2021 auf Antrag des Verwaltungsrats, die Entlastung der Bankspitze nur teilweise zu gewähren – nämlich unter Ausschluss aller Themen mit Bezug zum Greensill-Skandal. An der Generalversammlung vom vergangenen Jahr verweigerten sie die Entlastung sogar ganz.

Das erlaubt es der Bank, Haftungs- und Schadenersatzklagen einzureichen. Der Zeitpunkt dazu ist gekommen.