Unruhen in den USANach den Statuen wanken auch die Fahnen
Im Gefolge der Rassismus-Debatte in den USA werden die Symbole der Südstaaten-Konföderation angegriffen. Denkmäler sollen fallen, die Fahnen der Sklavenhalter geächtet werden.
Der verlustreichste amerikanische Konflikt dauerte vier Jahre, von 1861 bis 1865, und forderte mehr Opfer als alle anderen US-Kriege zusammen. Unverändert aber wird die Abspaltung der sklavenhaltenden US-Südstaaten, von Virginia bis nach Texas, mancherorts im Süden verklärt. «Ehrenhaft» sei der Bürgerkrieg gewesen, eine «aussichtslose» aber «heldenhafte» Sache die Konföderation.
Noch heute färben manche Südstaatler den Bürgerkrieg als «Krieg der nördlichen Aggression» schön. Oder sie sprechen von einem «Krieg zwischen den Staaten», bei dem es vor allem um die Bewahrung der Rechte der Einzelstaaten gegangen sei. Kein namhafter Historiker des Bürgerkriegs und seiner Vorgeschichte aber bezweifelt heute, dass der Krieg vor allem zur Bewahrung der Versklavung von Afroamerikanern gefochten wurde.
Die Unmenschlichkeit der «besonderen Institution» ist unbestritten, noch immer aber wird sie verharmlost und von Neo-Konföderierten und anderen Rassisten am rechten Rand der US-Gesellschaft sogar verteidigt. Auch deshalb begegnet man überall im Süden den Symbolen der Südstaaten-Konföderation. Die Fahne der «Confederacy» ist zum Markenzeichen der Unbelehrbaren geworden, allgegenwärtige Statuen von Südstaaten-Generälen und Anführern der Rebellion von 1861 romantisieren den Verrat an der Union.
Kontroversen toben seit Jahren
Seit Jahren toben Kontroversen um diese Symbole, im Gefolge des Tods von George Floyd und der Rassismus-Debatte ist der Ruf nach einem historischen Grossreinemachen jetzt unüberhörbar geworden. Am Mittwoch stürzten Demonstranten in Richmond, der Hauptstadt Virginias und einst Hauptstadt der Konföderation, die Statue von Jefferson Davis, dem Präsidenten der Südstaaten, vom Sockel.
Die Stadt möchte weitere Denkmäler, darunter das des Oberbefehlshabers der könföderierten Armee, Robert E. Lee, entfernen, muss jedoch Gerichtsentscheidungen abwarten. Im US-Kapitolsgebäude in Washington sollen unterdessen die Standbilder von elf konföderierten Anführern abgeräumt werden, wenn es nach dem Willen von Nancy Pelosi geht, der demokratischen Präsidentin des Repräsentantenhauses. Es seien «Denkmäler für Menschen, die sich für Grausamkeit und Barbarei eingesetzt hätten», schrieb Pelosi an den zuständigen Ausschuss.
In mehreren US-Städten, darunter in New Orleans, wurden Statuen von Südstaaten-Rebellen bereits abtransportiert, anderswo aber verhinderten Klagen vor zuständigen Gerichten die Zäsur. In der Universitätsstadt Charlottesville im Staat Virginia waren 2017 sogar Rechtsradikale und Neo-Nazis aus dem gesamten Land aufmarschiert, nachdem die Stadt ein Denkmal Robert E. Lees aus einem zentralen Park entfernen wollte.
Laut Kritikern «ironisch»
Nun aber könnten nicht nur Statuen und Denkmäler fallen, auch die Fahne der abtrünnigen Südstaaten soll nicht mehr wehen: In Mississippi, dem letzten Südstaat, der die konföderierte Fahne noch als Teil der Staatsflagge zeigt, verlangen afroamerikanische Politiker und Bürgerrechtler eine neue Staatsfahne, und bei der besonders im Süden beliebten Autorennserie Nascar darf die konföderierte Fahne nach dem Willen der Veranstalter künftig nicht mehr flattern. Die US-Marine will die Fahne gleichfalls verbieten.
Auch amerikanische Militärstandorte, die wie etwa Fort Bragg in North Carolina die Namen konföderierter Kommandeure tragen, müssten umbenannt werden, fordern Kritiker. Es sei «ironisch, dass amerikanische Soldaten und Marineinfanteristen auf Stützpunkten ausgebildet werden, die den Namen von Personen tragen, die gegen die Union gekämpft haben», so Ex-General David Petraeus.
Donald Trump weigert sich indes: Eine Umbenennung komme «überhaupt nicht in Frage», sagte der Präsident am Mittwoch. Reaktionäre Südstaatler gehören zum Kern von Trumps Basis, sie zu verprellen kann sich der Präsident nicht leisten. Dass er kein Gespür für die Rassenproblematik hat, bewies Trump einmal mehr mit seiner Entscheidung, ausgerechnet am 19. Juni in Tulsa im Staat Oklahoma wieder mit Grossveranstaltungen für seine Anhänger zu beginnen.
Der Tag gilt bei Afroamerikanern als Feiertag, da am «Juneteenth» 1865 versklavten Schwarzen in Texas Abraham Lincolns Emanzipationserklärung vorgelesen wurde. Und Tulsa war 1921 Schauplatz eines der schlimmsten Massakers an Afroamerikanern. Ein schwarzes Viertel ging in Flammen auf, bis heute ist die Zahl der Ermordeten ungeklärt.
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