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Pro und Kontra Radio am Arbeitsplatz
Sollen Busfahrer Musik hören dürfen?

Bus der Linie 32 Richtung Holzerhurd auf der Langstrasse.
04.06.2022
(URS JAUDAS/TAGES-ANZEIGER)
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Ja. Lasst den Chauffeuren diese kleine Freude.

Oliver Sterchi

Die Chauffeure im öffentlichen Verkehr sind wahrlich nicht um ihren Job zu beneiden: Arbeitseinsätze frühmorgens oder bis weit in die Nacht hinein. Dazu die Monotonie des immer gleichen Streckennetzes – beim gleichzeitigen Anspruch, im Stadtdschungel stets mit maximaler Aufmerksamkeit unterwegs zu sein, um ja nicht von einer gefährlichen Situation überrascht zu werden.

Bus- und Tramchauffeure schultern eine grosse Verantwortung, sowohl für ihre Passagiere wie auch für die übrigen Verkehrsteilnehmer. Ein Moment der Unaufmerksamkeit, eine falsche Reaktion, und eine Velofahrerin oder ein Fussgänger kommt womöglich zu Schaden. Wer im ÖV arbeitet, hat wahrlich einen Knochenjob.

Umso kleinlicher wirken die Stimmen, die sich über die Musik im Fahrerstand beschweren, über das «Ethnogedudel», wie es die Zürcher SP-Nationalrätin Jacqueline Badran abschätzig formulierte. Ausgerechnet Badran, die Vertreterin der selbst ernannten Arbeiterpartei, will der Arbeiterklasse im ÖV diese kleine Freude madig machen. Wäre die SVP auf der Suche nach einer Steilvorlage für ihre Verächtlichmachung des Stereotyps des «Cüpli-Sozialisten», Badran lieferte sie geradezu in Reinform. 

Dem Buspersonal sei diese Unterhaltung von Herzen gegönnt. Die Risiken bleiben überschaubar. Eine Analyse der Fachhochschule Nordwestschweiz hat ergeben, dass das Musikhören nicht per se zu einem erhöhten Sicherheitsrisiko führt.

Und wer sich partout ob des «Gedudels» stört, soll einfach Kopfhörer aufsetzen und dem eigenen Lieblingssound lauschen. Hören und hören lassen.

Nein. Ohr und Auge braucht es für die Strasse.

Markus Wüest

Musik, laute Gespräche am Handy, gelegentlich hört man über den Lautsprecher auch die andere Hälfte der Konversation: Das alles gehört heute zur Fahrt im öffentlichen Verkehr dazu. Fast niemand wagt es mehr, sich zu beschweren oder höflich darum zu bitten, wenigstens ein bisschen leiser zu stellen.

Und der Buschauffeur oder die Buschauffeuse greifen auch höchst selten ein. Wie sollen sie auch, wenn sie selbst vorne im Gefährt das Radio – oder was auch immer – so laut plärren lassen, dass der halbe Fahrgastraum beschallt wird? 

In den Trams von Zürich und Basel fällt so etwas kaum auf, da die Führerstände abgeschlossene Kabinen sind. In den Bussen ist das anders. Fairerweise muss man sagen, dass die wenigsten Fahrerinnen und Fahrer so laut Musik hören, dass es stört. Doch wenn es stört, ist es ein Unding. Die Leute am Steuer sind für ihre Passagiere verantwortlich. Nehmen sie mit lauter Musik noch wahr, wenn jemand Hilfe braucht oder es Streit unter den Reisenden gibt? Ist das Sinnesorgan Ohr für die Sicherheit nicht wesentlich? 

Vor wenigen Tagen im Bus selber erlebt: Eine junge Fussgängerin überquerte seelenruhig bei Rotlicht einen Zebrastreifen. Sie hatte die Kapuze über dem Kopf, dicke Kopfhörer auf den Ohren, war in ihrer Welt gefangen. Der Buschauffeur – der sich nicht beschallen liess – hätte sie fast überfahren. 

Kurz und gut: Hören und Sehen sind im Strassenverkehr unerlässlich. Für alle Teilnehmer.