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Präsidentschaftswahl in den USA
Mit «Obamagate» gegen die Pandemie

Sie waren im Visier der Russland-Ermittlungen: Der frühere General Michael Flynn mit Donald Trump während des Präsidentschaftswahlkampfs 2016.
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Die Präsidentschaftswahl im November, das ist den meisten in den USA klar, wird zu guten Teilen ein Referendum darüber werden, wie Donald Trump das Land durch die Pandemie geführt hat. Genau das wollen Trump und seine Verbündeten verhindern. Sie tun viel dafür.

Am Donnerstag hatte ein Whistleblower aus der US-Gesundheitsbehörde einen Auftritt vor einem Ausschuss im Kongress. Der ausgebildete Arzt Rick Bright hatte sich geweigert, von Trump angepriesene Behandlungsmethoden gegen Covid-19 zu unterstützen, für die es keine wissenschaftliche Belege gibt. Danach wurde Bright gefeuert.

Vor dem Kongress legte er nun die Versäumnisse der Regierung im Umgang mit der Pandemie dar und warnte angesichts fehlender Pläne vor dem «dunkelsten Winter», der auf die USA zukomme. Die meisten TV-Sender übertrugen die Anhörung live, die führenden Zeitungen machten damit ihre Titelseiten auf. In der rechten Medienwelt aber, in der sich Millionen von Amerikanern bewegen, fand der Auftritt praktisch nicht statt.

Trommelfeuer bei Fox News

In dieser Welt geht es derzeit nur noch am Rande um die 86’000 Toten oder um die 36 Millionen Arbeitslosen, die das Land in der Corona-Krise bereits verzeichnen musste. Es geht auch nicht um die Mehrheit der Amerikaner, die Trumps Regierung für ihr Krisenmanagement schlechte Noten ausstellt.

Stattdessen dreht sich bei Fox News, dem Haussender des Präsidenten, sowie bei Trumps Twitter-Konto schon seit Tagen fast alles nur noch um ein Thema: «Obamagate».

Der Begriff stammt von Trump. Er verwendet ihn, seit das Justizministerium vergangene Woche das Verfahren gegen Trumps Ex-Sicherheitsberater Michael Flynn überraschend fallen gelassen hat. Flynn stand am Anfang der Ermittlungen durch das FBI, die zur Russland-Untersuchung durch Robert Mueller führten. Er bekannte sich im Dezember 2017 schuldig, das FBI über seine Kontakte zu Russland belogen zu haben.

Opfer einer Verschwörung?

Der Präsident und viele konservative Kommentatoren sehen den Fall Flynn als Teil einer Verschwörung der Obama-Regierung und des «tiefen Staates»: Das FBI habe versucht, die neue Regierung schon vor dem ersten Amtstag zu sabotieren, indem es Flynn eine Falle gestellt habe.

Ein Element von «Obamagate» ist in dieser Lesart eine Liste, die Trumps interimistischer Geheimdienstkoordinator Richard Grenell kürzlich den Republikanern im Senat übergeben hat. Auf dieser Liste stehen die Namen von Offiziellen der Obama-Regierung, die bei den Geheimdiensten Anfang 2017 die Identität einer Person erfragten, die mit dem russischen Botschafter in Washington telefonische Kontakte hatte.

Bei dieser Person handelte es sich um Flynn. Geheimdienstler beschreiben diesen Vorgang als Routine. Für die Kreise um Trump ist das jedoch ein Beweis dafür, dass die Obama-Regierung ein Komplott gegen den designierten Sicherheitsberater schmiedete.

«Dafür sollten Leute ins Gefängnis gehen. Das war alles Obama, das war alles Biden.»

US-Präsident Donald Trump

Worin genau das angebliche Verbrechen von Obama bestehen soll, kann der Präsident allerdings nicht erklären. Auf die entsprechende Frage eines Journalisten sagte Trump am Montag bloss: «Sie wissen, was das Verbrechen ist. Es ist für jeden offensichtlich.»

Am Donnerstag redete er bei Fox News darüber, dass Obama mindestens vor den Kongress geladen, besser aber gleich ins Gefängnis gesteckt gehöre, so wie auch sein damaliger Vizepräsident Joe Biden, der im Herbst gegen Trump antreten wird.

Der beispiellose Schritt des Justizministers

Nun gibt es im Fall Flynn tatsächlich einige Fragezeichen. So erscheint es seltsam, dass das Justizministerium nicht vom FBI darüber informiert wurde, dass Flynn als neues Mitglied der Trump-Regierung im Januar 2017 von Agenten der Bundespolizei einvernommen wurde. Auch innerhalb der Bundespolizei war die Einvernahme umstritten.

Das ändert jedoch nichts daran, dass Flynn vor Gericht zweimal zugab, unter Eid über seine Kontakte zu Russland gelogen zu haben. Das ist eine Straftat.

Trotzdem beantragte Trumps Justizminister William Barr vergangene Woche den Rückzug der Anklage gegen Flynn – ein beispielloser Schritt, der im Kontext von Trumps Bemühungen steht, die Geschichte der Russland-Untersuchung umzuschreiben. Diese fand zwar keine Beweise für illegale Absprachen der Trump-Kampagne mit Moskau, aber sie dokumentierte das Ausmass der russischen Wahleinmischung zugunsten Trumps – die dieser bis heute bestreitet.

Eine neue Klage gegen Flynn?

Der zuständige Richter im Fall Flynn weigert sich allerdings, das Verfahren einfach einzustellen. Er hat diese Woche einen pensionierten Kollegen als Gutachter eingesetzt, der prüfen soll, ob der Antrag des Justizministeriums zulässig ist oder ob gegen Flynn eine neue Anklage wegen Missachtung des Gerichts ergehen soll.

Zudem haben 2000 ehemalige Mitarbeiter des Justizministeriums Barr in einem offenen Brief vorgeworfen, mit seinem Vorgehen den Rechtsstaat zu unterhöhlen, indem er zugunsten Trumps Einfluss auf die Justiz nehme. Die Affäre wird noch eine Weile schwelen.