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Update in der Russland-Affäre
Trumps Ex-Berater Flynn soll straffrei bleiben

Der damalige president-elect Donald Trump und sein Berater Michael Flynn im Dezember 2016.
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Wenn es ein politisches Trauma gibt, unter dem Donald Trump leidet und das ihn nicht loslässt, dann sind es die Russland-Ermittlungen - die «Hexenjagd» oder der "schlechte Witz», wie der Präsident die Untersuchungen genannt hat. Fast drei Jahre lang, vom Sommer 2016 bis zum Frühjahr 2019, sind das FBI, der Sonderermittler Robert Mueller und dazu noch die Demokraten im Kongress mit grossem Eifer der Frage nachgegangen, ob Trump oder jemand aus seinem Umfeld einem russischen Geheimdienst bei dessen Manipulations- und Sabotageaktion gegen die US-Präsidentschaftswahl geholfen hat.

Herausgekommen ist dabei wenig Belastendes. Doch für Trump waren die Ermittlungen stets der Beweis, dass eine linke, ihm feindlich gesonnene Bürokratenclique im Justiz- und Sicherheitsapparat - der «tiefe Staat» - versucht, die Legitimität seines Wahlsiegs zu untergraben und ihn aus dem Amt zu drängen. Sogar von einem versuchten «Putsch» hat Trump im Zusammenhang mit den Untersuchungen gesprochen.

Trump triumphierte

Insofern war es keine Überraschung, dass Trump - und mit ihm das gesamte rechtskonservative Kommentatoren-Universum - am Donnerstag triumphierte. Ein Journalist informierte den Präsidenten am Nachmittag bei einem Pressetermin im Weissen Haus darüber, dass das US-Justizministerium die Anklage gegen seinen früheren Sicherheitsberater Michael Flynn fallen lassen wolle.

Flynn, ein ehemaliger Drei-Sterne-General des Heeres, war der prominenteste und ranghöchste Mitarbeiter Trumps, der ins Visier von Mueller geraten und im Herbst 2017 wegen Falschaussage angeklagt worden war. Dass die Justiz jetzt einen Rückzieher machen und auf eine weitere Strafverfolgung verzichten will, war für den Präsidenten daher auch eine Art endgültiger Beweis für seine eigene Unschuld. «Was sie gemacht haben, war eine Schande», sagte Trump am Donnerstag. «Und ich hoffe, dass viele Leute dafür einen hohen Preis bezahlen, weil sie unehrliche Gauner waren. Sie sind Abschaum, menschlicher Abschaum.»

Nun ist der Fall Flynn tatsächlich nicht ganz eindeutig. Einerseits hat der ehemalige General sich nicht nur höchst unprofessionell und verdächtig verhalten, sondern auch zweifellos strafbar gemacht: Flynn war 2016 einer der aussenpolitischen Berater des Kandidaten Trump und führte im Dezember jenes Jahres mindestens ein geheimes Telefonat mit dem damaligen russischen Botschafter in Washington, Sergej Kisljak.

Nach nur drei Wochen entlassen

Trump hatte damals zwar die Wahl schon gewonnen, war aber noch nicht als Präsident vereidigt worden. Flynn und Kisljak sprachen relativ konkret über die künftigen amerikanisch-russischen Beziehungen - eine höchst fragwürdige Unterhaltung, da für Amerikas Aussenpolitik zu diesem Zeitpunkt noch die Obama-Regierung zuständig war. Was Flynn damals zudem nicht wusste, war, dass das FBI bereits seit einigen Monaten untersuchte, ob Trump-Vertraute im Wahlkampf illegale Absprachen mit der russischen Regierung getroffen hatten. Da die Telefonate des Botschafters überwacht wurden, stand plötzlich auch Flynn auf der Liste der verdächtigen Personen.

Zum Verhängnis wurde Flynn dann, dass er Anfang 2017 sowohl andere Regierungsmitglieder - darunter Vizepräsident Mike Pence - als auch das FBI über seine Kontakte zum russischen Botschafter belogen hat. Trump machte Flynn zwar im Januar 2017 zu seinem Nationalen Sicherheitsberater, entliess ihn aber nach nur drei Wochen, weil er den Russland-Skandal, der sich über ihm zusammenbraute, loswerden wollte. Dass Flynn dem FBI unter Eid die Unwahrheit gesagt und damit eine Straftat begangen hat, ist amtlich - er hat es selbst zwei Mal vor Gericht zugegeben. Der Fall schien damit einmal mehr die alte Washingtoner Skandalregel zu bestätigen: Es ist nicht der ursprüngliche Gesetzesverstoss, der zum Sturz führt, sondern der Versuch, diesen durch Lügen zu vertuschen.

Zur Lüge verführt

Andererseits: Im Falle Flynns wurde nie der Vorwurf eines solchen ursprünglichen Gesetzesverstosses erhoben. Die US-Justiz klagte ihn nicht wegen illegaler Gespräche mit russischen Vertretern an, sondern nur wegen seiner Lügen gegenüber den Ermittlern. Mit dieser besonderen Konstellation begründete das Justizministerium jetzt auch, warum es das Verfahren einstellen will.

Das Verhör, in dem Flynn gelogen habe, sei völlig unnötig und für die Ermittlungen zu der russischen Sabotageaktion bei der Wahl irrelevant gewesen, heisst es in dem entsprechenden Schreiben an das Gericht. Das Ministerium argumentiert damit implizit so ähnlich, wie Trump und seine Unterstützer es seit Jahren offen tun: Flynn sei vom FBI de facto zu einer Lüge verführt worden, um ihn unter Druck setzen und zum Kronzeugen gegen Trump machen zu können.

Doch die Kehrtwende des Ministeriums hat vermutlich auch erhebliche parteipolitische Gründe. Justizminister William Barr, der die Entscheidung abgesegnet hat, ist zu einem der wichtigsten Verbündeten Trumps im Kampf gegen die vermeintlichen Gegner aus dem «tiefen Staat» geworden. So hat sich Barr als sehr effektiv darin erwiesen, die für Trump durchaus nicht in allen Punkten entlastenden Ergebnisse der Mueller-Ermittlungen abzublocken. So betonte Barr in seiner Zusammenfassung des Mueller-Berichts zwar, dass der Ermittler keine Belege für eine rechtswidrige Kollusion Trumps mit Moskau im Wahlkampf 2016 gefunden habe. Dass Muellers Abschlussbericht jedoch jede Menge Hinweise darauf enthielt, dass Trump sich in den Monaten danach der massiven Justizbehinderung schuldig gemacht hatte, um eine Aufklärung der Vorgänge unmöglich zu machen, unterschlug Barr.

Wahlkampf illegal ausspioniert

Der Justizminister teilt zudem die Ansicht des Präsidenten, dass dessen Wahlkampfteam 2016 illegal ausspioniert wurde. Und er hat seinerseits Ermittler eingesetzt, die die damaligen Entscheidungen der Verantwortlichen überprüfen. Das Ergebnis eines dieser Ermittler war nun massgeblich dafür verantwortlich, dass die Anklage gegen Flynn fallen gelassen wurde.

Was für Trump ein Sieg ist, ist für die Demokraten daher vor allem ein skandalöser Beweis dafür, dass der Präsident sich Amerikas einst unabhängige Justiz untertan gemacht hat. Jerry Nadler, der demokratische Vorsitzende des Justizausschusses im Abgeordnetenhaus, forderte in einem wütenden Tweet am Donnerstag bereits eine weitere Untersuchung.