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Neue Debatte über Eizellenspende
Mit 50 noch Mutter werden?

Die Samenspende ist in der Schweiz schon lange erlaubt, nun soll auch die Eizellenspende legalisiert werden. 
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Der Entscheid fiel überraschend deutlich aus: Mit 19 zu 4 Stimmen bei einer Enthaltung hat sich die Wissenschaftskommission des Nationalrats vergangene Woche dafür ausgesprochen, die Eizellenspende zu legalisieren. Dabei hat sie eine erste Einschränkung vorgenommen: Der Bundesrat soll die Eizellenspende «für Ehepaare ermöglichen, bei denen der Unfruchtbarkeitsgrund bei der Frau liegt».

Falls die Motion im Parlament eine Mehrheit findet, werden noch viele Fragen zu klären sein. Zum Beispiel jene, ob ein Höchstalter festgelegt werden soll. Am häufigsten kommen Eizellenspenden bei altersbedingter Reduktion der Fruchtbarkeit zur Anwendung. In Israel zum Beispiel ist festgelegt, dass die Eizellenempfängerin nicht älter als 53 Jahre sein darf. In manchen spanischen Kliniken werden dagegen auch ältere Frauen behandelt.

Die Natur überwinden

Ein juristisches Gutachten im Auftrag des Bundes aus dem Jahr 2013 empfiehlt, von einer starren Altersgrenze abzusehen. Wenn es darum gehe, sicherzustellen, dass die Eltern ihre Verantwortung bis zur Volljährigkeit des Kindes wahrnehmen könnten, sei eine Altersgrenze nur für Frauen kaum gerechtfertigt, schreibt Gutachterin Andrea Büchler.

Ausserdem sei der Rückgriff auf «die Natur» im Kontext der medizinisch assistierten Fortpflanzung paradox, da es doch gerade darum gehe, diese zu überwinden. «Das Klimakterium kann deshalb im Kontext der Eizellenspende nicht als allgemeine und absolute Altersgrenze gelten», schreibt Büchler.

Bevor solche Fragen geklärt werden, geht es aber zunächst um ein Ja oder Nein zum Auftrag an den Bundesrat. Als Nächstes wird sich der Nationalrat mit der Kommissionsmotion befassen. Zuletzt hat er 2019 über die Eizellenspende entschieden – und sich mit 108 zu 62 Stimmen bei 9 Enthaltungen gegen eine Legalisierung ausgesprochen.

«Bei der Eizellenspende geht es darum, eine Ungleichbehandlung von Mann und Frau zu beheben.»

Katja Christ, GLP-Nationalrätin

Gab es inzwischen einen Meinungsumschwung? Die Eizellenspende war auch Thema im Abstimmungskampf zur Ehe für alle, weil die Vorlage den Zugang zur Samenspende für lesbische Paare beinhaltete. Die Gegnerinnen und Gegner warnten damals, als Nächstes würden Eizellenspende und Leihmutterschaft legalisiert. Von der Pro-Seite hiess es, das Thema habe keine Priorität. Nun sehen sich die Gegnerinnen und Gegner bestätigt: Das Nächste werde die Leihmutterschaft sein, sagt SVP-Nationalrätin Verena Herzog.

Grundlage für den Entscheid der Wissenschaftskommission war ein Vorstoss von GLP-Nationalrätin Katja Christ. Sie betont, sie habe den Vorstoss lange vor der Abstimmung über die Ehe für alle eingereicht. Ausserdem sei die Diskussion über die Eizellenspende von jener über die Leihmutterschaft klar zu trennen.

«Bei der Eizellenspende geht es darum, eine Ungleichbehandlung von Mann und Frau zu beheben», sagt Christ. Heute könnten Paare bei Unfruchtbarkeit des Mannes auf die Samenspende zurückgreifen. Bei Unfruchtbarkeit der Frau dagegen bleibe ihnen der Zugang zur Fortpflanzungsmedizin gänzlich verwehrt. «Für dieses absolute Verbot gibt es schlicht keinen Grund.»

Neben Deutschland ist die Schweiz das einzige europäische Land mit einem Verbot. Christ erinnert daran, dass jedes Jahr Hunderte von Paaren aus der Schweiz ins Ausland reisen, um sich mit einer Eizellenspende den Kinderwunsch zu erfüllen, die meisten nach Spanien. Es sei sinnvoller, die Eizellenspende auch in der Schweiz zuzulassen, sagt Christ – mit entsprechenden Regelungen.

Auf Teufel komm raus

SVP-Nationalrätin Verena Herzog dagegen sieht im Wunsch nach Eizellenspenden ein Beispiel für den Zeitgeist des grenzenlosen Egoismus. Die Menschen wollten «auf Teufel komm raus» alles verwirklichen, was sie sich in den Kopf gesetzt hätten – ohne Rücksicht auf die Folgen.

Samenspende und Eizellenspende seien keineswegs vergleichbar, argumentiert Herzog. Eizellenspenderinnen müssten sich einer risikobehafteten Hormonbehandlung unterziehen. Auch sei die Entnahme der Eizellen mit gesundheitlichen Risiken verbunden. Darüber hinaus sieht Herzog vor allem das Kindeswohl gefährdet, wenn Kinder von einer Mutter geboren werden, mit der sie genetisch nicht verwandt sind. «Das Konfliktpotenzial ist programmiert.»

Die Gegnerinnen und Gegner befürchten zudem, dass Spenderinnen ausgebeutet werden. Es würden sich kaum privilegierte westliche Frauen zur Verfügung stellen, gibt SVP-Nationalrat Peter Keller zu bedenken. Für Keller handelt es sich um eine Entwicklung, die zur «Degradierung der Frau zur bezahlten Gebärmaschine» führt.

Nein-Stimmen gab es in der Wissenschaftskommission einzig aus der SVP-Fraktion, wobei nicht alle SVP-Mitglieder dagegen stimmten. Enthalten hat sich EVP-Nationalrätin Lilian Studer. Sie habe Verständnis für das Anliegen, doch müssten noch viele Fragen geklärt werden, sagt sie. Im Parlament sind auch Nein-Stimmen aus der Mitte zu erwarten.

Die Basler GLP-Nationalrätin Katja Christ sieht im Verbot der Eizellenspende eine Ungleichbehandlung von Mann und Frau.