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Rentenalter in China
Mit 50 in den Ruhestand

Bald muss länger gearbeitet werden: Arbeiterinnen in einer Fabrik für Lautsprecherboxen in Fuyang.

Wenn man Chinesen zum Staunen bringen will, erzählt man ihnen, in welchem Alter die Europäer in Rente gehen. Selbst hat das Milliardenland eines der niedrigsten Renteneinstiegsalter der Welt: Männer hören mit 60 Jahren auf zu arbeiten, angestellte Frauen mit 55 und Arbeiterinnen sogar mit 50 Jahren. Doch allzu lange dürfte auch China nicht mehr an diesen Regeln festhalten können, die es seit den 1950er-Jahren nie angepasst hat, obwohl die Lebenserwartung gestiegen ist.

Während die Zahl der Rentnerinnen und Rentner wächst – schon heute ist jeder fünfte Chinese über 60 Jahre alt –, fehlt es an jungen Menschen, um diese zu versorgen. Nach 40 Jahren strikter Geburtenkontrolle schrumpfte die Bevölkerung im vergangenen Jahr zum ersten Mal, vor ein paar Tagen löste Indien das Land als bevölkerungsreichste Nation der Welt ab.

Schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters

Reagiert die Staatsführung in Peking nicht, dürfte die Rentenkasse für die Bewohner von Städten bis 2035 ausgeschöpft sein. Das haben die Behörden selbst errechnet. Derzeit wird jeder Rentner durch die Beiträge von fünf Arbeitnehmern unterstützt. Das Verhältnis ist nur noch halb so gross wie vor einem Jahrzehnt. Laut Experten könnte es bis 2030 nur noch 4 zu 1 betragen, 2050 sogar nur noch 2 zu 1. Seit Jahren drängen Wirtschaftsexperten und Demografen auf eine Reform, doch auch der neue Ministerpräsident Li Qiang wollte bei seinem Amtsantritt im März zunächst keinen Zeitplan nennen.

Laut Medienberichten plant Chinas Regierung eine schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters. Die Volksrepublik strebt einen «progressiven, flexiblen und differenzierten Weg zur Anhebung des Renteneintrittsalters» an. Menschen, die sich inzwischen dem Rentenalter nähern, müssen den Eintritt in den Ruhestand nur um einige Monate hinauszögern. Junge Leute müssen wohl einige Jahre länger arbeiten. Aber es werde eine lange Anpassungs- und Übergangszeit geben, sagte ein hochrangiger Regierungsberater.

Schon gibt es Proteste in den sozialen Medien

Die Kommunistische Partei Chinas muss nicht erst nach Frankreich schauen, um zu wissen, wie unpopulär eine solche Entscheidung wäre. Im Februar wurde landesweit in den sozialen Medien protestiert, als ein Bericht von Chinas grösster Investmentbank Citic Securities die Reform für dieses Jahr voraussagte. Um den Schock abzufedern, dürfte das Rentenalter jedes Jahr nur um einige Monate nach hinten geschoben werden.

Um die niedrigeren Renten abzufangen, investieren schon jetzt viele Chinesen in eine private Rentenversicherung. Doch das ist nur ein Problem. Die meisten Älteren gehen auch deshalb in den Ruhestand, weil sie auf ihre Enkelkinder aufpassen müssen, für die es keine Kinderhort- oder Kindergartenplätze gibt. Von den 47 Millionen Kindern unter drei Jahren besuchen nur fünf Prozent eine Kindertageseinrichtung, aber auch ohne ächzen Eltern unter den Kosten für die Ausbildung und Erziehung ihres meist einzigen Kindes.

Hunderte Millionen arbeiten schon länger

Schon jetzt arbeiten Bauern und Arbeiter, von denen es immer noch Hunderte Millionen gibt, faktisch länger, weil sie von der staatlichen Rente nicht leben können. Im Februar protestierten Tausende Rentner in Wuhan gegen Kürzungen bei den Krankenversicherungsleistungen, monatliche Zulagen sollten gestrichen werden. Häufig finanzieren die Kinder ihre Eltern mit, doch auch das wird schwieriger.

Wie sensibel das Thema ist, zeigte vor einigen Wochen ein Video auf Douyin, dem chinesischen Tiktok. Ein bekannter Influencer, der sonst zeigt, was man mit 100 Kuai Verdienst am Tag, umgerechnet knapp 14 Franken, kaufen kann, interviewte eine 78-jährige Frau. Diese erklärte, obwohl sie ihr Leben lang gearbeitet habe, müsse sie mit gerade einmal 107 Kuai Rente einen ganzen Monat auskommen. Nun verzichte sie auf Fleisch und lebe bei ihrem Sohn, sagte sie unter Tränen. Es dauerte nicht lange, da wurde das Video zensiert.