Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Migration in die USA
Um Migranten zu stoppen, hält Mexikos Bahnbetreiber die Züge an

Migrants hop a northbound freight train in Irapuato, Mexico, Saturday, Sept. 23, 2023. (AP Photo/Marco Ugarte)
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

In Zentral- und Südamerika spielt sich eine schwere Migrationskrise ab. Die Anzahl der Menschen, die aus ihrer Heimat in Richtung USA flüchten, ist vielerorts auf Rekordhöhe gestiegen. In mehreren Ländern sind die Regierungen mit dem Ansturm überfordert, was sich vor allem in Mexiko zeigt.

Dort gab das Bahnunternehmen Ferromex bekannt, einen Teil seiner Verbindungen in Richtung US-Grenze einzustellen. 60 Güterzüge würden gestoppt, teilte Ferromex in der vergangenen Woche mit. Dies geschehe zum Schutz der Migranten.

Unterwegs mit dem Todeszug

Schon lange ist bekannt, dass die Migration mit dem Güterzug durch Zentralamerika hochgefährlich ist. «La bestia» (Die Bestie) oder «tren de la muerte» (Todeszug) wird der Zug genannt, der von der Grenze Guatemalas kommend Mexiko durchquert. Immer wieder stürzen Menschen vom Zug, werden überfahren, ausgeraubt oder vergewaltigt.

Doch die Ereignisse der vergangenen Wochen hatten eine neue Qualität. Tausende kletterten auf die Züge, Familien mit kleinen Kindern warteten an den Bahnhöfen. Allein in den vergangenen Tagen sei etwa ein halbes Dutzend Personen auf dem Weg zur amerikanischen Grenze getötet oder verletzt worden, begründete das Unternehmen seine Entscheidung.

Zuvor stürmten in der südmexikanischen Stadt Tapachula Migranten, hauptsächlich aus Haiti, ein Büro der Flüchtlingshilfe. Sie drängten sich an den Sicherheitskräften vorbei. Die Migranten wollten Dokumente, um weiter in Richtung Norden reisen zu können. Es gibt zwar keine offiziellen Schätzungen, aber nach Angaben der amerikanischen NGO International Rescue Committee kommen täglich etwa 5000 Menschen im Süden Mexikos an.

Rekordhohe Zahlen melden die mexikanischen Behörden vor allem aus Ecuador und Venezuela. Ecuador hat sich zu einem Transitland für Kokain entwickelt. Rivalisierende Gangs machen sich das lukrative Geschäft streitig, was die Mordrate in die Höhe getrieben hat. Im vergangenen Monat wurde gar der Präsidentschaftskandidat Fernando Villavicencio im Wahlkampf erschossen (lesen Sie hier ein Q&A zur Situation in Ecuador). Venezuela hingegen hat der Sozialist Nicolás Maduro schon seit langem heruntergewirtschaftet. Migration in Richtung USA gibt es aber nicht nur aus Zentral- und Südamerika, sondern auch aus China, Afrika und Afghanistan.

Das bekommen auch andere Länder des Kontinents zu spüren. Costa Ricas Regierung hat zuletzt gar angekündigt, den Ausnahmezustand auszurufen. Präsident Rodrigo Chaves versprach, bald ein Dokument zu unterzeichnen, um ausserordentliche finanzielle Mittel freizusetzen. «Wir alle wissen, dass es auf dem gesamten amerikanischen Kontinent eine Migrationskrise gibt», sagte Chaves. 

Dramatisch ist die Situation auch an der Grenze zwischen Panama und Kolumbien, wo dichter Dschungel und hohe Berge das Fortkommen zur Tortur machen. Noch vor wenigen Jahren machten sich nur ein paar Tausend Migranten auf den risikoreichen Weg. In diesem Jahr haben sich gemäss den Behörden bereits über 380’000 Menschen durch das Gebiet gequält, in dem sich Drogenhändler und bewaffnete Kriminelle breitmachen. Wer den beschwerlichen Treck auf sich nimmt, muss den Glauben an ein annehmbares Leben in seiner Heimat verloren haben. 

Migrants walk by the jungle near Bajo Chiquito village, the first border control of the Darien Province in Panama, on September 22, 2023. The clandestine journey through the Darien Gap usually lasts five or six days, at the mercy of all kinds of bad weather. More than 390,000 migrants have entered Panama through this jungle so far this year, far more than in all of 2022, when there were 248,000, according to official Panamanian data. (Photo by Luis ACOSTA / AFP)

Bessere Zukunftschancen erhoffen sich die Geflüchteten in den USA – obwohl US-Grenzstädte mit der Situation überfordert sind. Über 2000 Migranten erreichen jeden Tag die US-Grenzstadt El Paso. Die Aufnahmezentren sind überfüllt. Der dortige Bürgermeister sagte kürzlich, man habe einen «kritischen Punkt» erreicht. Auch Präsident Joe Biden setzen die Migrantenströme unter Druck. Er hat Mexiko und zentralamerikanische Länder zur Kontrolle der Migrantenzahlen gedrängt und verlangt jetzt, dass sich Asylsuchende vorab durch eine Handy-App registrieren.

Im November will Mexikos Präsident Andrés Manuel López Obrador nach Washington reisen, um mit Biden über Migration zu sprechen respektive zu verhandeln. Kürzlich sprach er an einer Pressekonferenz davon, dass Stacheldraht und polizeiliche Repression keine nachhaltigen Lösungen seien. Man müsse die Bedingungen in den Ursprungsländern verbessern. «Diese Menschen verlassen ihre Heimat nicht, weil sie es gerne möchten, sondern weil sie nicht anders können», sagte der mexikanische Präsident.

Anwälte und humanitäre Helfer berichten, dass die mexikanischen Beamten die Menschen oft vorübergehend festhalten, um sie dann mit der Aufforderung zur «freiwilligen Ausreise» zurück in den Süden zu schicken. Die meisten Migranten schreckt das nicht ab. Sie kehren um und versuchen ihr Glück erneut.