Hilfe für KMUMieterlass per Gesetz steht vor dem Absturz
Im Sommer noch verdonnerte das Parlament den Bundesrat, ein Gesetz für Mietsenkungen für den Lockdown auszuarbeiten. Am Montag stimmte der Nationalrat dagegen. Nun drohen teure Nachzahlungen, fürchtet Gastro-Unternehmer Michel Péclard.
Michel Péclard kann es nicht fassen. Der Zürcher Gastrounternehmer, der 14 Lokale wie die Pumpstation am See betreibt, hat auf den Nationalrat gesetzt, damit dieser per Gesetz einen Mieterlass erwirkt. Doch daraus droht nichts zu werden: Am Montagabend lehnte der Nationalrat das Geschäftsmietengesetz mit 100 zu 87 Stimmen ab. Damit steht das Vorhaben mit hoher Wahrscheinlichkeit vor dem Scheitern, denn auch im Ständerat am Mittwoch dürfte die Sache keine Mehrheit finden.
«Wenn das Gesetz nicht kommt, so drohen nun teure Mietnachforderungen für März und April. Da jetzt auch die Mehrwertsteuer fällig wird, könnte das für einige Betriebe zu viel sein», sagt Péclard.
Über 100’000 betroffene Betriebe
Was ihn besonders umtreibt: Es war das Parlament selbst, dass im Sommer den Bundesrat per Motion gezwungen hat, ein Gesetz für den Mieterlass für die Lockdown-Phase auszuarbeiten. Laut Schätzungen waren zwischen März und Juni zwischen 25 und 30 Prozent aller Geschäftsmieter beziehungsweise über 100’000 Betriebe von einer Zwangsschliessung betroffen.
«Alle haben auf den Gesetzgeber gewartet», sagt Péclard. «Ich verstehe nicht, warum der Nationalrat erst ein Gesetz zum Mieterlass einfordert und es dann nicht beschliesst. Jetzt haben wir wertvolle Monate verloren», kritisiert er. Er hat dabei noch Glück, denn seine Pandemieversicherung dürfte Mietnachforderungen decken, hofft er.
Enttäuschte Hoffnungen
«Nachdem das Parlament Tausenden von Gewerbemietenden, die aufgrund der behördlich verfügten Schliessungen Schwierigkeiten haben, ihre Mieten zu bezahlen, wiederholt Hoffnung gegeben hat, geht es nun wieder rückwärts», kritisiert auch der Mieterinnen- und Mieterverband Schweiz.
Die bürgerliche Mehrheit begründete ihre Ablehnung damit, dass mit dem Gesetz rückwirkend in private Vertragsbeziehungen eingegriffen würde. Philipp Matthias Bregy (CVP) gab zu bedenken, dass Gastrobetriebe und andere KMU bald mit den Härtefallhilfen von Bund und Kantonen rechnen könnten. Die Befürworter des Gesetzes wie Jacqueline Badran (SP) halten den gesetzlich verordneten Mieterlass für nötig, um eine Pleitewelle in der Gastrobranche zu vermeiden.
Kompromisslose Vermieter
«Ich sehe nicht ein, warum die Vermieter nicht einen Anteil an den Kosten für den Lockdown übernehmen sollen. Längst nicht alle sind für einen Mietkompromiss zu haben», sagt Gastro-Unternehmer Péclard. Laut einer Umfrage des Verbands Gastrosuisse haben bei 40 Prozent der Betriebe noch gar keine Verhandlungen mit dem Vermieter stattgefunden.
Davon berichtet auch Didier Rochat, Geschäftsführer der Organisation Blaues Kreuz. Die Suchthilfeorganisation betreibt in der ganzen Schweiz Brockenstuben. «An den Standorten Wil und Wattwil haben wir bisher keinerlei Entgegenkommen des Vermieters erfahren», so Rochat. Allein die Miete in Wil würde mit 15’000 Franken im Monat zu Buche schlagen. Für die Brockenstube in Jona habe der Vermieter eine Mietreduktion von 30 Prozent für die Lockdown-Monate angeboten. Gleichzeitig hätte das Blaue Kreuz aber in Zukunft keine neuen Forderungen stellen dürfen. Nun bleibe ihm nichts anderes übrig, als erneut das Gespräch zu suchen.
Hilfen gibt es allenfalls noch auf Ebene der Kantone. So hat die Stimmbevölkerung am Sonntag in Baselland zugestimmt, KMU rückwirkend Mietzinserleichterungen zuzusprechen. Dabei übernimmt der Kanton ein Drittel der Miete, wenn sich Vermieter und Mieter auf eine Mietsenkung um ein Drittel einigen. Der Mieter muss so nur ein Drittel zahlen, der Vermieter bekommt zwei Drittel der Miete.
Von den Betrieben, deren Kantone keine Hand für Hilfen bieten, dürften nun einige ihr Glück auf dem Klageweg versuchen. Gastro Suisse hat bereits angekündigt, seine Mitglieder beim Gang vor die Gerichte zu unterstützen. Der Mieterverband will dies auch tun und hat bereits erste Verfahren angestrengt.
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