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Reaktionen zum Tod von Michail Gorbatschow 
Internationale Gäste können wohl nicht an Beerdigung gehen

Historischer Staatsmann: Michael Gorbatschow ist laut Agenturmeldungen 91-jährig verstorben.
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Michail Gorbatschow, der letzte Präsident der Sowjetunion, ist im Alter von 91 Jahren in Russland gestorben. «Heute Abend ist Michail Sergejewitsch Gorbatschow nach langer schwerer Krankheit gestorben», teilte das der russischen Präsidentschaft unterstellte Zentralkrankenhaus in Moskau am Dienstag mit, wie die russischen Nachrichtenagenturen Interfax, Tass und Ria Nowosti meldeten.

Der russische Präsident Wladimir Putin hat nach Angaben eines Sprechers sein tiefes Mitgefühl zum Tod von Friedensnobelpreisträger Michail Gorbatschow geäussert. Putin werde der Familie am Mittwochmorgen ein Telegramm schicken, kündigte Kremlsprecher Dmitri Peskow der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge am Dienstagabend in Moskau an.

Gorbatschow habe sich zwar während der Corona-Pandemie zur Beobachtung im Krankenhaus befunden, meldete Interfax. Er sei aber nicht an dem Coronavirus gestorben, sondern an den Folgen von Alter und Krankheit, hiess es.

Hindernisse für ausländische Gäste bei Gorbatschows Beerdigung

Schon lange vor seinem Tod hat der frühere Sowjetpräsident und Friedensnobelpreisträger Michail Gorbatschow seine Beerdigung geregelt. Er wird auf Moskaus berühmtem Prominentenfriedhof am Neujungfrauenkloster beerdigt, wo er sich ein Grab neben seiner 1999 nach schwerer Krankheit in Münster gestorbenen Frau Raissa Gorbatschowa gesichert hatte. Dort war er oft. Unklar ist allerdings, welche internationalen Gäste zur Beerdigung in Moskau kommen werden – angesichts des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine und der Sanktionen der EU und der USA gegen das Land. 

Im November 1985 treffen sich die beiden Staatschefs der Supermächte Sowjetunion und USA, Michail Gorbatschow (rechts) und Ronald Reagan (links), zu einem richtungsweisenden Gipfel in Genf. 

So sind nicht nur viele ranghohe Politiker der EU von russischer Seite als Reaktion auf die westlichen Sanktionen mit Einreiseverboten belegt worden. Gesperrt ist auch der Luftraum in Russland für «unfreundliche EU-Staaten».

Viele westliche Politiker meiden wegen des von Kremlchef Wladimir Putin befohlenen Angriffskrieges gegen die Ukraine vor sechs Monaten den Kontakt mit Russland. Angesichts der historischen und internationalen Bedeutung des Politikers dürften aber auch Gäste aus dem Ausland Abschied nehmen wollen von dem Politiker, der auch als einer der Väter der Deutschen Einheit galt.

Ob es für den Friedensnobelpreisträger überhaupt ein Staatsbegräbnis geben wird, sei jedoch noch unklar, wie Kremlsprecher Dmitri Peskow am Mittwoch in Moskau der Nachrichtenagentur Interfax sagte. Das Thema werde an diesem Mittwoch besprochen. «Eine Entscheidung wird noch getroffen», sagte er. Sie hänge auch von den Wünschen der Angehörigen und Freunden ab.

Putin: Staatsmann mit grossem Einfluss auf Weltgeschichte

Der russische Präsident Wladimir Putin hat Gorbatschow als einflussreiche Persönlichkeit der Zeitgeschichte gewürdigt. Der letzte Staatschef der Sowjetunion sei «ein Politiker und Staatsmann» gewesen, «der einen grossen Einfluss auf die Entwicklung der Weltgeschichte hatte», hiess es am Mittwoch in einem Kondolenztelegramm des Kremls. Gorbatschow habe «unser Land durch eine Zeit komplexer und dramatischer Veränderungen und grosser aussenpolitischer, wirtschaftlicher und sozialer Herausforderungen geführt».

Am Dienstag hatte Putin durch seinen Sprecher Dmitri Peskow zunächst erklären lassen, er drücke Gorbatschows Angehörigen sein «tiefstes Beileid» aus. In der Vergangenheit hat Putin den Zusammenbruch der Sowjetunion als die «grösste geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts» bezeichnet und versprochen, das Land zu alter Stärke zurückzuführen.

Biden würdigt «visionären Politiker»

US-Präsident Joe Biden hat Gorbatschow als visionären Politiker gewürdigt, der die Welt sicherer gemacht habe. «Michail Gorbatschow war ein Mann mit aussergewöhnlicher Weitsicht», erklärte Biden am Dienstagabend. Er habe als Anführer der Sowjetunion mit dem damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan zusammengearbeitet, um die Atomwaffenarsenale beider Länder zu reduzieren.

Im eigenen Land habe Gorbatschow «nach Jahrzehnten der brutalen politischen Unterdrückung demokratische Reformen» auf den Weg gebracht, erklärte Biden weiter. Er habe Glasnost und Perestroika – Offenheit und Umgestaltung – «nicht als blosse Slogans» angesehen, sondern sie als Weg nach vorne für die Bevölkerung der Sowjetunion «nach so vielen Jahren der Isolation und Entbehrung» verstanden.

«Das waren Handlungen eines Anführers, wie es ihn selten gibt – einer mit der Vorstellungskraft zu sehen, dass eine andere Zukunft möglich war, und mit dem Mut, seine gesamte Karriere zu riskieren, um sie zu erreichen», erklärte Biden. «Das Ergebnis war eine sicherere Welt und grössere Freiheit für Millionen von Menschen.»

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat die Bedeutung Gorbatschows für Europa herausgestellt. «Er spielte eine entscheidende Rolle bei der Beendigung des Kalten Krieges und dem Fall des Eisernen Vorhangs», schrieb sie auf Twitter. Sie bezeichnete Gorbatschow als Führungspersönlichkeit, die zuverlässig und geachtet gewesen sei. «Er ebnete den Weg für ein freies Europa. Dieses Vermächtnis werden wir nie vergessen.»

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Johnson: «Vorbild für uns alle»

Der britische Premierminister Boris Johnson hat das historische Erbe des gestorbenen russischen Friedensnobelpreisträgers und ehemaligen sowjetischen Staatschefs Michail Gorbatschow gewürdigt. «Ich habe immer den Mut und die Integrität bewundert, die er gezeigt hat, indem er den Kalten Krieg zu einem friedlichen Ende brachte», schrieb Johnson am späten Dienstagabend auf Twitter. Zudem stellte er Gorbatschow dem russischen Präsidenten Wladimir Putin gegenüber. «Zu einer Zeit von Putins Aggression in der Ukraine bleibt sein unermüdliches Engagement für die Öffnung der sowjetischen Gesellschaft ein Vorbild für uns alle», schrieb Johnson. 

UNO-Generalsekretär António Guterres hat sich «zutiefst traurig» über den Tod des ehemaligen sowjetischen Staatschefs Michail Gorbatschow gezeigt. Dieser sei ein «einzigartiger Staatsmann» gewesen, der den Lauf der Geschichte verändert habe, liess Guterres am Dienstag mitteilen. «Er hat mehr als jeder andere dazu beigetragen, den Kalten Krieg friedlich zu beenden.»

Der 73-jährige Portugiese sprach der Familie Gorbatschows und der Bevölkerung Russlands sein Beileid aus. Die Aussage des Friedensnobelpreisträgers, dass Frieden nicht Einheit in Gleichartigkeit, sondern Einheit in Vielfalt sei, habe dieser mit seiner Politik in die Praxis umgesetzt.

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Der französische Präsident Emmanuel Macron hat den verstorbenen russischen Friedensnobelpreisträger und ehemaligen sowjetischen Staatschef Michail Gorbatschow als «Mann des Friedens» gewürdigt. Seine Entscheidung habe den Russen «einen Weg der Freiheit» geöffnet, schrieb Macron in der Nacht zum Mittwoch auf Twitter. «Sein Engagement für den Frieden in Europa hat unsere gemeinsame Geschichte verändert.» 

Gorbatschow machte Wiedervereinigung Deutschlands möglich

Gorbatschow war in den 1970er Jahren ins Zentralkomitee der Kommunistischen Partei eingetreten. Als Schützling von KGB-Chef Juri Andropow wurde er 1985 zur neuen Nummer eins in der Sowjetunion. Im Vergleich zu den Hardlinern im Politbüro galt Gorbatschow schnell als Reformer.

Mit seiner Politik von Glasnost und Perestroika machte er 1990 die Wiedervereinigung Deutschlands möglich. Im Westen gilt er deshalb als grosser Staatsmann. Viele Russen lasten ihm dagegen noch heute den Zusammenbruch der Sowjetunion und das Chaos nach dem Ende des Kommunismus an. Gorbatschow war am 25. Dezember 1991 als Präsident der Sowjetunion zurückgetreten und besiegelte damit das Ende der UdSSR.

Für seine Rolle bei der friedlichen Beendigung des Kalten Krieges wurde er 1990 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.

Jelzin verbietet nach dem Putsch im August 1991 die Kommunistische Partei und demütigt Gorbatschow vor laufenden Kameras.

Ein Grossteil der russischen Bevölkerung sah den früheren Partei- und Staatschef stets als Totengräber der Sowjetunion – und als einen Politiker ohne Machtinstinkt. Gorbatschow trat als Präsident der Sowjetunion 1991 zurück, bevor sich der Staat wenig später selbst auflöste. Der neue starke Mann in Moskau wurde damals der russische Präsident Boris Jelzin (1931-2007).

Bis zu seinem Tod hatte Gorbatschow sich um seine eigene politische Stiftung in Moskau verdient gemacht. Die Organisation setzt sich für demokratische Werte und eine Annäherung Russlands an den Westen ein.

Gorbatschow schrieb zahlreiche Bücher – zuletzt unter anderem auch über seine Enttäuschung von den Deutschen und dem Westen. Konkret beklagte er dabei, dass neue Feindbilder gegen Russland gezeichnet würden.

Gorbatschow diskutierte in der Schweiz über Abrüstung

Während und auch nach seiner Amtszeit besuchte Gorbatschow mehrmals die Schweiz. Höhepunkt war das Gipfeltreffen mit dem damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan in Genf 1985.

Dort diskutierten die beiden Supermächte Russland und USA über die nukleare Abrüstung. Das Treffen gilt als ein Wendepunkt im Kalten Krieg. In den Folgejahren kam es zu weiteren Verhandlungen zwischen Delegationen der beiden Nationen.

Im Dezember 2000 rief Gorbatschow im Bundeshaus vor dem Parlament zum Kampf gegen Massenvernichtungswaffen auf. Seine Rede im Nationalratssaal wurde vom damaligen Bundespräsident Adolf Ogi und Parlamentariern aller Fraktionen verfolgt. Ein Jahr zuvor war er im Rahmen der 4. Osteuropa-Tagung ebenfalls in der Bundesstadt.

In Schweizer Spital gelandet

In seiner Funktion als Präsident von Green Cross weihte Michail Gorbatschow 1993 im Genfer Vorort Conches das operationelle Zentrum der internationalen Umweltschutzorganisation ein. Ausserdem sprach er damals am Wirtschaftssymposium in Bern, in Montreux NE und am Wirtschaftsforum in Crans-Montana VS.

Der ehemalige russische Präsident machte sogar Bekanntschaft mit dem Schweizer Gesundheitswesen: An einem Benefizdinner für Green Cross 1997 in Luzern konnte er nicht teilnehmen, weil der an Allergien Leidende sich stattdessen in einem Spital behandeln lassen musste.

SDA/AFP/oli/chk