Merkel glaubt trotz allem an die Jamaika-Koalition
Vier Parteien, zwölf Themen, unzählige Uneinigkeiten – doch Angela Merkel zeigt sich zuversichtlich. «Jamaika kann gelingen», meint die Kanzlerin.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigt sich bei ihrer Zwischenbilanz zu den Sondierungsgesprächen zuversichtlich. Ungeachtet der Streitereien zwischen den Koalitions-Unterhändlern glaubt sie, dass ein Bündnis von CDU, CSU, FDP und Grünen gelingen kann.
In ihrer ersten öffentlichen Stellungnahme zwei Wochen nach Beginn der Sondierungsgespräche sagte die CDU-Chefin am Freitag in Berlin, sie gehe zwar von weiterhin schwierigen Beratungen aus. «Aber ich glaube nach wie vor, dass wir die Enden zusammenbinden können, wenn wir uns mühen und anstrengen.»
Optimistisch: Jamaika-Sondierer ziehen eine positive Zwischenbilanz. Video: Tamedia/Reuters
Viele Parteien, viele Themen
Christdemokraten (CDU), Christsoziale (CSU), Liberale (FDP) und Grüne verhandeln in Deutschland über eine sogenannte Jamaika-Koalition. Die Bezeichnung «Jamaika» leitet sich in Deutschland von den Parteifarben Schwarz, Gelb, Grün ab, die den Nationalfarben der Karibikinsel entsprechen.
Als wichtigste Themen nannte Merkel Beschäftigung, «gute Arbeit», soziale und innere Sicherheit, Integration und die Erfüllung internationaler Verantwortung, zum Beispiel bei der Bekämpfung von Fluchtursachen. Für die CDU seien Familie und Bildung besonders wichtig.
Die Kanzlerin kam am Freitag zunächst mit CSU-Chef Horst Seehofer, FDP-Chef Christian Lindner und dem Grünen-Spitzenduo Cem Özdemir und Katrin Göring-Eckardt zusammen. Danach versammelte sich das grosse Sondierungsteam.
Streitthemen bei Sicherheitspolitik ausgeklammert
Anschliessend waren sich die vier Parteien einig, dass Familien finanziell entlastet werden müssen. Leistungen für sie sollen gebündelt und unbürokratischer gemacht werden. Das geht aus einem Leitlinien-Papier der Sondierer vom Freitag hervor. Dabei stehe die Bekämpfung von Kinderarmut im Mittelpunkt. Damit Väter und Mütter Beruf und Familie besser vereinbaren können, sollen flexible und qualitativ hochwertige Betreuungsangebote in Krippen und Kitas sowie für Grundschulkinder gefördert werden.
Ein Papier zur Aussen- und Sicherheitspolitik klammert alle grossen Streitthemen aus. Die von der FDP in Frage gestellten Russland-Sanktionen kommen auf den zweieinhalb Seiten gar nicht vor.
Über die künftige Höhe der Verteidigungsausgaben, ein von Grünen und FDP gefordertes Rüstungsexportgesetz und die von der Union geplante Anschaffung von Kampfdrohnen wollen die Unterhändler zunächst noch «vertieft diskutieren». Nach Angaben der Union sind alle vier Seiten bereit, künftig mehr Geld für die Bundeswehr auszugeben.
In der kommenden Woche beginnt die zweite Phase der Sondierung, bei der konkretere Ergebnisse erwartet werden.
Alle Themenfelder besprochen
Seehofer sagte, man habe nun alle Themenfelder besprochen und kenne die Philosophie, die hinter den Vorschlägen aller Seiten stehe. Am Wochenende werde daran gearbeitet, die besonders herausragenden Themen herauszufiltern. Am Montagabend treffe man sich auf Ebene der Parteichefs, um den Fahrplan für die Entscheidungsphase zu erstellen.
Als grösste Brocken stufte Seehofer Finanzen und Steuern, Migration und Sicherheit sowie den Umweltbereich mit Klimaschutzzielen, Landwirtschaft und Mobilität ein. Auch Bildung und Wirtschaftspolitik seien wichtig.
Bis Donnerstagabend hatten die Parteien alle Themenblöcke für eine mögliche Jamaika-Koalition mindestens einmal beraten. Allerdings liegen sie auf vielen Politikfeldern noch weit auseinander. In den kommenden zwei Wochen sollen die Sondierungen so weit abgeschlossen werden, dass die Parteien über einen Eintritt in formelle Koalitionsverhandlungen entscheiden können.
Grüne ziehen negative Bilanz
Die Jamaika-Parteien machen sich aus Sicht von FDP-Chef Christian Lindner erst ab jetzt auf die Suche nach gemeinsamen politischen Zielen und Kompromissen. Die Aufgabe sei nun, Brücken zu bauen.
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sieht bei den Sondierungen noch eine «ganze Reihe grosser Brocken». Sie nannte die Haushalts- und Finanzpolitik, die Migrationspolitik sowie die Klimapolitik mit den Bereichen Landwirtschaft, Verkehr und Energie.
Die Zwischenbilanz des Grünen-Politikers Jürgen Trittin fiel negativ aus. «Wir haben zehn Tage zusammen gesessen. Zwölf Themen. Das Ergebnis sind acht Papiere mit langen Listen von Dissensen, also zu klärenden Fragen», sagte er im ARD-«Morgenmagazin». «Und in vier Bereichen hat man es nicht mal geschafft, sich darauf zu verständigen, worüber man sich nicht einig ist.»
SDA/mch
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