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Was wir lesen: «Das Manifest für Gefährten»
Unsere Hündin gehört zur Familie

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Ich habe schon länger geahnt, dass die Biologin und Philosophin Donna Haraway recht hat mit dem, was sie über die Beziehungen zwischen nichtmenschlichen und menschlichen Tieren sagt. Aber erst seit wir unser Zuhause mit einer Hündin teilen, weiss ich, wie sehr. Wenn man mit einem Hund zusammenlebt (und dabei den Anspruch hat, diesem ein möglichst gutes Leben zu bieten), verändert man sich selbst. Von dieser Veränderung handelt Haraways Buch «Manifest für Gefährten».

Strengere Hundehalter:innen spötteln, dass unsere Hündin eigentlich uns erzieht, nicht wir sie. Wir lassen uns zum Spiel auffordern, verändern unsere Schlaf- und Spaziergewohnheiten, und wenn ein Ball unters Sofa rollt, weiss sie genau, wie sie uns dazu bringt, ihn wieder für sie rauszuholen. In vielerlei Hinsicht hat sie gelernt, uns als Werkzeug zu benutzen – wir finden das okay. Es heisst auch nicht, dass wir unsere Grenzen nicht markieren, dass wir ihr nichts beibringen, dass wir keine Regeln festsetzen. Wir machen insgesamt ungefähr das, was man in einer WG, einer Familie auch machen würde: Wir suchen ein Leben, in dem alle Beteiligten, alle Gefährt:innen, möglichst viel Spielraum haben.

Und darauf, so Haraway in ihrem «Manifest», komme es an. Das Ziel der Philosophin ist es, die Speziesgrenzen aufzuweichen und die kategorische Trennung zwischen Mensch und Tier zu erschüttern. Dafür erzählt sie so unterhaltsam wie klug von der Beziehung zu ihrer Hündin Cayenne Pepper, insbesondere über die gemeinsamen Erfahrungen in der Agility-Sportart, bei der Hund und Mensch besonders fein aufeinander achten müssen. Davon ausgehend entwickelt sie ein Argument für eine grundlegend neue Sicht auf das Zusammenleben mit anderen Tierarten. Für eine utopische Welt, in der die Beziehung wichtiger ist als das Individuum, in der Blutsverwandtschaft nicht über Lebensgestaltung entscheidet, sondern die Familie, die man selbst wählt. Aus welchen Tieren auch immer sie bestehen mag.

Inzwischen hat Haraway mehrere Bücher geschrieben, in denen sie dieses Konzept weiter ausführt, etwa mit der Forderung: «Make kin, not babies!» Aber den Kern ihres Arguments hat sie in diesem Buch über Gefährt:innen formuliert, das bereits 2003 erschienen ist: «Liebe, Hingabe und die Sehnsucht nach gemeinsamem Können sind keine Nullsummenspiele. Liebesakte zeugen Akte der Liebe, wie das Sorgetragen um und für weitere verkettete, hervortretende Welten.»