Auftritt des angeklagten SVP-Kantonsrats«Mein Sexleben ist privat»
Der Schwyzer SVP-Kantonsrat Bernhard Diethelm muss sich wegen mutmasslicher Sexualdelikte vor Gericht verantworten. Trotzdem hält er an seinen Ämtern fest.
Statt an der Parlamentssitzung teilzunehmen, lud der Schwyzer SVP-Kantonsrat Bernhard Diethelm am Mittwoch zur Pressekonferenz ins Rathaus Schwyz. Erstmals äusserte er sich öffentlich zu den Vorwürfen der Zürcher Staatsanwaltschaft, über die in den vergangenen Tagen verschiedene Medien detailliert berichtet hatten. Der 40-jährige Koch und Kirchenschreiber aus der Gemeinde Vorderthal im Wägital erschien ohne seinen Pflichtverteidiger.
Zu den Anklagepunkten äusserte er sich nicht und verwies auf die bevorstehende Gerichtsverhandlung. Diethelm bezeichnete aber die Anklageschrift als «einseitig und krass übertrieben». Der mediale «Sturm» der letzten Tage habe ihm und seiner Familie «stark zu schaffen» gemacht.
Vergewaltigungsvorwürfe der Staatsanwaltschaft
Die Berichterstattung sei ohne Rücksicht auf die Unschuldsvermutung, seine persönliche und gesellschaftliche Integrität erfolgt. Sein Treffen im Juni 2021 mit einer Prostituierten sei rein privater Natur gewesen. «Mein Sexleben gehört mir und nicht in die Öffentlichkeit.» Mit seiner politischen Tätigkeit bestehe kein Zusammenhang.
«Ich sehe zum jetzigen Zeitpunkt keinen Anlass zurückzutreten.»
Die Zürcher Staatsanwaltschaft wirft Bernhard Diethelm unter anderem versuchte Vergewaltigung, Gefährdung des Lebens und verbotene Pornografie vor. Mutmassliches Opfer soll eine Prostituierte sein, die er in Zürich-Oerlikon getroffen haben soll.
Wie aus der Anklageschrift weiter hervorgeht, soll Diethelm ihr 4200 Franken für sadomasochistische Rollenspiele angeboten haben. Dem SVP-Politiker drohen bis zu vier Jahre Haft und eine Busse von 1000 Franken. Kommenden Montag wird der Fall am Zürcher Bezirksgericht verhandelt.
Die SVP Kanton Schwyz zeigte sich vor ein paar Tagen in einer Medienmitteilung «erschüttert» über die Vorwürfe, obwohl die Unschuldsvermutung gelte. Die Kantonalpartei forderte die Ortspartei Wägital auf, die Mitgliedschaft des Kantonsrates bis zu einem allfälligen Freispruch zu sistieren. Sollte diese der Aufforderung nicht nachkommen, werde die SVP Kanton Schwyz über einen vorläufigen Ausschluss der Ortspartei befinden müssen.
Dagegen wehrte sich Diethelm am Mittwoch vor den Medien: «Ich sehe zum jetzigen Zeitpunkt keinen Anlass zurückzutreten.» Das zu tun, käme einem Schuldeingeständnis gleich. Zu seiner politischen Zukunft werde er sich erst nach einem Urteil äussern.
Der Massnahmen-Kritiker
Der Schwyzer Lokalpolitiker fiel in der Vergangenheit mehrfach durch ultrakonservative Positionen auf. Kurz nach der mutmasslichen Tat im Juni 2021 widmete ihm die NZZ ein grosses Porträt mit dem Titel: «Der Nein-Sager: Wie der Corona-Rebell Beni Diethelm zum Sprachrohr der konservativsten Ecke der Schweiz wurde». Darin heisst es, seine Partei sei dem SVP-Kantonsrat manchmal «zu feige». Er wünsche sich, dass die Volkspartei zur neuen Heimat für bisher unpolitische Kritiker der Corona-Massnahmen werde.
Während der Corona-Pandemie engagierte sich Diethelm im Kernteam des «Aktionsbündnisses Urkantone für eine vernünftige Corona-Politik». Das Bündnis hatte Unterschriften für das zweite Referendum gegen das Covid-19-Gesetz gesammelt.
Schon als Jungpolitiker war Diethelm in die Schlagzeilen geraten. 2007 hatte er sich in einem Leserbrief im «Boten der Urschweiz» für den verurteilten Holocaustleugner Philippe Brennenstuhl starkgemacht. Die Zeitung veröffentlichte daraufhin einen Artikel mit dem Titel «Braune Hilfe von JSVP-Sekretär». Diethelm beschwerte sich beim Presserat – ohne Erfolg.
Im Juli 2020 wurde er als politischer Sekretär der SVP Schwyz nach parteiinterner Kritik abgewählt. Diethelm hatte sich unter anderem hinter ein SVP-Mitglied gestellt, das wegen vermeintlicher Sympathiekundgebungen für Adolf Hitler in die Schlagzeilen geraten war.
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