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Meinung

Cenk testet Lebensweisen
Mein Monat als Selbstoptimierer

«Selbstoptimierung ist ein Prozess ohne Ziel»: Cenk Korkmaz.
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Op·ti·mum

Substantiv, Neutrum [das]

(unter den gegebenen Voraussetzungen, im Hinblick auf ein Ziel) höchstes erreichbares Mass, höchster erreichbarer Wert

Es hat etwas Eigenartiges, wenn man alles auf den Tisch legt. Nicht nur einen Teil von sich. Wie den Körper, den man optimieren möchte. Oder den Geist. Die Finanzen. Die Persönlichkeit. Die Beziehung. Oder Sonstiges.

Wenn alles nebeneinanderliegt und ich objektiv nach Optimierungspotenzial suche, entsteht eine gewisse Distanz zu mir selbst. Es war, als würde ich eine Maschine betrachten. Eine Maschine mit ordentlich Optimierungspotenzial. Sofern ich das selbst beurteilen konnte. Schliesslich hängt alles von meiner eigenen Fähigkeit ab, mir vorzustellen, wie das volle Potenzial aussehen könnte. Und was diese Vorstellungskraft betrifft, hatte ich definitiv noch eine Menge Potenzial.

Also tauchte ich ein. In die Welt der Selbstoptimierung.

Wem die Vorstellungskraft fehlt, sich die optimalste Version seiner selbst vorzustellen, muss nicht lange suchen. Ratgeber. Experten. Coaches. Gurus. Für jeden Lebensbereich gibt es ein Dutzend Quellen, die dir genau sagen, wie du was optimieren kannst, um ein optimiertes Leben zu führen.

Im Prinzip sagen alle dasselbe: Es ist nicht kompliziert, das Maximum aus sich rauszuholen. Denn ein optimales Leben besteht aus optimalen Jahren und ein optimales Jahr aus optimalen Tagen. Man muss also nur seinen Tag optimieren, und alles andere stellt sich von selbst ein.

Das mag unkompliziert sein. Ja. Aber es ist unendlich komplex. Selbst wenn man den einen Tag noch weiter unterteilt in Morgen, Vormittag, Mittag, Abend und Nacht. Es gibt für jeden Tagesabschnitt unzählige Methoden, die mir Optimierung versprechen. Mir war aber bewusst, dass nur ein Teil davon für meine individuelle Optimierung wirksam sein wird.

Ich legte ich mir deshalb einen Tagesablauf fest und tarierte fortlaufend aus.

Für den Start in den Tag sollte ich mir ein Ritual ausdenken. Gemäss Ratgeber sollte man sich morgens körperlich aktivieren mit leichten Dehn- und Muskelübungen. Gefolgt von Atemübungen, Meditation und Gedanken über Dinge, für die ich dankbar bin, sowie motivierende Ziele, die ich noch erreichen will. Diese wurden runtergebrochen auf Tagesziele. Abgerundet wurde der Tagesplan durch gesunde Ernährung, Sport und Beziehungspflege.

Komisches Gefühl. Ich wurde in die Schulzeit zurückversetzt. Wo man einen Stundenplan hatte und jede Stunde des Tages vorprogrammiert war. Aber ehrlich gesagt hilft es schon, wenn man sich einen Tagesplan macht. Und je präziser, desto besser. Anstatt nur Arbeitszeiten und Pausen aufzuschreiben, plante ich spezifische Arbeiten sowie spezifische Freizeitaktivitäten zu spezifischen Zeiten. Genauso wie spezifische Gerichte für alle Mahlzeiten. Deren Optimierung allein schon einige Tage in Anspruch nahm. Aber je genauer ich alles durchplante, desto einfacher erschien es mir, einen persönlichen optimalen Tag gestalten zu können. 

Nach einer Woche hatte ich feste Abläufe für das Morgenritual, die Nahrungsaufnahme, für Körper und Geist, die Arbeit, die Hobbys sowie für Freunde und Familie und zu guter Letzt: für meinen Schlaf. Auch wenn vieles nicht nach Plan lief, ist es schon sehr bestärkend, so bewusst in den Tag zu starten und zu wissen, was man erreichen will. Eine völlig neue Erfahrung.

Das einzige Problem ist nur: Selbstoptimierung ist ein Prozess ohne Ziel. Es wird immer etwas geben, das man optimieren könnte. Neue Methoden, neue Bestwerte, neue Ziele. Und bevor alle Zahnräder dieser Maschine perfekte ineinandergreifen, fangen die ersten schon an zu rosten.

Läuft dann nicht alles darauf hinaus, dass man am Ende des Lebens enttäuscht ist, weil man sich von seinem Optimum verabschieden musste, bevor man es jemals vollständig erreicht hat?

Wäre es nicht viel optimaler, sich in einem Zustand einzupendeln, mit dem man einfach nur zufrieden ist? In der Komfortzone, zum Beispiel.