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Knackpunkte beim EU-Gipfel
Mehr Impfstoff, mehr Tempo – und Biden schaut auch noch vorbei

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron am EU-Sondergipfel im Juli 2020. 
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Angesichts der wieder stark steigenden Corona-Zahlen wollen die EU-Staaten endlich mehr Tempo in die Impfkampagne bringen.

Die Beschleunigung von Produktion und Lieferung der bisher knappen Impfstoffe ist Topthema beim Videogipfel der Staats- und Regierungschefs an diesem Donnerstag. Doch haben die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihre Kollegen auch brisante Fragen zu den Beziehungen zu Russland und zur Türkei auf der Agenda. US-Präsident Joe Biden schaltet sich zeitweise zu.

Impfstoffe und Exportkontrolle

Der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz hält die Impfstoffverteilung für ungleich und ungerecht.

Überall in der EU sind die Impfstoffe zu knapp, um steigenden Infektionszahlen in der dritten Corona-Welle Paroli zu bieten. Die EU-Staaten wollen deshalb noch mehr tun, um die Herstellung der Vakzine hochzufahren, wie aus dem Entwurf der Gipfelerklärung hervorgeht. Zudem hat die EU-Kommission die Anfang Februar eingeführten Exportkontrollen erweitert – ohne generelle Exportverbote. Auch darüber dürfte beim Gipfel gesprochen werden. Der österreichische Kanzler Sebastian Kurz will zudem die interne Verteilung der Impfstoffe neu justieren, da er sie für ungleich und ungerecht hält.

Das digitale grüne Zertifikat

EU hat sich auf ein ähnliches Modell geeinigt: Der sogenannte «Grüne Pass» wurde in Israel in Form einer Handy-App im Februar eingeführt. 

Auch wenn derzeit fast überall in Europa die Corona-Beschränkungen verschärft werden – der Gipfel soll auch eine gemeinsame Strategie zur Öffnung vorbereiten. Mit Priorität solle die Arbeit an europäischen digitalen Zertifikaten vorangetrieben werden, heisst es in der Erklärung. Gemeint ist ein gegenseitig anerkannter Nachweis für Impfungen, Tests und Immunisierung durch eine überstandene Covid-Erkrankung. Die sehr komplexen Einzelheiten werden aber nicht beim Gipfel diskutiert, sondern in den nächsten Wochen auf Fachebene. Die EU-Kommission will den Start zum 1. Juni, Deutschland ebenfalls.

Wie weiter mit der Türkei?

Für das Einstellen von Erdgaserkundungen im Mittelmeer soll die Türkei eine Belohnung erhalten: Türkisches Forschungsschiff «Oruc Reis» vor Antalya am 23. Juli 2020. 

Monatelang gab es heftige Spannungen im Verhältnis zur Türkei – vor allem wegen nicht genehmigter türkischer Erdgaserkundungen in Mittelmeergebieten, die von Griechenland und Zypern beansprucht werden. Weil die Regierung in Ankara sich zuletzt dialogbereit gezeigt hat und keine türkischen Schiffe mehr in strittigen Gebieten unterwegs sind, soll jetzt über mögliche Belohnungen für die Türkei geredet werde. Sie könnten zum Beispiel eine zusätzliche finanzielle Unterstützung für die Versorgung von Flüchtlingen oder eine engere wirtschaftliche Kooperation umfassen. Eine Rolle in der Diskussion dürften aber auch die jüngsten innenpolitischen Entwicklungen in der Türkei spielen. So sorgten zuletzt der Austritt des Landes aus der Istanbul-Konvention zum Schutz von Frauen und ein Verbotsantrag gegen die prokurdische Oppositionspartei HDP für Empörung in der EU.

Russland als schwieriger Partner

Der russische Präsident Wladimir Putin an einem Konzert anlässlich des 7. Jahrestags der Annexion der Krim durch Russland (18. März 2021) 

Die Beziehungen zu Russland sind nach dem jüngsten Streit über die Vergiftung und Inhaftierung des Kreml-Kritikers Alexei Nawalny genauso kompliziert. Immerhin telefonierte EU-Ratschef Charles Michel am Montag mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin – und danach schlossen beide Seiten ein besseres Verhältnis zumindest nicht aus, stellten aber Bedingungen dafür. Für Michel gehören dazu Fortschritte beim Minsker Abkommen zur Lösung des Konflikts in der Ostukraine. Zudem soll Russland die Menschenrechte achten und Cyberangriffe sofort stoppen. In der Videokonferenz will Michel die Gipfelteilnehmer über sein Gespräch informieren – eine grosse Russland-Debatte soll es dann beim nächsten physischen Treffen geben.

Biden als Überraschungsgast

Wird kurz vorbeischauen: Ein Auftritt von US-Präsident Joe Biden beim EU-Gipfel wurde angekündigt. 

Unerwartet kündigte Ratschef Michel am Dienstag an, dass US-Präsident Biden zeitweise bei der Videoschalte dabei sein soll, abends ab 20.45 Uhr. Biden wolle das transatlantische Verhältnis, den Kampf gegen die Pandemie und gegen den Klimawandel ansprechen, aber auch aussenpolitische Fragen etwa mit Blick auf Russland oder China, teilte das Weisse Haus mit. Die Auftritt dürfte eher eine freundliche Geste sein, aber eine mit Symbolkraft: Zuletzt war 2009 US-Präsident Barack Obama bei einem EU-Gipfel anwesend.

Digitale Wirtschaft und ein starker Euro

Dies Jahr wird der Gipfel virtuell stattfinden: Treffen am Rande des EU-Sondergipfels in Brüssel im Juli 2020. 

Für einen zweiten Gipfeltag am Freitag stehen mehrere wirtschaftspolitische Themen an. Stichworte sind die Stärkung des Binnenmarkts, der internationalen Rolle des Euro und der Digitalisierung. Die EU-Kommission hatte kürzlich einen Digitalen Kompass mit konkreten, messbaren Zielen bis 2030 vorgelegt. Dann soll zum Beispiel jeder in der EU Behördengänge online erledigen können und Zugriff auf eine eigene elektronische Patientenakte haben. Das wollen die EU-Staaten begrüssen. Zudem verweist der Entwurf der Gipfelerklärung auf den Ausbau der Datennutzung und der künstlichen Intelligenz sowie auf die Dauerbrenner Regulierung und Besteuerung der grossen Plattformen.

Der Gipfel ist auf zwei Tage angelegt, doch wurde zuvor nicht ausgeschlossen, dass man an einem Tag durchkommen könnte. Das ursprünglich geplante physische Treffen in Brüssel war wegen der Pandemie abgesagt worden.