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Max Küng droht mit Tiktok
Papa Cringe geht viral

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Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) schrieb, im «Zusammenhang mit dem Megatrend Digitalisierung» sei ein neuer Beruf entstanden, nämlich «Entwicklerin / Entwickler digitales Business EFZ». Die Welt ist im Wandel. Neue Jobs entstehen, andere verschwinden, wiederum andere sind längst vergessen. Eissäger:in etwa. Also jene Arbeiter:innen, die winters Eisblöcke aus gefrorenen Seen sägten, damit man zu Hause kalte, klimpernde Würfelchen für seinen Negroni hatte. Oder Fallenbauer:in. Oder Stumpendreher:in.

Auch die Traumberufe haben sich gewandelt. Fragte man früher Kinder, was sie dereinst werden wollten, sagten sie mit verklärtem Blick: Pilot! Feuerwehrfrau! Lokomotivführer! Und heute? Influencer:in! Tiktoker:in! Youtuber:in! Man sollte gegenüber diesen neuen, vom SBFI noch nicht anerkannten Berufen jedoch auch als ältere Semester offen sein. Denn es besteht die Option des Quereinstiegs – und sei es bloss als Gedankenkonstrukt, um den eigenen Kindern einen Schrecken einzujagen. So habe ich kürzlich erfolgreich einen allfälligen Berufswechsel zum Tiktoker als Druckmittel eingesetzt. Denn nichts fürchten Kinder und Jugendliche so sehr wie ihre Eltern, die auf den Handys der Freunde auftauchen und coole Sprüche klopfen.

Einen Namen habe ich auch schon: Papa Cringe. Als solcher würde ich in «lustigen» und frech wie Frankensteins Fratze geschnittenen Filmchen Dinge nochmals tun, die ich journalistisch seriös bereits einmal getan habe, zum Beispiel per Strohhalm eine Flasche Ketchup leer saugen. (Dies probierte ich im Jahr 2008 in einer Reihe von Selbstversuchen, unter anderem auch das Tragen einer RockWatch oder Biathlon. Vom Ketchup schaffte ich übrigens bloss 40 Milliliter, dann musste ich mich übergeben.)

Also rief ich ins Kinderzimmer: «Yo, Skibidi Rizzler! Bring deinen Level-10-Gyatt von der Couch und räum das Zimmer auf. Und wenn nicht, dann geht Papa Cringe mit seiner Sigma-Male-Ketchup-Challenge viral! Das wird deinen Bro’Sis gefallen, du NPC!» Kaum war die Drohung ausgesprochen, wurde das Leben zu einem Zeitrafferfilm. So schnell hatte mein Sohn sein Zimmer noch nie aufgeräumt! Und zwar so neat und clean, Marie Kondō könnte einpacken!

Aber zurück in die Zukunft der Vergangenheit: Gewisse zu Unrecht vergessene Berufe könnten vielleicht dereinst eine Renaissance erleben. Walker:in beispielsweise. Früher bezeichnete dies einen Handwerksberuf in der Textilfertigung, nun aber jemanden, der mit Nordic Walking sein Geld verdient, also jener Freizeitaktivität, bei der man sich augenscheinlich nicht entscheiden kann, ob man rennen oder stehen bleiben will; oder einfach dringend aufs Klo muss. Mich persönlich interessiert jedoch ein Beruf, der schon seit der Römerzeit ausgestorben ist, in meinen Augen jedoch viel Potenzial besitzt: der des Fulgurators. Fulguratoren waren bei den alten Römern Blitzdeuter. Denn Blitze schiessen ja nicht einfach so aus dem heiteren Himmel. Es war an den Fulguratoren, die Bedeutung der Blitze zu orakeln. Fulguratoren waren damals Berühmtheiten. Man achtete und verehrte sie.

Ich könnte mir vorstellen, in den sozialen Medien als Fulgurator aktiv zu werden, denn es scheint ein grosses Bedürfnis nach Orientierung jeglicher Art vorhanden zu sein. Einen Namen habe ich auch schon. Vergesst Astro-Influencer und I-Ging-Tiktokerinnen – jetzt kommt FulguratorMax3000! Denn Donner ist gut und eindrucksvoll, aber der Blitz ist der Hammer!

Max Küng ist Reporter bei «Das Magazin».