Tauendes Eis am BergFelssturz am Matterhorn – Experte erklärt Phänomen
Unterhalb des Gipfels hat sich ein Abbruch ereignet, wie Aufnahmen zeigen. Ein Permafrost-Spezialist schätzt das Ausmass ein und sagt, welches die Ursachen sind.
Passiert ist es in den frühen Morgenstunden am letzten Dienstag: Rund 400 Meter unterhalb des Gipfels löste sich Material, das entlang der Ostflanke des Matterhorns in die Tiefe stürzte. Kameras haben das Geschehen festgehalten. Auf den Aufnahmen sind helle Spuren zu sehen, die im Zeitraffer den Berg hinunterzurinnen scheinen. Der Permafrost-Spezialist Jan Beutel hat die Bilder und ein Video auf X gepostet. «Die Matterhorn-Ostflanke heute in Tränen» schrieb er dazu. Der Abbruch habe sogar seismische Wellen ausgelöst, die vom Erdbebendienst aufgezeichnet wurden.
Auf einem Video ist der berühmteste Berg der Schweiz zuerst vor einem Sternhimmel zu sehen. Plötzlich erscheint am Fels ein heller Streifen. Er wird immer breiter und im zunehmenden Tageslicht immer heller.
Beutel, der den Zustand des Matterhorns untersucht, führt den Abbruch auf verschiedene Gründe zurück: Das Auftauen des Permafrosts sei lediglich einer davon. «Der Felssturz in der Matterhorn-Ostwand ist ein weiteres klassisches Indiz für die gegenwärtigen starken Veränderungen im Hochgebirge», schreibt Beutel als Antwort auf eine Anfrage dieser Redaktion.
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Der Permafrost sei nicht schuld am Abbruch und das Auftauen nur einer von mehreren Einflussfaktoren. Auch Wetterereignisse könnten Ursachen sein: Unter den Veränderungen im Hochgebirge versteht Beutel, dass es vermehrt zu grossen Felsabbrüchen kommt – «als Folge der Erwärmung, des Rückgangs der alpinen Kryosphäre und aufgrund vermehrter Extremwetterereignisse». Die Wissenschaft diskutiere das schon seit 20 Jahren. Die Kryosphäre beschreibt das Wasser auf der Erde, das in einem festen Zustand vorkommt, also Eis.
Beutel verweist aber auch auf die langen Zeiträume: «Felsen ‹brechen› nur ab, wenn es irgendwo eine über lange Zeit entwickelte Schwachstelle gibt. Die Ursache entwickelt sich dabei meist über sehr lange Zeitskalen.»
Beutel, der auch Bergführer ist, dokumentierte im Rahmen eines ETH-Projekts Abbrüche am Hörnligrat. Als im Hitzesommer 2003 Felsmassen so schwer wie vier Einfamilienhäuser abbrachen, mussten am Hörnligrat 84 Alpinisten evakuiert werden, und es wurde vorübergehend für Bergsteiger gesperrt. Dies ist nach dem aktuellen Abbruch nicht nötig, da er nicht im Bereich der Route liegt.
Die Grösse des Sturzes lasse sich erst nach genauer Analyse vor Ort bestimmen, sagt Beutel, der gerade in den Ferien ist und keine Fernanalyse machen will. Für die objektive und subjektive Sicherheit im Hochgebirge sei jeder Bergsteiger und jede Seilschaft selber zuständig.
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